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Wulff lobt Bangladesch als Vorbild

30. November 2011

Bundespräsident Christian Wulff befindet sich zurzeit auf einer fünftägigen Asienreise. Erste Station: Bangladesch. DW-Korrespondentin Bettina Stehkämper begleitet ihn.

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Premierministerin Scheikh Hasina Wajed empfängt den Bundespräsidenten (Foto: Harun Ur Rashid Swapan, DW)
Premierministerin Scheikh Hasina Wajed empfängt den BundespräsidentenBild: DW

"Where are you from?" - Wir sind überrascht, wie viele der Straßenhändler in Dhaka ein bisschen Englisch können. Und ebenso überrascht, dass wir nach unserer Antwort - "From Germany" - bereits behandelt werden wie langjährige Freunde. Deutschland hat Bangladesch nach seiner Unabhängigkeit als eines der ersten Länder anerkannt. Seit Jahrzehnten gibt es zahlreiche kulturelle Kontakte - und zunehmend auch wirtschaftliche. Bangladesch ist ein Land auf dem Sprung. Aber 25 Jahre haben die Menschen darauf gewartet, dass wieder einmal ein deutsches Staatsoberhaupt in ihr kleines Land kommt und sich an ihre Seite stellt. Denn die Herausforderungen, vor denen das südasiatische Land steht, sind enorm.

Es war der Termin, auf den er sich am meisten gefreut hatte: Bundespräsident Christian Wulff besuchte am Dienstag (29.11.2011) in Bangladesch auch die Dhaka-Universität, die älteste Universität des Landes. Die Gespräche mit den Studenten, ob hier, in Japan, Katar oder Moskau, sind für das Protokoll des Bundespräsidialamtes ein Muss. Denn auf die Diskussion mit der Jugend legt Wulff größten Wert.

"Räumlich weit entfernt, aber nicht mental"

Etwa hundert Studenten warteten im Hörsaal auf Wulff. Und der lobt die Weisheit Bangladeschs, sich für eine säkulare Demokratie entschieden zu haben. "Räumlich weit entfernt, aber nicht mental", so sei das Verhältnis zwischen Deutschland und Bangladesch, sagte der Bundespräsident vor den Studenten. Wie geht man entspannt mit verschiedenen Religionen um. Wie schafft man Empathie für Toleranz und Demokratie?

Dass dies auch Deutschland nicht immer gelingt, sprach Wulff nicht nur an der Dhaka-Universität an. So erklärte er den Studenten und anderen Gesprächspartnern, mit welcher Erschütterung er die Ermordung von Mitbürgern durch rechtsextreme Gewalttäter erlebt habe. "Der Staat hat eine Schutzverantwortung für alle seine Bürger. Zur Anerkennung von Minderheiten gehört aber auch, dass sie gegen Gewalt umfassend geschützt und dass Übergriffe verfolgt werden", so Wulff.

Bangladesch als Vorbild für arabische Länder?

Bundespräsident Wulff wird mit einem großen Blumenstrauß begrüßt (Foto: Focus Bangla)
Bundespräsident Wulff wurde in Dhaka sehr freundlich aufgenommenBild: Focus Bangla

Bangladesch könne Staaten wie Ägypten und Tunesien als Vorbild dienen, sagte der Bundespräsident gegenüber DW-WORLD.DE. Beispielhaft wären die gegenseitige Toleranz der Weltreligionen und ihr Miteinander in Bangladesch. Essig in den Wein goss dann ausgerechnet der ihn begleitende Professor Rauf Ceylan vom Zentrum für Interkulturelle Islamstudien an der Universität Osnabrück. Er war einer der beiden Sondergäste des Bundespräsidenten. Zwei Islamwissenschaftler sollten als Experten auf dieser Reise beraten und eigene Erkenntnisse ziehen. Rauf Ceylan kam zu dem Ergebnis, dass es nicht ausreiche, wenn nur eine Religion - in diesem Fall die muslimische - den anderen Religionen die freie Glaubensausübung gestatte, sondern der Staat müsse dies für alle garantieren.

Religionsfreiheit sei keine Nettigkeit. Und die Einhaltung der Menschenrechte auch nicht. In seinem Gespräch mit Bangladeschs Ministerpräsidentin Scheikh Hasina Wajed, wies Wulff auch auf Verletzungen der Menschenrechte hin und übergab ihr von Amnesty International dokumentierte Fälle. Scheikh Hasina Wajed versprach, diese zu prüfen. Kein anderes Land hat so viele Nichtregierungsorganisationen wie Bangladesch. Und die schauen genau auf dieses arme Land und seine junge Demokratie.

Der Bundespräsident selbst schaute am Montagabend DW-TV. Angetan erzählte er in der Millionenmetropole Dhaka von einem Bericht über sein Lieblingsrestaurant "La vie" in Osnabrück, den er dort gesehen hätte. Ausgerechnet hier in Dhaka, amüsiert er sich, sieht er einen Bericht über seine Heimatstadt Osnabrück. Wie war das noch? Räumlich weit entfernt, aber nicht mental.

Autorin: Bettina Stehkämper
Redaktion: Julia Elvers-Guyot/Reinhard Kleber