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Wulff kündigt neue Stellungnahme an

4. Januar 2012

Der Bundespräsident will in Kürze erneut zu den gegen ihn gerichteten Vorwürfen Stellung nehmen. Dazu wird er in einem Fernseh-Interview von ARD und ZDF Rede und Antwort stehen.

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Bundespräsident Christian Wulff (Foto: dapd)
Bild: dapd

Bundespräsident Christian Wulff will trotz zunehmender Kritik wegen seiner Kreditaffäre nach einem ARD-Bericht im Amt bleiben. Er habe diese Entscheidung getroffen, berichtete die ARD am Mittwoch (04.01.2012) unter Berufung auf zuverlässige Kreise aus der Umgebung Wulffs. Allerdings kündigte das Präsidialamt an, dass Wulff im Laufe des Tages eine weitere Stellungnahme zu den gegen ihn gerichteten Vorwürfen abgeben werde. Dies wird nach Informationen des ZDF im Rahmen eines gemeinsam mit den ARD-Kollegen geführten Interviews geschehen. Das Gespräch werde vorher aufgezeichnet und ab 20.15 Uhr auf beiden Sendern ausgestrahlt.

Der Bundespräsident war am Mittwochmorgen aus dem Weihnachtsurlaub in seinen Amtssitz in Berlin zurückgekehrt. Nach der Affäre um seinen Hauskredit ist er wegen des Versuchs, die Berichterstattung darüber in der "Bild"-Zeitung zu verhindern", massiv in die Kritik geraten.

CDU-Politikerin Lengsfeld verlangt Rücktritt

Mit der ehemaligen DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld forderte zum ersten Mal eine namhafte CDU-Politikerin den Rücktritt Wulffs. "Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung kann ihn nicht mehr ernst nehmen", sagte Lengsfeld der Online-Ausgabe des "Handelsblatts". Jede Stunde, die sich Wulff länger an das Amt klammere, schade der demokratischen Kultur. Lengsfeld sprach sich für Wulffs ehemaligen Gegenkandidaten Joachim Gauck als Nachfolger aus.

CDU-Politikerin Vera Lengsfeld (Foto: DW)
CDU-Politikerin Vera LengsfeldBild: DW/M.Bölinger

Doch gerade mit dem Namen Gauck sind weitere Probleme verbunden. In Berlin gilt es als unwahrscheinlich, dass der frühere Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde noch einmal für einen Anlauf ins das höchste Amt im Staat zur Verfügung steht. Außerdem ist fraglich, ob sich die Opposition erneut auf Gauck als Kandidaten verständigen kann. Und eine Mehrheit in der Bundesversammlung wäre ohnehin nicht sicher.

Die Kanzlerin ist gefordert

Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, forderte in der Angelegenheit eine Erklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Regierungschefin müsse sich zu den Vorgängen um ihren Wunschkandidaten für das Präsidentenamt äußern, sagte Roth der "Süddeutschen Zeitung". Schließlich habe die Kanzlerin 2010 aus der Präsidentenwahl eine "Posten- und Machtfrage gemacht, statt den Konsens zu suchen". Falls Wulff die Affäre nur aussitzen wolle, werde er ein "extrem schwacher Präsident" sein.

Claudia Roth, Vorsitzende der Grünen (Foto: dapd)
Grünen-Chefin RothBild: picture-alliance/dpa

Wulff versus "Springer"

Nach der Affäre um seinen Hauskredit steht das Staatsoberhaupt auch deshalb in der Kritik, weil er nach Darstellung des Springer-Verlags mehrfach versucht hat, persönlich Journalisten von einer unliebsamen Berichterstattung abzuhalten. Auf der Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann soll Wulff auch mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht haben. Dafür habe sich der Präsident aber zwei Tage nach dem ersten Bericht in der "Bild" zur Kreditaffäre bei Diekmann entschuldigt, meldete das Blatt am Montag.

Journalisten ins Schloss Bellevue "einbestellt"?

In einem anderen Fall soll Wulff einen Journalisten der "Welt am Sonntag" ins Schloss Bellevue gebeten haben und ihm ebenfalls Konsequenzen angekündigt haben für den Fall, dass eine Story über Wulffs Familie erscheine.

All diese Vorgänge sind bislang vom Bundespräsidenten unkommentiert geblieben. Daher wird auch in Koalitionskreisen in Berlin mit einer weiteren Erklärung Wulffs gerechnet. Das Bundespräsidialamt teilte am Dienstag lediglich die Termine des Staatschefs für die nächsten Wochen mit und ließ wissen, dass Wulff an diesem Mittwoch seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen werde.

Bundespressekonferenz (Archivfoto: dpa)
Welches Verhältnis hatte der Präsident zu den Journalisten?Bild: dapd

Kommt da noch mehr?

Der Fraktionschef der FDP im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, hält einen Verbleib des früheren CDU-Ministerpräsidenten im höchsten Amt für zweifelhaft. "Wenn die Kraft seiner Worte keine Wirkung mehr entfaltet, kann er sein Staatsamt nicht mehr ausüben", sagte Kubicki der "Passauer Neuen Presse". Der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel erklärte im Deutschlandfunk, Wulff müsse sich selbst fragen, ob er im Amt bleiben könne. Und das müsse eine sehr ernsthafte Prüfung sein. Wulff müsse sich dabei auch fragen, "ob es noch andere Dinge gibt". Es sei eine unangemessene Reaktion, einfach zur Tagesordnung überzugehen.

Der Skandal um den Hauskredit Wulffs war Mitte Dezember mit den ersten Berichten der "Bild"-Zeitung bekannt geworden. Für den Kauf seines Eigenheimes in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident hatte sich Wulff eine halbe Million Euro von der Frau des befreundeten Unternehmers Egon Geerkens geliehen, den Kredit nach eigener Darstellung dann in ein zinsgünstiges Darlehen bei der BW-Bank umgewandelt. Warum er dort so außerordentlich günstige Konditionen erhielt? Auch dazu wartet die Öffentlichkeit noch auf Antworten.

Autor: Stephan Stickelmann /Marko Langer (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Herbert Peckmann