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Wahlen in Spanien

Das Gespräch führte Luna Bolivar Manaut25. Februar 2008

"Links sein" kann in Spanien viel bedeuten. Die Vereinigte Linke (IU) mit ihrem Vorsitzenden Gaspar Llamazares will nun mehr Regierungsverantwortung. "Die Sozialisten haben uns enttäuscht", sagt er im DW-WORLD-Interview.

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Gaspar Llamazares führt die Vereinigte Linke (IU) Spaniens anBild: Izquierda Unida

DW-WORLD.DE: Bei den letzten Wahlen wurden viele Stimmen der IU von den Sozialisten (PSOE) abgefangen, weil die linken Wähler den Machterhalt der konservativen Volkspartei (PP) verhindern wollten. Nach dem Sieg der PSOE bat die IU den Präsidenten Rodríguez Zapatero (PSOE) das beim Regieren nicht zu vergessen. Hat sich der Präsident in dieser Legislaturperiode an Sie erinnert?

Gaspar Llamazares: Er musste sich gezwungenermaßen daran erinnern. Denn da er keine Mehrheit hat, benötigte er die Stimmen der Linken, um mit den fortschrittlichsten Vorschlägen seiner Regierung durchzukommen. Aber im Laufe der Legislaturperiode hat er es bevorzugt, seine Ziele mit den eher konservativen oder nationalistischen Strömungen durchzusetzen. Zapatero hat nicht uns enttäuscht, sondern die Linken, die 2004 an ihn geglaubt haben.

Die Deutschen sind daran gewöhnt, dass die SPD mit den Grünen die Regierung bildet oder die CDU mit der FDP. Warum werben die zwei großen Parteien Spaniens um die katalanischen Nationalisten, und niemand denkt an eine Koalition mit den Linken?

Das hat sich inzwischen geändert. Es gibt heutzutage Abkommen auf Länder- und Regionalebene, die man früher nicht für möglich gehalten hätte. Was fehlt, ist ein bundesweites Einverständnis, das erst möglich wird, wenn die IU stärker ist und sich die PSOE für einen politischen Richtungswechsel entscheidet. Die Annäherung ist bei vielen Themen möglich, aber die Wirtschaftpolitik der IU unterscheidet sich grundsätzlich von der der PSOE. Trotzdem, wenn der Wille zu einem wirklichen Wechsel da ist, sind wir von der IU bereit für Verhandlungen.

Jose Luis Rodriguez Zapatero
Nicht links genug: Spaniens Präsident José Luis Rodrígues ZapateroBild: AP

Dennoch: Die Wahrscheinlichkeit, dass die IU die Parlamentswahlen am 9. März gewinnt, ist recht gering und eine Regierungsbeteiligung infolgedessen schwierig. Mit welchem Ziel gehen Sie in den Wahlkampf?

Wachsen, entscheiden, bestimmen und, warum nicht, regieren. Jetzt da man sich eine Landschaft vorstellen kann, in der niemand eine absolute Mehrheit erreicht und ein Regierungskompromiss notwendig sein wird.

Angenommen alle Vorhersagen stellten sich als falsch heraus und die IU erhielte den Regierungsauftrag, welche Dinge würden sich in Spanien ändern?

Es würde die größten Veränderungen in der Geschichte der spanischen Demokratie geben. Die Änderungen in der Wirtschaftspolitik, der Arbeitspolitik und der Finanzpolitik wären radikal, damit Reichtum, Wachstum und Arbeitsplatzsicherheit gerecht verteilt werden könnte. Die Priorität läge auf Sozialausgaben, Umwelt und Frieden.

Wenn Sie eine deutsche Partei aussuchen müssten, mit der sie sich identifizieren, würden sie die Grünen oder die Linke wählen?

Momentan bietet sich die Linke am meisten an. Erst kürzlich haben wir in Madrid einen Auftritt mit Lafontaine organisiert und die Ideen, die wir ausgetauscht haben, sind den unseren im europäischen Umfeld sehr ähnlich. Es ist aber auch wahr, dass es in Spanien keine derartige grüne Bewegung gibt. Deshalb bezeichnet sich die IU als ökologisch und hat sich den Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben.

Die deutschen Grünen sind sehr kritisch eingestellt gegenüber der von der Kanzlerin Angela Merkel geführten Umweltdebatte. Sie sagen die Kanzlerin rede viel, macht aber wenig. Was denken Sie? Und wie schlägt sich Zapatero in Sachen Umwelt?

Eine konservative Koalition kann keine fortschrittliche Umweltpolitik machen. Es ist heutzutage nicht möglich Wirtschaft, Arbeit, neue Energien und das Kyoto Protokoll separat zu betrachten und nicht mit einer bereichsübergreifenden Politik zu verbinden. Das wird nur von der Linken so gemacht. Zapatero wollte oder konnte die stufenweise Schließung von Atomkraftwerken nicht planen, und wenn er nicht einmal die grundsätzlichen Dinge in Angriff nimmt hat, er für andere Maßnahmen der Umweltpolitik keine Glaubwürdigkeit. Hier hat Zapatero ebenfalls versagt.

Merkel in Deutschland, Sarkozy in Frankreich - befürchten Sie einen konservativen Umschlag, falls die PP die Wahlen gewinnt?

Die PP ist nicht in der Lage die Wahlen zu gewinnen, aber um die Rechten zu bremsen, ist es nötig, die Linke zu stärken. Wir sind die Gewähr gegen die PP. Es ist aber gleichzeitig wichtig, dass die PSOE sich nicht von ihrem Zentrum und ihrer Rechten drängen lässt, weil das schließlich die Erwartungen des Wandels des progressiven Wählers enttäuscht.

Wie beobachten Sie den Kampf zwischen Sozialisten und Konservativen?

Ich sehe die gewöhnliche Polarisierung, die es einem erschwert die eigentliche Pluralität in unserem Land zu erkennen. Dabei ist auch etwas Sorge, weil wir eine PSOE beobachten können, die unfähig ist, sich von der rechten Wirtschafts-, Sozial- und Religionspolitik zu lösen; die sich nicht traut, mit fortschrittlichen Mitteln vorzugehen und beispielsweise Gesetze erlässt, die die Abtreibung erlauben und Sterbehilfe möglich machen.

Mit welchem Wahlergebnis wären Sie zufrieden?

Mit einem Stimmenzugewinn der IU und Parlamentssitzen, die uns von links erlauben, die Zukunft Spaniens mitzugestalten.