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Wulff fällt auch im zweiten Wahlgang durch

30. Juni 2010

Der Kandidat von Union und FDP für das Amt des Bundespräsidenten, Christian Wulff, ist auch im zweiten Wahlgang durchgefallen. Er verfehlte mit 615 Stimmen erneut die notwendige absolute Mehrheit von 623 Stimmen..

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Porträt von Wulff und Gauck (Foto: ap)
Christian Wulff oder Joachim Gauck?Bild: AP

Der niedersächsische Ministerpräsident Wulff erhielt nach Angaben von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Mittwoch (30.06.2010) in der Bundesversammlung im zweiten Wahlgang 615 Stimmen. Das sind acht weniger, als für die absolute Mehrheit von 623 Stimmen der insgesamt 1244 Wahlleute notwendig gewesen wäre. Wulff war im ersten Anlauf mit 600 Ja-Stimmen überraschend deutlich durchgefallen. Das schwarz-gelbe Lager hat rechnerisch 644 Stimmen.

SPD und Grüne haben den DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck nominiert. Er kam im zweiten Wahlgang auf 490 Stimmen, neun weniger als im ersten Wahlgang. Für die Linkspartei tritt die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen an. Sie erhielt 123 Stimmen, drei weniger als im ersten Durchgang.

Dritter Wahlgang notwendig

Bundesversammlung Totale (Foto: dpa)
Im Mai 2009 wurde der letzte Bundespräsident in der Bundesversammlung gewähltBild: picture alliance/dpa

Nun ist ein dritter Wahlgang notwendig, in dem die einfache Mehrheit ausreicht. Die Linkspartei hatte nach dem ersten Wahlgang signalisiert, dass sie Gauck weiterhin ablehnt. Damit hätte Gauck im dritten Wahlgang nur Außenseiterchancen.

Wulff war als Favorit in die Wahl gegangen. In der Koalition war in den vergangenen Tagen aber befürchtet worden, dass mehrere Wahlleute aus Verärgerung über die Regierungspolitik nicht für ihn stimmen würden. Mehrere FDP-Wahlleute hatten zudem angekündigt, seinen Gegenkandidaten Gauck wählen zu wollen.

SPD und Grüne: Linke soll Gauck wählen

SPD und Grüne forderten die Linkspartei inzwischen auf, nun für Gauck zu stimmen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, die Wahlleute hätten gezeigt, "dass sie frei sind, dass es nicht nach Befehl und Gehorsam geht. Ich hoffe, dass die Linke die Chance erkennt, sich endlich von ihrer Vergangenheit zu lösen, indem sie Gauck wählt", sagte Gabriel. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte die Linkspartei ebenfalls auf, ihre Kandidatin spätestens im dritten Wahlgang zurückzuziehen. "Die Linke muss sich entscheiden, ob sie Gauck oder Wulff will", sagte Trittin. "Der erste Wahlgang hat gezeigt, dass es keine Mehrheit für Wulff unter den schwarz-gelben Wahlleuten gibt."

Poliltische Schlappe für die Koalition

Für die Koalition bedeuteten die beiden gescheiterten Wahlgänge eine politische Schlappe. Regierungspolitiker hatten aber schon in den vergangenen Tagen versucht, die Bedeutung einer Niederlage in den ersten beiden Wahlgängen herunterzuspielen. Auch der frühere Bundespräsident Roman Herzog sei schließlich erst im dritten Wahlgang gewählt worden, hatte es geheißen. Dennoch hatte es im Koalitionslager erhebliche Anstrengungen gegeben, alle Wahlleute auf Wulff einzuschwören. Von einem Sieg schon im ersten Wahlgang hatte sich die Bundesregierung ein Aufbruchssignal nach monatelangem Streit um zentrale Reformprojekte versprochen.

von links nach rechts: Christian Wulff, Angela Merkel (CDU), Guido Westerwelle (FDP) und Horst Seehofer (CSU) (Foto: apn)
Christian Wulff: der Wunschkandidat von Angela Merkel (CDU), Guido Westerwelle (FDP) und Horst Seehofer (CSU)Bild: AP

Gewählt wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung, deren einzige Aufgabe eben diese Wahl ist. Sie setzt sich aus den 622 Abgeordneten des deutschen Bundestages und genauso vielen Wahlleuten aus den Bundesländern zusammen. In den ersten beiden Wahlgängen ist eine absolute Mehrheit von 623 Stimmen erforderlich, anschließend reicht die einfache Mehrheit.

Nach der Wahl hält der Gewählte seine erste Rede als Bundespräsident. Das neue Staatsoberhaupt wird dann am Freitag in einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat vereidigt.

Autor: Oliver Samson (dpa, rtr, ap, afp)
Redaktion: Stephan Stickelmann