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Wolfgang Petersen: "Eichinger war ein Freund"

28. Januar 2011

Die Filmszene in Deutschland steht nach dem Tod von Produzent Bernd Eichinger unter Schock. Die Deutsche Welle sprach in Los Angeles mit Regisseur Wolfgang Petersen, einem langjährigen Weggefährten Eichingers.

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Wolfgang Petersen (Foto: dpa)
Wolfgang PetersenBild: dpa

Deutsche Welle: Wo wäre der deutsche Film heute ohne Bernd Eichinger?

Wolfgang Petersen: Ich glaube, Bernd war das Zentrum, das Herz. Er war der große Beweger des deutschen Kinos. Ich vergleiche diesen Schock über seinen Tod mit dem Schock nach Fassbinders Tod (Der Regisseur Rainer Werner Fassbinder starb 1982). Diese Zeit seit Fassbinders Tod bis jetzt hat ganz eindeutig Bernd Eichinger mit seinen unheimlich vielen und tollen und schönen, großen, gewaltigen Filmen bestimmt. Das heißt, jetzt ist ein großes Loch. Wird das je wieder gefüllt werden? Soll es überhaupt gefüllt werden? Lasst das Loch da. Das wird immer an ihn erinnern. Und es bleibt ja eine riesige Zahl von Filmen, die man immer wieder gucken kann. Das wird noch einmal toll werden, wenn einmal die große Bernd Eichinger-Gesamtausgabe kommt. Was für eine unglaubliche Palette von Filmen das ist, was er geleistet hat! Das wird erst jetzt so richtig kommen. Man hat immer gedacht, der Bernd ist immer da und produziert und macht gute Filme, macht tolle Sachen, wunderbar. Und plötzlich ist Bernd weg. Jetzt fängt man an zu denken.

Hat er sich jemals der Hollywood-Maschinerie angepasst? Was war noch "Deutsch" an seinen Filmen?

Nein, er hat sich nicht angepasst. Er wollte das eigentlich nie. Er hat ja nie versucht richtig große amerikanische Mainstream-Filme zu machen. Das wollte er gar nicht. Er wollte nur Partner finden hier. Aber in der Essenz wollte er europäische Filme machen. Hat er ja auch. Alle seine Themen und die Art, wie die Filme gemacht wurden, waren ja durchaus europäisch.

ARCHIV - Noah Hathaway steht in seiner Rolle als Atreju in dem Film "Die unendliche Geschichte" neben dem weissen Drachen (Szenenfoto von 1983). Der Schriftsteller Michael Ende hat mit seinen Fantasie-Büchern Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf der ganzen Welt fasziniert. Sein Kultbuch "Die unendliche Geschichte" wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. Der 1995 gestorbene Autor hätte 2009 seinen 80. Geburtstag gefeiert. dpa (zu dpa-Korr.: "Geschichten von Ende mit unendlicher Faszination" vom 05.08.2009) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bild: picture-alliance/ dpa

Bei der "Unendlichen Geschichte", das werde ich nie vergessen, war es eine so wunderbare Geschichte: Es war so furchtbar schwierig als wir damals anfingen zu drehen und ihm fehlten zehn Millionen Dollar von dem ungeheuren Budget von 35 Millionen. Die brauchte er unbedingt. Die konnte man nur in Hollywood kriegen. Dann ist er hierher gefahren zu Warner Brothers und hat sich tatsächlich bei den Amerikanern auf die Knie begeben und hat um zehn Millionen gebeten und hat seine ganze typische Eichinger- Leidenschaft, Überredungskunst, Begeisterung, alles aufgeboten und die waren so gerührt und haben gesagt, Du kriegst es. Und damit wurden sie Partner für "Die unendliche Geschichte".

Was war Bernd Eichinger für Sie? Ein Freund, ein Partner?

Eindeutig ein Freund. Man hat ja im Leben, wie wir alle wissen, nicht sehr viele Freunde. Vielleicht drei oder vier. Er war ein ganz enger Freund. Er und Günter Rohrbach von der Bavaria, wir machten damals die Filme zusammen. Er war ja auch beim "Boot" als Verleiher beteiligt, der Bernd. Dann haben wir "Die unendliche Geschichte" und andere Sachen zusammen gemacht. Das war eine Zeit, die uns zusammengeschweißt hat. Da habe ich ihn wirklich kennengelernt. Der Bernd war nicht nur dieser "irre Typ", der einfach nicht zu bremsen ist, der fanatisch ist beim Filmemachen. Er hatte auch eine andere Besessenheit, die viele gar nicht kannten. Er hatte einen unheimlichen Sinn für Freundschaft. Menschen waren ihm so wichtig. Und wem er vertraute und wen er mochte, der konnte sich hundertprozentig auf Bernd verlassen. Er sagte sehr oft, wenn Du mal irgendwo ein Problem hast auf der anderen Seite der Welt, wo auch immer, ruft mich an, ich komme. Und ich wusste, das stimmt. Und andere, die mit ihm eng befreundet waren, wissen es auch. Er war so ein Typ. Das ist ganz wichtig: Bernd war nicht nur der knallharte Geschäftsmann und Filmproduzent mit Alkohol und Mädchen und Festen und Partys. Ganz tief drinnen war er ein ganz, ganz Großer, mit einem großen Herz, ein Mensch, der Menschen sehr mochte und Freundschaften.

Das Gespräch führte Melanie Hillmann

Redaktion: Jochen Kürten