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FilmAfrika

Zeichentrickfilme aus Afrika erobern Netflix und Disney

20. Juli 2023

"Supa Team 4" heißt die erste Netflix-Zeichentrickserie, die komplett in Afrika geschrieben und produziert wurde. Das ist nur der Anfang; von der dortigen Filmindustrie sei noch viel zu erwarten, sagen Branchenexperten.

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Screenshots aus dem afrikanischen Animationsfilm "Supa Team 4"
Vier afrikanische Superheldinnen erobern Netflix Bild: COURTESY OF NETFLIX

Viele Afrikaner haben sehnsüchtig auf "Supa Team 4" gewartet - eine Netflix-Serie über vier Teenagerinnen, die im Lusaka der Zukunft von einer pensionierten Geheimagentin rekrutiert und zu Undercover-Superheldinnen ausgebildet werden. Ihre Mission: die Welt retten. "Endlich haben wir unser eigenes Ding auf Netflix, das erste in Sambia", sagt die sambische Schauspielerin und Regisseurin Thandiwe Zulu-Vundamina gegenüber DW. "Das ist wirklich etwas ganz Besonderes für die Sambier. Nicht nur für die Kinder, sondern für jeden Sambier, denn es ist ein Teil von uns und wir sind stolz darauf", fügt sie hinzu.

Hinter "Supa Team 4" steckt das südafrikanische Animationsstudio "Triggerfish". Es hat sich schon durch die Zusammenarbeit mit Disney Plus, Netflix und der BBC einen Namen gemacht und bereits mehrere preisgekrönte Animationsfilme produziert. Damit ist Triggerfish das wohl erfolgreichste Animationsstudio Afrikas.

Screenshot aus dem afrikanischen Animationsfilm "Supa Team 4"
Das "Supa Team 4" ermittelt in Sambias futuristisch gestalteter Hauptstadt LusakaBild: COURTESY OF NETFLIX

Wir hoffen, dass 'Supa Team 4' Afrika und der Welt zeigt, wie reizvoll es ist, Geschichten zu erzählen, die in einer spezifischen afrikanischen Kultur verankert sind - in diesem Fall in der sambischen Kultur mit einempanafrikanischen Touch", so Stuart Forrest, Geschäftsführer bei Triggerfish, gegenüber der DW.  

Zwei Premieren in einem Monat

Nicht nur  Netflix' "Supa Team 4" geht im Juli an den Start. Am 5. Juli veröffentlichte der Streaming-Konkurrent Disney Plus die ebenfalls in Afrika geschriebene und produzierte Zeichentrickfilm-Anthologie "Kizazi Moto" ("Generation Fire"). Auch hier war Triggerfish federführend mit im Spiel. Die beiden Serien seien "ein notwendiger Schritt für den Fortschritt unseres Landes und unseres Kontinents", so die südafrikanische Zeichnerin Kabelo Maaka, Gründerin und Kreativdirektorin der Cabblow Studios, gegenüber der DW.

Stills aus dem Animationsfilm "Kizazi Moto"
Ein Influencer taucht in dieser "Kizazi Moto"-Episode in eine utopische Welt ein, in der Simbabwe nie kolonialisiert wurde Bild: Disney +

Obwohl beide Serien vom selben Studio produziert wurden, könnten sie unterschiedlicher nicht sein. "Kizazi Moto" ist als Anthologie angelegt; Autoren und Produzenten aus mehreren afrikanischen Ländern erzählen aus ihrer Perspektive und in ihrer Sprache die unterschiedlichsten Geschichten - der Bogen spannt sich von einer sehr ungewöhnlichen Coming-of-Age-Geschichte bis hin zu einem futuristischen, nie kolonisierten Paralleluniversum in Simbabwe. "Supa Team 4" hingegen spielt an einem einzigen Ort und in einer einzigen Zeit - im futuristischen Lusaka, der Hauptstadt Sambias.

In Afrika würden viele Geschichtenerzähler "von dem Wunsch angetrieben, sich selbst, ihre Erfahrungen und Realitäten widergespiegelt zu sehen", so "Supa Team 4"-Schöpfer Malenga Mulendema. Die beiden Serien haben diesen Wunsch in Zeichentrick-Realität umgesetzt.

Was macht eine Geschichte authentisch?

