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Schach: WM-Kandidaten spielen in Berlin

Holger Hank
8. März 2018

Bis Ende März ist Berlin das Zentrum des Schachsports. Beim WM-Kandidatenturnier sitzen acht Weltklassespieler an den Brettern - auf den Sieger wartet im November ein Match gegen den amtierenden Champion Magnus Carlsen.

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USA Schach-WM Tie-Break  Gewinner Magnus Carlsen
Schach-Weltmeister Magnus Carlsen: Wer tritt im November gegen ihn an?Bild: picture alliance/AP Photo/M. Altaffer

Der beste Schachspieler der Welt, der Norweger Magnus Carlsen, kann sich in den nächsten Wochen entspannt zurücklehnen und seiner Konkurrenz beim Grübeln zuschauen. Vom 09. bis 27. März 2018 spielen in Berlin acht der besten Schachprofis der Welt gegeneinander, um den nächsten Zweikampf-Gegner für den aktuellen Weltmeister zu ermitteln. Wer Ende März den Sieger-Scheck in Höhe von immerhin 95.000 Euro entgegennehmen und gegen Carlsen antreten kann, ist völlig offen. Hinter dem Champion Carlsen, der seit 2011 die Weltrangliste anführt, hat sich bisher keine klare Nummer zwei in der Schachwelt etabliert. So könnte es in Berlin ein knappes Ergebnis geben: Bei Punktgleichheit geht das Turnier in die Verlängerung. Der Sieger würde dann in einem Schnellschach-Stichkampf am 28. März ermittelt.

Außenseiter mit Siegchancen

Auf jeden Fall gute Aussichten auf den Sieg in Berlin hat Lewon Aronjan. Der 35-jährige Armenier ist seit vielen Jahren in der Weltspitze und beeindruckt seit einem Jahr mit seiner bestechende Form. Hinzu kommt: Der kreative, aber nicht immer nervenstarke Schachprofi hat viele Jahre in Berlin gewohnt und kann auf die Unterstützung der deutschen Schachfans bauen. "Ich würde es ihm gönnen“, meint der Präsident des Deutschen Schachbunds Ullrich Krause, aber: "die Spieler sind alle sehr stark“.

Ebenfalls gut läuft es derzeit bei einem Spieler aus Armeniens Nachbarland Aserbaidschan: Shakhriyar Mamedyarov ist derzeit die Nummer zwei in der Schachwelt. Der Mann mit dem unaussprechlichen Namen ist in den letzten Monaten mit mutigem Angriffsspiel immer weiter nach oben in der Rangliste geklettert. Zu den Favoriten gehören auch der US-Amerikaner Fabiano Caruana und - nicht zu vergessen - der einzige Ex-Weltmeister im Turnier, der Russe Vladimir Kramnik. Kramnik ist mit 42 Jahren zwar der älteste Spieler in Berlin, kann aber auf seine große Erfahrung und sein unübertroffenes Spielverständnis bauen. Die große Frage: Ist der Russe der Dauerbelastung in einem dreiwöchigen Top-Turnier noch gewachsen?

Das Feld in Berlin ist jedenfalls so ausgeglichen, dass auch Nachwuchsstars wie der Chinese Ding Liren und der US-Amerikaner Wesley So sowie Routiniers wie die  Russen Alexander Grischuk und Sergej Karjakin eine Außenseiter-Chance auf den Sieg haben. Defensiv-Experte Karjakin hat schon vor zwei Jahren bewiesen, dass er für Überraschungen gut ist - und war im WM-Kampf in New York dem großen Favoriten Carlsen nur knapp unterlegen. Fest steht: Das Kandidaten-Turnier ist eines der hochrangigsten Schachturniere, das jemals in Deutschland ausgetragen wurde. 

Sergei Kariakin russischer Schachspieler
Sergej Karjakin: Schafft der Russe es wieder in das Finale?Bild: picture-alliance/dpa/M. Shipenkov

Schachbund wirbt für seinen Sport

Auch wenn der  Deutsche Schachbund direkt mit der Ausrichtung nichts zu tun hat - der Weltschachbund FIDE organisiert und finanziert das Event - erhofft sich Schachbund-Chef Ullrich Krause einen Schub für den Denksport in Deutschland. "Das Turnier gibt uns die Gelegenheit, drei Wochen lang über Schach zu reden.“ So organisiert der Berliner Schachverband rund um den Austragungsort, einem ehemaligem Speichergebäude an der Spree, Turniere für Amateure. Überall im Land planen Schachklubs Public-Viewing-Veranstaltungen, bei denen Experten das Geschehen auf den Schachbrettern live erläutern.

Ein deutscher Spieler konnte sich für das Kandidaten-Turnier in der Hauptstadt nicht qualifizieren. Dennoch ist das Event für die deutsche Schach-Szene eine gute Gelegenheit, zumindest die große Vergangenheit des deutschen Schachs in den Blick zu nehmen. Denn im Jahr 2018 jährt sich zum 150. Mal der Geburtstag von Emanuel Lasker, dem einzigen deutschen Schachweltmeister. Lasker war Titelträger von 1894 bis 1921 - so lange wie keiner mehr seitdem.

Schule statt Schach

Ein Nachfolger mit deutschem Pass ist allerdings nicht in Sicht: Aktuell gibt es keinen deutschen Schachspieler, der auf dem Niveau der WM-Kandidaten in Berlin mitspielen könnte. "Deutschland hat in den vergangenen Jahren immer wieder hochklassige Nachwuchstalente hervorgebracht", berichtet Schachbund-Präsident Krause. Diese Spieler würden sich dann aber im Alter von 15 bis 17 Jahren meistens auf das Abitur konzentrieren - und nicht auf die Schachkarriere. Krause hat dafür Verständnis, aber: "Das erschwert, dass Spieler in die absolute Weltspitze vorstoßen können." Bei Weltmeister Magnus Carlsen lief das anders: Schon mit 13 Jahren ließ sich der Norweger für ein Jahr von der Schule beurlauben.