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Konflikte

Idlib: Guterres ordnet Untersuchung an

1. August 2019

Im Kampf um die letzte syrische Rebellenbastion bombardieren Assads Truppen immer wieder Kliniken und Schulen. Kaum hat UN-Generalsekretär Guterres eine Untersuchung angeordnet, meldet sich überraschend das Regime.

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Syrien | Zerstörung in Idlib | Krankenhaus
Der zerstörte Eingang eines Krankenhauses im MaiBild: Getty Images/AFP/O. H. Kadour

Auch wenn er nicht mehr so im Fokus der Weltöffentlichkeit steht wie zuvor, ist der Syrienkrieg noch nicht vorbei. Seit Ende April bombardieren die Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und ihre russischen Verbündeten die Provinz Idlib nahe der Grenze zur Türkei, um den Boden für die Rückeroberung der letzten Rebellenbastion zu bereiten. 

Dabei werden immer wieder auch Kliniken, Schulen und Märkte in Idlib getroffen. Bei den Vereinten Nationen wuchs zuletzt die Sorge, dass deren geografische Koordinaten gezielt für diese Angriffe benutzt wurden - obwohl sie eigentlich von den UN mit den Kriegsparteien geteilt werden, um zivile Infrastrukturen zu schützen.

Syrien Provinz Idlib | Weißhelme
Die Gewalt in Idlib hat im vergangenen Monat laut Hilfsorganisationen stark zugenommenBild: AFP/O. Haj Kadour

Deshalb kündigte UN-Generalsekretär António Guterres nun eine Untersuchung der Zerstörung von Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen an. Eine interne Kommission werde die Fakten zusammentragen und Bericht erstatten, sagte Guterres in New York. Er rief alle Konfliktparteien auf, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Der UN-Sicherheitsrat hatte zuvor um eine solche Untersuchung gebeten. 

"Immer mehr Tote und Verletzte"

Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen beklagte, dass seit Ende April oft zivile Infrastruktur getroffen worden sei. Insgesamt habe sich die Lage in Idlib zuletzt dramatisch verschlechtert. In den vergangenen drei Monaten seien von dort und aus dem nördlichen Hama-Gebiet weitere 450.000 Menschen zur Flucht in Richtung türkische Grenze gezwungen worden, teilte die Organisation mit. Augenzeugen zufolge gibt es zudem immer mehr Tote und Verletzte. Durch Gewaltakte seien im vergangenen Monat mehr Menschen getötet oder verwundet als jemals zuvor in diesem Jahr, hieß es.

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet warf den syrischen und russischen Streitkräften ganz offen vor, gezielt Krankenhäuser, Bäckereien und Schulen anzugreifen. "Dies sind zivile Ziele, und angesichts der Häufigkeit und Hartnäckigkeit der Angriffe scheint es sehr unwahrscheinlich, das sie zufällig getroffen werden", sagte sie kürzlich. Gezielte Angriffe auf Zivilisten seien Kriegsverbrechen, die strafrechtlich verfolgt werden müssten.

Regelmäßig Angriffe in der "Deeskalationszone" 

Zugleich kritisierte Bachelet das "Schulterzucken" der internationalen Gemeinschaft. Das Blutvergießen in Syrien sei offenbar nicht mehr auf dem Radar. Dabei würden die Luftangriffe jede Woche "eine bedeutende Anzahl von Zivilisten töten und verstümmeln". Wenn Assad die Offensive ausweite, drohe eine humanitäre Katastrophe, warnte Bachelet.

Syrien Provinz Idlib | Luftangriff
Allein bei diesem Luftangriff im Juli starben über 600 ZivilistenBild: AFP/O. Haj Kadour

In Idlib und angrenzenden Gebieten leben mehr als drei Millionen Menschen unter Kontrolle der Dschihadistenallianz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und anderer Rebellengruppen. Ein Großteil davon sind Flüchtlinge aus anderen Landesteilen und Kämpfer, die nach der Rückeroberung einstiger Rebellenbastionen wie Homs, Aleppo und Ost-Ghuta mit ihren Familien dorthin gebracht wurden.

Eigentlich gilt für die Region seit vergangenem September eine Waffenruhe. Eine damals im russischen Sotschi von der Türkei und Russland ausgehandelte Vereinbarung sah zudem die Schaffung einer entmilitarisierten Zone um Idlib vor. Doch das Abkommen wurde nie vollständig umgesetzt. 

Neue Entwicklung in Sicht?

Staatsmedien zufolge stimmte unterdessen die syrische Regierung einer Waffenruhe für Idlib grundsätzlich zu. Damaskus "akzeptiert eine Waffenruhe von heute (Donnerstag) Abend an" unter der Bedingung, dass die Aufständischen ihre Truppen und Waffen von der entmilitarisierten Zone abzögen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf Militärkreise. 

Moskau begrüße die Entscheidung, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax den russischen Syriengesandten Alexander Lawrentjew am ersten Tag der neuen Syrien-Gespräche in der kasachischen Hauptstadt Nursultan. In Nursultan finden derzeit Syrien-Verhandlungen mit Vertretern Russlands, der Türkei und des Iran statt.

ie/kle (kna, afp, dpa, ape, rtre)