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Zahl der Toten in Kirgisistan steigt

12. Juni 2010

Die Krise in Kirgisistan dauert an. Laut offiziellen Angaben kamen mindestens 77 Menschen ums Leben, rund 1000 wurden verletzt. Die Regierung hat Russland um Hilfe gebeten, doch Moskau lehnt es ab, Soldaten zu schicken.

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Ausgebrannte Häuser in der kirgisischen Stadt Osch am 11.06.2010 (Foto: AP)
Folgen der Ausschreitungen in OschBild: AP

Die Kämpfe zwischen ethnischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischstämmigen Minderheit dauerten am Samstag (12.06.2010) an. Ungeachtet der geltenden Ausgangssperre in der Stadt Osch im Süden des Landes wurde auch in der Nacht zum Samstag wieder geschossen. Sieben weitere Schwerverletzte seien außerdem in der Nacht ihren Verwundungen erlegen, sagte eine Sprecherin der Gesundheitsbehörde in der Hauptstadt Bischkek.

Karte Kirgisistan mit Hauptstadt Bischkek Osch (Grafik: DW)

"Ganze Straßen stehen in Flammen", sagte Rachmatillo Achmedow, Sprecher des Innenministeriums. "Die Situation ist sehr schlecht und nichts deutet auf eine Ende hin." Mehrere Häuser in Wohnvierteln der usbekischstämmigen Minderheit standen am Samstagmorgen in Flammen und in den Straßen waren Schüsse zu hören. Nach Angaben der Polizei und von Einwohnern trafen mit Eisenstangen und Maschinengewehren bewaffnete junge Kirgisen aus anderen Teilen des Landes in Osch ein, wo die Behörden bereits am Freitag den Ausnahmezustand verhängt hatten. Soldaten und gepanzerte Fahrzeuge wurden entsandt, um für Ruhe zu sorgen. Tausende ethnische Usbeken flohen in Richtung der nahe gelegenen Grenze zu Usbekistan. Auf dem Flughafen saßen hunderte Reisende fest.

Hilfe von außen erforderlich

Die kirgisische Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa hat wegen der schweren Unruhen im Süden des Landes Russland um militärische Unterstützung gebeten. Ohne Hilfe von außen könne die Übergangsregierung die Gewalt nicht unter Kontrolle bekommen, sagte Otunbajewa am Samstag in Bischkek. Sie habe den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in einem Brief gebeten, Truppen in die Stadt Osch zu entsenden.

Doch Russland lehnte es am Samstag ab, Soldaten zu schicken. "Es ist ein innerer Konflikt, und bis jetzt sieht Moskau die Bedingungen für eine aktive Teilnahme nicht erfüllt", sagte die Sprecherin von Kremlchef Medwedew, Natalia Timakowa. Friedenstruppen könnten nur nach Absprache mit den Vereinten Nationen entsendet werden.

Anhänger des Ex-Präsidenten in der Mehrzahl

Ex-Präsident Kirigisistans Kurmanbek Bakijew umringt von Anhängern im April 2010 (Foto:AP)
Im April 2010 noch umringt von seinen Anhängern: Kurmanbek BakijewBild: AP

Die Ausschreitungen in der zweitgrößten Stadt Osch im Süden des Landes sind die schwersten seit dem Umsturz des Präsidenten Kurmanbek Bakijew im April. Osch gilt als frühere Hochburg des Ex-Präsidenten. Bei den Protesten starben damals etwa 78 Menschen. Seitdem ist das verarmte Land nicht zur Ruhe gekommen.

Am 27. Juni soll in einem Referendum über eine neue Verfassung abgestimmt werden. Für den Herbst waren eigentlich Wahlen geplant, die die Chefin der Übergangsregierung Rosa Otunbajewa jedoch nach gewaltsamen Demonstrationen im Mai wieder abgesagt hatte.

Knapp 70 Prozent der 5,3 Millionen in Kirgisistan lebenden Menschen sind Kirgisen. Usbeken stellen insgesamt knapp 15 Prozent der Bevölkerung, in der Region um Osch sind es allerdings 50 Prozent. Dort waren bereits 1990 durch ethnische Gewalt Hunderte Menschen getötet worden.

Autor: Nicole Scherschun (rtr, ap, dpa)

Redaktion: Oliver Samson