Die meisten Afrikaner sind aufgewachsen, ohne sich und ihr Leben in Animationsfilmen wiederzufinden. Jetzt versucht eine neue Generation von Geschichtenerzählern, das zu ändern. Für sie geht es nicht nur um die Darstellung schwarzer und brauner Figuren, die ihre Haare zu Zöpfen flechten oder sie als  Dreadlocks tragen. Es geht auch um die Sprache; Akzente und Dialekte spielen in ihrer Arbeit eine wichtige Rolle. "Die Art und Weise, wie wir klingen, wirkt sich auch darauf aus, wie die Animation selbst abläuft, wie sich z. B. die Figuren bewegen", erklärt Maaka.

In den Episoden von "Kizazi Moto" wechseln die Figuren nahtlos zwischen Englisch und anderen Sprachen hin und her, darunter Zulu und Yoruba. Sie sprechen so, wie Afrikaner es gewohnt sind - und verwenden Slangs, die nur einheimische Geschichtenerzähler so gekonnt in ihr Werk einbauen können. 

"Supa Team 4" allerdings wurde gerade wegen des Akzents der Protagonistinnen auch kritisiert, der bereits im Trailer zu hören war. Trotz des Hypes um die erste afrikanische Zeichentrickserie fanden viele Sambier, dass der Akzent nicht authentisch sei. "Es gibt einen bestimmten afrikanischen Akzent, der in Hollywood angewandt wird, aber so klingen wir nicht", bekräftigt Zulu-Vundamina gegenüber der DW. Im Trailer zur Serie habe man eigentlich einen sambischen Akzent erwartet und nicht einen afrikanischen à la Hollywood. Nur eine der Haupt-Synchronsprecherinnen in "Supa Team 4" sei Sambierin, führt sie aus - nämlich die Schauspielerin Zowa Ngwira, bekannt durch ihre Rolle in der TV-Dramaserie "Mpali".

Spagat zwischen lokaler und internationaler Perspektive 

​​​​Ist das der panafrikanische Touch, von dem Triggerfish-Chef Stuart Forrest spricht? Auch wenn sich darüber eine gewisse Enttäuschung breit macht: Die meisten Sambier, darunter auch Zulu-Vundamina, sind froh, dass überhaupt eine Geschichte von einem ihrer Landsleute auf einer globalen Plattform erzählt wird. Die Diskussion darüber, was denn nun wahrhaft afrikanisch und authentisch ist, poppt bei den Filmemachern und Studios allerdings immer wieder auf.

"Es ist eine symbiotische Beziehung, bei der man ständig versucht, sowohl die lokale als auch die internationale Perspektive im Blick zu behalten. Es gilt, das Ganze erzählerisch, aber auch wirtschaftlich und finanziell auszubalancieren", sagt Nosipho Maketo-van den Bragt, Gründerin und Geschäftsführerin von "Chocolate Tribe".

Internationale Zusammenarbeit hilft Afrikas Zeichentrickindustrie

Chocolate Tribe ist ein südafrikanisches Studio für Animation und visuelle Effekte, das bereits mit globalen Marken wie Netflix und Disney Plus zusammengearbeitet hat. Ebenso wie Triggerfish erwirtschaftet das Unternehmen einen großen Teil seiner Einnahmen mit Kunden außerhalb Afrikas. Und die Welt nach der Corona-Pandemie war für sie ein Segen, denn sie hat die Arbeitsweisen der Menschen verändert. "Jetzt kann man Künstler aus vielen Teilen der Welt zusammenarbeiten und gemeinsam eine einzigartige Geschichten entwickeln lassen, da Animationen größtenteils computergeneriert sind", erklärt Chocolate Tribe-Chefin Maketo-van den Bragt.

Zwei Figuren umarmen sich
In einer Folge von "Kizazi Moto" wird die Entstehungsgeschichte zweier Nationen erzähltBild: Disney +

Das Schlüsselwort in Afrika lautet Zusammenarbeit. Sie ermöglicht es der Zeichentrick-Branche des Kontinents, Herausforderungen wie den Zugang zu Software und Ausrüstung, aber auch zu Ausbildung zu bewältigen.

Die Protagonisten dieser Geschichte bilden andere aus und versuchen, im In- und Ausland potenzielle Talente und Mitarbeiter für die Branche zu sensibilisieren. Kabelo Maaka informiert die Hörer in ihrem "The Business of Animation Podcast" darüber, wie man ein Trickfilmunternehmen führt, und sowohl Triggerfish als auch Chocolate Tribe bieten Praktika und Ausbildungsmöglichkeiten an.

Supa Team 4" entstand vor fünf Jahren in einem Triggerfish-Workshop. Jetzt wird die Serie beim Global Player Netflix gezeigt. Sie könnte der Startschuss für das sein, was von der afrikanischen Animationsindustrie noch zu erwarten ist.

Adaption aus dem Englischen: Suzanne Cords.