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Zäh bis zum Schluss

9. Dezember 2011

Beim UN-Klimagipfel in Durban sind die Abstimmungen auf Samstagvormittag verschoben worden. Bis dahin soll der neu überarbeitete Abstimmungstext von Südafrika in kleineren Runden verhandelt werden.

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Hedegaard gestikuliert (Foto: dpa)
Klimakommissarin Connie Hedegaard kämpft für die Ziele der EUBild: picture-alliance/dpa

"Indaba" nennt Südafrika die Runde, in der eine Kerngruppe aus 28 repräsentativen Staaten den Vorschlag Südafrikas in der Nacht zu Samstag (10.12.2011) verhandeln soll. Am Freitagabend hatte Südafrika als Präsident und Gastgeber der UN-Klimaverhandlungen einen Text vorgeschlagen, der jedoch auf breite Ablehnung stieß. 154 von den 194 Mitgliedsstaaten möchten in Durban einen verbindlichen Text auf dem Tisch sehen, bevor im Plenum abgestimmt wird. Für das vorgeschlagene Abschlussdokument waren Länder wie die USA, China, Australien und Kanada.

Bereits am frühen Freitagabend hatte der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen den Entwurf Südafrikas als "unzulänglich" bezeichnet. Der Text sah zwar neben der Fortführung des Kyoto-Protokolls auch einen Fahrplan für ein internationales Abkommen bis 2020 vor, jedoch war nicht von Rechtsverbindlichkeit die Rede, und ein Zeitrahmen bis 2020 wurde sowohl von Röttgen, als auch von der EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard als zu spät bezeichnet. Die EU möchte bis 2015 ein Abkommen sehen.

Neue Allianz der EU

Vor allem die Europäische Union - und damit auch die Bundesrepublik - hat sich auf die Seite der ärmsten Entwicklungsländer, die so genannten "Least Developed Countries" (LDCs), und die kleinen Inselstaaten (AOSIS - Alliance of Small Island States) gestellt, die bereits heute am meisten vom Klimawandel bedroht sind. Für Klimaexperte Martin Kaiser von Greenpeace das richtige Signal: "Die Europäische Union hat endlich Position bezogen. Sie hat sich auf die Seite derjenigen gestellt, die konsequenten Klimaschutz als eine Frage des Überlebens sehen und die basierend auf den wissenschaftlichen Notwendigkeiten jetzt einen politischen Rahmen schaffen wollen."

Die neue Klimaallianz besteht aus etwa 120 Ländern - eine überwältigende Mehrheit der Konferenz. Sie haben am Freitag, dem offiziell letzten Tag der Konferenz, den Druck erhöht und fordern eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls und bis 2015 den Einstieg in ein umfassendes Klimaabkommen, das Emissionsreduktionen sowohl von Industrieländern als auch von den großen Schwellenländern vorsieht.

Stern bei einer Pressekonferenz in Durban (Foto: dpa)
Der große Bremser: US-Klimabeauftragter Todd SternBild: picture-alliance/dpa

Auf der anderen Seite stehen in der Konferenz die großen Verursacher von Treibhausgasen. Zum einen die USA, von denen in Durban niemand mehr erwartet, dass sie ihre Blockaderolle aufgeben. Zum anderen die Gruppe der BASIC-Staaten: Brasilien, Südafrika, Indien und China.

Zeitpoker

Brasilien hat Kompromissbereitschaft signalisiert. Südafrika ist als Gastgeber und Verhandlungsgleiter der Konferenz auch bereit, die eigenen Treibhausgasemissionen zu senken. Bisher blieben jedoch China und Indien unnachgiebig, wenn es um die eigenen CO2-Emissionen geht. Entwicklung geht vor, könnte man die Position beschreiben, womit sie ein verpflichtendes, internationales Abkommen bis 2020 ablehnen. Erst danach will zum Beispiel China eine verbindliche Emissionsgrenze akzeptieren.

Die EU und ihre "Koalition der Willigen" pokern jedoch hoch und lehnen den Vorschlag ab. Die Verhandlungen um ein solches Abkommen stünden nun seit Jahren praktisch still, führt EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard an. Die EU möchte ein entscheidungsreifes Abkommen bis 2015. Auch der deutsche Bundesumweltminister Norbert Röttgen macht Druck, um das zu erreichen: "Wir können nicht akzeptieren, dass eine jahrelange Verhandlungsphase genutzt wird, um eine Pause beim Handeln zu machen. Handeln und Verhandeln müssen parallel stattfinden."

Kyoto auf der Kippe

Das wird jedoch zu spät sein, wenn die globale Klimaerwärmung in diesem Jahrhundert unter zwei Grad Celsius bleiben soll. Daran wird auch das bestehende Kyoto-Protokoll nichts ändern können. Die Industrieländer, die sich dazu bekennen, zeichnen sich nur für rund 15 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. China als größter CO2-Verursacher ist als Schwellenland ohnehin nicht drin, die USA als zweitgrößter Emittent haben Kyoto nie ratifiziert. Eine zweite Verpflichtungsperiode könnte jedoch das Kyoto-Protokoll so erweitern, dass es auch weiterhin ein Instrument zur Emissionsminderung sein könnte - notfalls ohne die USA.

"Mit dem Kyoto-Protokoll und einer zweiten Verpflichtungsperiode geht es hier nicht nur darum, dass die Industrieländer ihre Ziele verbindlich festlegen, sondern auch darum, ob man nicht zukünftig den Klimaprozess auch unter diesem Protokoll organisieren kann, wenn die USA hier entscheidet, nicht dabei zu sein", so Greenpeace Klimaexperte Martin Kaiser. Doch auch die Frage nach der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls steht in der Nacht zum Samstag auf der Kippe.

Finanzierung immer noch unklar

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Die Frage nach der Finanzierung der bereits beschlossenen grünen Klimafonds scheint dagegen bereits vertagt zu sein: Erst im nächsten Jahr in Katar sollen die Mechanismen festgelegt werden. Zur Debatte steht vor allem eine Abgabe auf Schiffs- und Flugverkehr. Am Donnerstag hatte Bundesumweltminister Röttgen Deutschland als Sitz für den neu einzurichtenden Klimafonds angeboten.

Letzter Ausweg für die in Durban 194 versammelten Parteien wäre, die Entscheidungen auf eine neue Konferenz im nächsten Jahr zu vertagen. Ganz so weit war es in der Nacht noch nicht, als das Plenum bis Samstagvormittag vertagt wurde.

Autoren: Helle Jeppesen / Johannes Beck
Redaktion: Oliver Samson / Julia Elvers-Guyot