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Zoff in der Union über höhere Mehrwertsteuer

26. Juni 2009

Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger hat CDU und CSU in helle Aufregung versetzt. Viele Parteifreunde nehmen ihm übel, dass er kurz vor der Bundestagswahl eine Mehrwertsteuererhöhung ins Gespräch bringt.

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU)
Einer gegen alle: Günther OettingerBild: AP

Als erster Unions-Spitzenpolitiker schlug Günther Oetinger (CDU) vor, dass der ermäßigte Satz für Lebensmittel, Bücher und Tierfutter von 7 Prozent auf 9,5 Prozent steigen könne. Der baden-württembergische Regierungschef kassierte dafür massive Kritik auch aus den eigenen Reihen.

Oettinger stellte am Freitag (26.06.2009) klar: Sein Vorschlag ziele "ausdrücklich nicht auf höhere Mehrwertsteuereinnahmen insgesamt". Er blieb aber grundsätzlich bei der Forderung, die Mehrwertsteuer für bestimmte Produkte zu erhöhen, um im Gegenzug die Belastung für Gaststätten und Hotels zu senken.

Man müsse darüber nachdenken, für welche Produkte es einen reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent geben solle, sagte Oettinger. So wäre es nach seiner Ansicht für alte Menschen gut, wenn die Arzneimittel nur noch ermäßigt besteuert würden.

Massive Kritik aus der gesamten Union

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla (Foto: dpa)
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla schließt Steuererhöhungen ausBild: picture-alliance/dpa

Die CDU-Spitze wies die Gedankenspiele kategorisch zurück. Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte eine Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Lebensmittel ab. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien solche Überlegungen "absurd", sagte sie dem Nachrichtensender N24 am Rande ihres USA-Besuchs. "Sie können vollkommen beruhigt sein, dazu wird es nicht kommen. Es ist in der Wirtschaftskrise absurd, sich mit diesen Fragen zu befassen."

"Steuererhöhungen gibt es mit uns nicht", sagte Generalsekretär Ronald Pofalla. "Dabei bleibt es." Jeder müsse sich entscheiden, ob er die gemeinsame Linie des Wahlprogramms von CDU und CSU vertrete oder seine persönliche Meinung verbreiten wolle. In dem Programm ist die Rede von Steuerentlastungen. Die Spitzen beider Parteien wollen es an diesem Sonntag in Berlin beschließen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers attackiert Oettingers Äußerungen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe) als "Gift für die Konjunktur". Saarlands CDU-Regierungschef Peter Müller nannte die Debatte im Saarländischen Rundfunk "absolut kontraproduktiv". Auch Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) warnte erneut vor Steuererhöhungen. "Es wäre das falsche Signal in einer Zeit, in der wir eher über gezielte, machbare und verantwortbare Entlastungen der Leistungsträger nachdenken sollten."

Gegenwind auch von den anderen Parteien

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (Foto: AP)
Finanzminister Peer Steinbrück wirft der Union Widersprüchlichkeit vorBild: AP

Die SPD warf der Union ein Verwirrspiel vor. "CDU und CSU sollten in der Steuerpolitik nicht gleichzeitig rechts und links mit Erhöhungen und Senkungen blinken, sondern angesichts der dramatischen Finanzlage das Fernlicht einschalten und Richtung zeigen", sagte Finanzminister Peer Steinbrück.

Kritik kam auch aus der Opposition. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, die Union verunsichere Wirtschaft und Verbraucher. FDP-Haushaltspolitiker Jürgen Koppelin forderte eine Haushaltssperre, damit bei Ausgaben radikal gespart werde. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte, eine Anhebung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes belaste die "kleinen Leute". Die Haushaltspolitikerin der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, nannte es zynisch, die Mehrwertsteuer auf Dinge des täglichen Bedarfs erhöhen zu wollen. (gri/wl/dpa)