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Politik

Auf Sparflamme kochen

Deutschland Eco Hero Yahaya Ahmed Becker
Yahaya Ahmed
12. November 2017

Nigeria als bevölkerungsreichstes Land Afrikas hat massiv mit dem Klimawandel zu kämpfen. Das Land braucht Hilfe, kann aber vieles auch selbst tun, meint der Leiter der Organisation für erneuerbare Energien in Kaduna.

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Jugendliche lernen die Montage von Kochstellen, die mit wenig Brennholz auskommen Bild: Privat

Der Klimawandel ist mittlerweile Realität geworden und Afrika leidet besonders darunter. Er ist längst eine Tatsache und keine Erfindung der Industrieländer. In meinem Heimatland Nigeria haben die Schäden bereits jetzt verheerende Ausmaße angenommen, die inzwischen zu Flucht und Migration führen. In den nordöstlichen Regionen ist der Tschadsee ausgetrocknet, in der Guinea-Savannah-Region wurde durch das Abholzen großflächig die fruchtbare Erdoberschicht abgetragen. Im Süden ist der Wald um Oyo längst zu Grasland geschrumpft, im südöstlichen Teil des Landes hat die Erosion viele Siedlungsgebiete und Ackerland verwüstet und in Lagos wird die Uferpromenade immer häufiger überflutet.

Nigeria wird von den Folgen des Klimawandels sozusagen in die Zange genommen: Wüstenbildung zerstört weite Teile des Nordens, den Küstenregionen - besonders Lagos und dem Nigerdelta - droht Überschwemmung. Was ist nun unsere konkrete Verantwortung vor Ort, um dem Klimawandel entgegenzuwirken und mit ihm umzugehen?

Das Volk muss das Problem verstehen

In einem ersten Schritt brauchen wir eine starke Kampagne zur Sensibilisierung für das Problem. Diese muss alle Schichten der Gesellschaft über den Ernst der Lage aufklären und das Volk auffordern, mit großem Engagement etwas dagegen zu unternehmen.

Die Verantwortlichen in den Regierungen, der Verwaltung, der Landwirtschaft und Industrie müssen als Vorbilder aktiv vorangehen. Die Medien müssen diesen Prozess kritisch begleiten und die Bevölkerung sowohl sachlich informieren als auch zur permanenten Mitarbeit auffordern.

In öffentlichen Gebäuden könnte zum Beispiel der Energieverbrauch jährlich um nachweislich fünf Prozent reduziert werden. Und die Förderung von erdgasbetriebenen Fahrzeugen schon deshalb sinnvoll, weil Nigeria selbst Erdgas zur Genüge besitzt, das aber zurzeit nur nutzlos abgefackelt wird.

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Yahaya Ahmed am Rand der SaharaBild: Privat

Auch die Wirtschaft als Ganzes und besonders die Industrie müssen vermehrt auf erneuerbare Energien setzen. Derzeit wird im größten Teil des sub-saharischen Afrikas, insbesondere in Nigeria, mehr als die Hälfte des Energiebedarfs mit fossilen Brennstoff und benzingetriebenen Generatoren abgedeckt. Stattdessen könnte man mittels Sonnenkollektoren auf Dächern auch Solarenergie nutzen, die schon heute die preiswerteste und eine sehr umweltschonende Energie ist.

Am wichtigsten ist jedoch, dass die Landbevölkerung aufgeklärt wird, wie sie sparsam mit Brennholz umgehen kann. Dazu stehen bereits heute verbesserte - das heißt brennstoffsparende - Kochherde am Markt zur Verfügung und diese könnten in großen Massen eingeführt werden. Wenn man bedenkt, dass fast drei Viertel der Bevölkerung in Sub-Sahara Afrika immer noch auf Brennholz oder Holzkohle zur Nahrungszubereitung angewiesen sind, wäre dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, damit endlich weniger Flächen abgeholzt werden.

Hilfe zur Selbsthilfe

Alleine kann Afrika diese gewaltigen Aufgaben nicht bewältigen und braucht unbedingt Unterstützung. Es gibt auch keine "einheitliche Lösung", keinen "Masterplan", keinen "besten Weg", um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, vor denen Afrika steht. Diese Herausforderungen sind mit denen vergleichbar, mit denen Europa nach dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert war, und erfordern daher die gleiche Mobilisierung von Anstrengungen - aus diesem Grund ist der Titel "Marshallplan mit Afrika" des deutschen Entwicklungsministeriums so gut gewählt.

Ein aus PET-Flaschen gebauter Pavillion
PET-Flaschen - mehr als Müll und auch als Baumaterial nutzbarBild: Privat

In die afrikanischen Länder kann und muss investiert werden - materiell mit Spenden und Entwicklungshilfe, aber vor allem auch immateriell durch den Auf- und Ausbau von Fachwissen und Bildung. Ein solcher Anschub wird automatisch auch private Investitionen anziehen. Ziel von alledem muss sein, die regionalen Märkte in Afrika besser miteinander zu verbinden und den gesamten Kontinent viel stärker als bisher in globale Wertschöpfungsketten zu integrieren. 

Durch all das kann nicht zuletzt auch den zunehmenden Flucht- und Migrationsbewegungen gezielt entgegengewirkt werden, deren Ursachen immer stärker auch auf den Klimawandel zurückzuführen sind.

Yahaya Ahmed hat in Aachen Ingenieurwissenschaften studiert und ist heute Vorsitzender des Entwicklungsverbandes Erneuerbare Energien (DARE) mit Sitz in Kaduna, Nigeria, der zahlreiche Pilotprojekte für Umwelt- und Klimaschutz umsetzt. So werden beispielsweise Einweg-PET-Flaschen mit Sand gefüllt und als Baumaterial genutzt. Die Organisation beschäftigt vor allem Menschen, die ihre Dörfer aufgrund des Klimawandels verlassen mussten.