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Zittern in der Todesgruppe

9. Juni 2008

Gegen Außenseiter Rumänien steht Frankreich unter Druck, denn ohne einen Sieg fällt das Überleben in der Todesgruppe C schwer. Die Niederländer halten vor dem Spiel gegen Italien den Ball flach.

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Italiens Keeper Gianluigi Buffon bei der Vorbereitung, Quelle: AP
Italiens Keeper Gianluigi Buffon bei der VorbereitungBild: AP

Die Kapitäne sind zwar von Bord, doch die Favoriten wollen dennoch Kurs halten: Weltmeister Italien und WM-Vize Frankreich möchten auch ohne ihre verletzten Spielführer Fabio Cannavaro und Patrick Vieira mit Erfolgen zum Auftakt der "Hammergruppe" C am Montag (09.09.2008) ihre Ambitionen auf den EM-Titelgewinn untermauern.

Italienische Fans schauen ihren Idolen beim Training zu, Quelle: AP
Italienische Fans schauen ihren Idolen beim Training zuBild: AP

Italien etwa startet trotz des Ausfalls seine "Operation Double" mit weltmeisterlichem Selbstbewusstsein. "Die Niederländer sind stark. Das wird ein ganz schweres Spiel. Mein Team ist gelassen, aber hochmotiviert. Alle Spieler wissen, was zu tun ist", sagte Trainer Roberto Donadoni am Sonntagabend nach dem Abschlusstraining. Zwei Jahre nach dem WM-Triumph von Berlin wollen die "Azzurri" in Bern gegen die ebenfalls geschwächte "Elftal" den Grundstein für den EM-Titel legen. "Dafür müssen wir die Niederlande unbedingt schlagen", betonte Spielmacher Andrea Pirlo vor der Neuauflage des EM-Halbfinals von 2000, das die Italiener mit 3:1 im Elfmeterschießen gewonnen hatten.

Kleinlaute Niederländer

Dieses Trauma, das "Oranje" im neuen Wankdorf-Stadion gern überwinden würde. "Das ist die schlimmste Erinnerung meiner Karriere", gab "Oranje"-Torwart Edwin van der Sar zu. Von "Rache" aber ist nicht die Rede. Vielleicht auch, weil die Chancen des Europameisters von 1988 nach den Ausfällen von Ryan Babel und Arjen Robben etwas gesunken sind. "Italien ist Favorit", meinte Giovanni van Bronckhorst, neben Champions-League-Sieger van der Sar der zweite "Veteran" von 2000.

Unklar ist noch, wie Marco van Basten vor den Augen von Kronprinz Willem Alexander den fest eingeplanten Real-Stürmer Robben ersetzt, der sich am Samstag an der Leiste verletzte. Möglicherweise geht der Bondscoach nun doch das Risiko mit Robin van Persie ein, den er wegen Trainingsrückstands eigentlich noch schonen wollte. Vermutlich aber rückt Dirk Kuyt in die Startelf, und Wesley Sneijder wechselt nach links. "Wir haben mehrere Möglichkeiten", sagte van Basten, der zumindest zwei der drei HSV-Profis vertraut: Rafael van der Vaart soll das Spiel lenken, Joris Mathijsen Bayern-Star Luca Toni stoppen.

Selbstbewusste Italiener

Der viermalige Weltmeister Italien, der von 15 Spielen gegen die Niederlande bislang nur zwei verlor, hat zwar wenig Verletzte. "Aber Cannavaros Ausfall wiegt schon schwer", betonte Donadoni. Gleichwohl jammert der unter Erfolgsdruck stehende Coach nicht. Tagelang experimentierte er und kürte dann Marco Materazzi zum Vertreter des Weltfußballers von 2006. Donadoni setzt mutig auf drei Spitzen. Mauro Camoranesi und Antonio Di Natale sollen Top-Torjäger Toni flankieren. Der Serie-A-Torschützenkönig Alessandro Del Piero sitzt zunächst auf der Bank, Cannavaros Kapitänsbinde trägt Torwart Gianluigi Buffon.

Frankreichs Coach Raymond Domenech verfehlte vor zwei Jahren knapp den WM-Titel, Quelle: AP
Frankreichs Coach Raymond Domenech verfehlte vor zwei Jahren knapp den WM-TitelBild: AP

Der verletzte Kapitän will zur moralischen Unterstützung beim Spiel auf einem Extra-Stuhl am Spielfeldrand Platz nehmen. "Ich will unbedingt in der Nähe des Spielfeldes sein", sagte der 34-Jährige. Große Hoffnungen ruhen auf Luca Toni. "Toni lass uns träumen", schrieben die "Tifosi" in Bern auf ein Spruchband. Und der 1,96-Meter-Hüne ist bereit, mit Italien nach der WM auch die EM zu gewinnen, um damit "in die Geschichte einzugehen".

Vorsichtige Franzosen

Noch stärker unter Druck steht Frankreich. Im ersten Duell der "Todesgruppe" C mit drei ehemaligen Europameistern muss Frankreich am Montag gegen den hoch gehandelten Außenseiter Rumänien gewinnen, um eine schlechte Ausgangsposition zu vermeiden. "Das ist ein Schlüsselspiel", warnte Routinier Claude Makelele angesichts der folgenden Aufgaben gegen die Niederlande und Italien vor einem möglicherweise folgenschweren Fehlstart.

Nicht minder groß ist der Respekt von Bayern-Star Franck Ribery: "Wir haben große Lust, bei dieser EM den Titel zu gewinnen. Es ist deshalb wichtig, gut in das Turnier zu kommen." Nur auf den ersten Blick scheinen die Rollen klar verteilt. Immerhin liegt der letzte Sieg der Rumänen über den Vize-Weltmeister 36 Jahre zurück.

Dennoch hält sich die Ehrfurcht der von Angreifer Adrian Mutu angeführten Rumänen in Grenzen. "Frankreich hat vor dem ersten Spiel sicher genauso viel Angst wie wir", sagte der Generaldirektor des rumänischen Verbandes und frühere Leverkusener Profi Ioan Lupescu.

Gute Verteidigung, mäßiger Angriff

Die Niederländer Wesley Sneijder, Ruud van Nistelrooy und Robin van Persie (v .l.) im Training, Quelle: AP
Die Niederländer Wesley Sneijder, Ruud van Nistelrooy und Robin van Persie (v .l.) im TrainingBild: AP

Der französische Nationalcoach ließ zuletzt keine Gelegenheit aus, vor dem Gegner zu warnen: "Die Rumänen haben in der Qualifikation die Niederländer hinter sich gelassen. Warum sollte sich das Kräfteverhältnis plötzlich verschoben haben?" Der Champagner-Fußball vergangener Tage ist passé. Das Hauptaugenmerk des Europameisters von 1984 und 2000, der auf den defensiven Mittelfeldspieler Patrick Vieira verzichten muss, gilt der taktischen Disziplin. Prunkstück des Teams ist die Abwehr, die in den abschließenden drei Testspielen keinen Gegentreffer zuließ.

Dagegen geizte der mit Hochkarätern besetzte Angriff mit Toren. Ob der angeschlagene Torjäger Thierry Henry (Ischiasnerv) beim EM-Auftakt spielen und Abhilfe schaffen kann, ließ Domenech offen. Auch das Rätselraten um eine Streichung des am Oberschenkel verletzten Kapitäns Vieira aus dem EM-Kader beendete er nicht – über dessen Einsatz will er erst kurz vor dem Spiel entscheiden. (stu)