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Wissen in Häppchenform

13. März 2002

Vorbei die Zeiten der staubtrockenen Faktensammlungen. Das Lexikon hat den Kalbsleder-Einband abgeschüttelt und den Goldschnitt entstaubt.

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Der "Dino" in der Gattung des LexikonsBild: AP

Schwere Wälzer, die enzyklopädisches Wissen vermitteln, werden heute immer weniger zu Rate gezogen. Der Wissensdurstige informiert sich mehr und mehr zappend im Fernsehen oder er springt im Internet von Seite zu Seite. Dieser Tatsache wird auch eine neue Generation des Lexikons gerecht: "Party-Wissen" und portioniertes Sachwissen zu Themen wie Ernährung, Sex und Umweltschutz werden zum Überraschungs-Paket geschnürt.

Das Revival der Lexikon-Form

Gabriele Gassen, Programmleiterin für Sachbücher beim Traditionsverlag Brockhaus, hat den Boom des Lexikons erkannt. Auch ihr Haus ist auf den neuen Zug aufgesprungen. Neben den "50 Kilo Welt", die die Brockhaus Enzyklopädie bietet, finden sich im Verlagsprogramm Titel wie "Merkwürdiges, Kurioses und Schlaues". Im Stichwörterbuch kann der moderne Leser wie beim Fernsehen und im Internet vorgehen: Er kann springen. Das Lexikon bietet also seit jeher das, was im Trend liegt: die Informationsaufnahme in Häppchenform.

Erfolgsrezept Alphabet

Natürlich attestiert die Lexikon-Expertin der Darstellung von A bis Z einen "besonderen Charme". Das Ordnungsprinzip, so Gassen, vermittle ein Bild von "Vollständigkeit und schnellem Zugriff".

Um das Erfolgrezept der alphabetischen Gliederung weiß auch Matthias Bischoff, Cheflektor des Frankfurter Eichborn Verlags. Mit seinem "Lexikon der populären Irrtümer" gilt der Verlag in der Branche als Vorreiter des Booms. In dem Erfolgstitel werden verbreitete Fehleinschätzungen aus Politik, Wirtschaft und Medizin widerlegt. Als das Autorenduo Krämer/Trenkler Mitte der 90er Jahre den Text vorlegte, war ihm noch kein besonderer Erfolg beschieden. Erst der Verlag sei auf die Idee der alphabetischen Gliederung gekommen, berichtet Bischoff. "Dann rauschte das Buch auf die Bestsellerlisten."

Überschwemmt von Erklärtiteln

Über 20 solcher Titel bietet Eichborn seither. Die Themen sind so beliebig wie das Populär-Interesse. So bietet das "Lexikon der rätselhaften Körpervorgänge" Erläuterungen zu Abläufen bei Alkoholrausch oder Verliebtheit. Stoff für den "Party-Talk" liefern inzwischen längst über 100 weitere Titel. Andere Verlage sind nachgezogen. Es gibt Lexika der Vampire, Engel, Fußballnieten, Prophezeiungen und der skurrilen Todesarten.

Speziell oder exotisch

Während solche Kompendien ein breites Publikum ansprechen, zielen andere auf Spezialisten wie Film- oder Modefans. Wieder andere widmen sich mehr oder weniger anspruchsvoll skurrilen, brutalen oder exotischen Phänomenen. Das "Lexikon der Knastsprache" konkurriert mit dem "Lexikon der Serienmörder" und dem "Lexikon der Geschmacklosigkeiten", in dem es um Themen wie ekelhafte Getränke und grausame Kaiser geht. (cg)