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Zielgruppe "lustloses Wahlvolk"

Daniel Scheschkewitz, Washington5. November 2002

Bei den Zwischenwahlen zum US-Kongress wird die Mehrheit der Amerikaner voraussichtlich auf die Stimmabgabe verzichten. Umso härter tobt der Kampf der Parteien um die verbleibenden Wähler.

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Wähler in Georgia geben ihre Stimmen abBild: AP

Der Trend des "Nicht-Wählens", der seit mehr als einem halben Jahrhundert anhält und der die Demokratie der Vereinigten Staaten vermutlich stärker bedroht als die El-Kaida, wird sich auch bei dieser Wahl fortsetzen. Vor allem die Jüngeren scheinen am demokratischen Gemeinwesen kaum noch interessiert.

Dabei stehen die Mehrheiten sowohl im Senat, in dem ein Drittel der Senatoren neu gewählt wird, als auch im Repräsentantenhaus, wo alle 435 Mandate neu vergeben werden, buchstäblich auf des Messers Schneide.

Es wird eng

George W. Bush und Flagge der USA
Die Macht im Weißen Haus hat er bereits errungen, im Senat fehlt sie ihm noch, um ungehindert seine politischen Ziel verfolgen zu können: US-Präsident George W. BushBild: AP

Gaben bei der Präsidentschaftswahl 2000 ein paar hundert Stimmen den Ausschlag zugunsten von Präsident Bush, so dürften es in einem guten Dutzend umstrittener Wahlkreise diesmal wohl kaum mehr sein. Entsprechend haben die Parteien einen materiell sehr aufwendigen Wahlkampf geführt. In zahlreichen Bundesstaaten von New Hampshire bis nach Texas wurden frühere Kostenrekorde locker um Millionendollarbeträge übertroffen. Präsident Bush legte sich allein in den vergangenen fünf Tagen vor dem Urnengang in 15 verschiedenen Staaten für die Kandidaten seiner republikanischen Partei ins Zeug.

Trendbruch?

Landesweit hofft man im Weißen Haus diesmal einen historischen Trend zu brechen. Immer dann wenn ein republikanischer Präsident amtierte, hatten die Republikaner bei der ersten Zwischenwahl im Kongress Sitze verloren. Waltete ein Demokrat im Weißen Haus, erging es dieser Partei nicht besser. Dem Gesetz der Serie nach wäre also die knappe republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus in Gefahr.

Clinton bei Benefizkonzert in New York
Der frühere US-Präsident Bill Clinton kämpfte für einen Sieg seiner Partei in den beiden Kammern des Kongresses, dem Senat und dem Repräsentantenhaus (Foto: Archiv)Bild: AP

Doch tatsächlich sieht es nicht so aus, als könnte es den Demokraten gelingen, die dafür notwendigen sechs Sitze hinzu zu gewinnen. Bei den Demokraten dürfte man froh sein, wenn man den politischen Status Quo wahren könnte, der auf eine faktische Gewaltenteilung zwischen Präsident und Senat hinausläuft. Dafür legte sich auch der ehemalige Präsident Bill Clinton ins Zeug. Er absolvierte fast ebenso viele Wahlkampfauftritte wie sein Nachfolger Bush, obwohl Clinton eigentlich inzwischen Privatmann ist.

Vorsichtige Wahlkämpfer

Bei knappen Mehrheitsverhältnissen hieß die Wahlkampfdevise auf beiden Seiten: "Bloß nichts riskieren". Zumal die Demokraten beim Verlust der Senatsmehrheit Präsident Bush einen politischen Durchmarsch erlauben würden. Und dafür steht dann doch zuviel auf dem Spiel. Angefangen von dem umstrittenen Gesetz zur Neuorganisation der "homeland security" über die Ernennung der obersten Richter bis zu den umstrittenen Steuersenkungen. Außerdem werden die Wahlkreise in den USA regelmäßig neu zugeschnitten. Dabei haben die amtierenden Abgeordneten ein erhebliches Mitspracherecht. Politische Macht einmal errungen, perpetuiert sich auf diese Weise und wer will da schon strategisch ins Hintertreffen geraten?

Beim Auszählen der Wahlergebnisse könnte es ein Déjà-vu-Erlebnis geben. Abgesehen von Seltsamkeiten wie in Hawai, wo einer toten Kandidatin die besten Chancen eingeräumt werden, in den Kongress einzuziehen, könnte angesichts einiger äußerst knapper Entscheidungen, die ein oder andere Nachzählung anstehen. Im schlimmsten Fall müsste man auf das Endergebnis bis zum 7. Dezember warten. Dann würde im Bundesstaat Louisiana eine Stichwahl entscheiden - vorausgesetzt, keiner der Senatorenbewerber erreicht im ersten Wahlgang 50 Prozent der Stimmen.