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Zittersieg für Große Koalition

30. September 2013

Die Wähler haben der rot-schwarzen Koalition in Wien einen Dämpfer verpasst - ihr aber noch die absolute Mehrheit verschafft. Eigentliche Gewinner der Nationalratswahl sind die rechte FPÖ und die liberalen NEOS.

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Kanzler Faymann, Außenminister Spindelegger und FPÖ-Spitzenkandidat Strache (l.-r.) (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Karussell: Keine Experimente in Österreich

Die von Korruptionsskandalen und politischem Stillstand genervten Wähler in Österreich haben den beiden großen Volksparteien einen Denkzettel verpasst. Die sozialdemokratische SPÖ und die konservative ÖVP verloren laut dem vorläufigen Endergebnis jeweils 2,2 Prozentpunkte. Beide Parteien fuhren damit ihr schlechtestes Ergebnis nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein. Dennoch würden die gemeinsam errungenen knapp 51 Prozent der Stimmen für eine Regierungsmehrheit reichen. Im Nationalrat mit seinen 183 Sitzen hat die SPÖ 53 und die ÖVP 46 Mandate, das sind sieben mehr als die erforderlichen 92 Sitze.

SPÖ will Koalition fortsetzen

Die SPÖ, die mit 27,1 Prozent stimmenstärkste Partei wurde, betonte noch am Wahlabend, das Bündnis in den kommenden fünf Jahren fortsetzen zu wollen. Er werde sich um eine stabile Regierung bemühen und gehe davon aus, mit der ÖVP wie in der Vergangenheit auf "konstruktiver Ebene" sprechen zu können, sagte der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann.

Österreichs Kanzler Faymann (Foto: rtr)
"Der erste Platz ist nicht selbstverständlich", freut sich SPÖ-Kanzler FaymannBild: Reuters

Die ÖVP, die auf 23,8 Prozent kam, ziert sich dagegen. Ihr Spitzenkandidat und Parteichef, Außenminister Michael Spindelegger (Artikelbild M.), schloss auch ein Bündnis mit der rechtspopulistischen FPÖ und der Partei des Unternehmers Frank Stronach oder den liberalen NEOS nicht aus. "Wie es weiter geht, werden wir erst sehen, wenn Verhandlungen stattfinden. Es ist alles möglich", sagte er. Andere führende ÖVP-Politiker plädierten dagegen für eine Neuauflage der Großen Koalition.

Fast jeder vierte Österreicher wählte FPÖ

Feierstimmung herrscht bei der rechtspopulistischen FPÖ, für die fast jeder vierte Österreicher stimmte. Die Partei, die auf subtilere Art als beim letzten Mal ausländerfeindliche Parolen platzierte und mit europaskeptischen Sprüchen um Wähler warb, bekam 21,4 Prozent, ein Plus von 3,9 Prozentpunkten. Die Freiheitlichen, die im Parlament nun 42 Sitze haben, gelten als deutlicher Wahlsieger des Sonntags. Die Rechten sind aktuell wieder fast so stark, wie sie zuletzt Mitte der 1990er Jahre unter Jörg Haider waren. FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache (Artikelbild r.), ein gelernter Zahntechniker, bot sich offen der ÖVP als Regierungspartner an und riet, die "Selbstfesselung" an die SPÖ zu beenden.

Weniger als erhofft legten die Grünen 1,1 Prozentpunkte hinzu und kamen auf 11,5 Prozent - das sind 22 Sitze im Nationalrat. Ebenfalls unter den Erwartungen blieb der 81-jährige Austro-Kanadier und Milliardär Frank Stronach mit seinem neuen Team Stronach. Das wirtschaftsliberale und euro-kritische Bündnis zieht mit 5,8 Prozent und elf Mandaten in den Nationalrat ein. "Wichtig für uns war, wir haben jetzt die Tür zum Parlament geöffnet. Das erlaubt uns, neue Ideen einzubringen", kommentierte der Gründer des Autoteilezulieferers Magna das Ergebnis.

Matthias Strolz, Chef der NEOS und jubelnde Anhänger (Foto: dpa)
Sie haben Grund zum Jubeln - NEOS-Anhänger mit Parteichef Matthias StrolzBild: picture-alliance/dpa

NEOS sind die Überraschung

Für die Überraschung des Abends sorgten die erstmals angetretenen liberalen NEOS (Das Neue Österreich), die mit 4,8 Prozent ebenfalls den Sprung über die in Österreich geltende Vier-Prozent-Hürde schafften. Sie ziehen mit neun Mandaten ins Parlament ein. Das Bündnis will "als Sprachrohr der Bürger" längst überfällige Refomen bei den Renten oder der Bildung durchsetzen. Unterstützt wird die Bewegung vom ehemaligen Strabag-Gründer und Ex-Topmanager Hans-Peter Haselsteiner.

Noch nicht ausgezählt sind die Stimmen der Briefwähler, deren Anteil dieses Mal bei 14 Prozent liegt. Hierdurch sei jedoch "keine große Änderung" des Ergebnisses zu erwarten, meinte ein Sprecher des Innenministeriums. Wahlberechtigt waren rund 6,4 Millionen Österreicher. Die Beteiligung fiel nach offiziellen Angaben auf 65,9 Prozent.

se/qu (ORF, dpa, afp, rtr)