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Zu viele faule Kompromisse beim Fiskalpakt ?

10. Juni 2012

Berichte über eine rasche Einigung mit der Opposition beim Fiskalpakt dürften sich als verfrüht erweisen: Was wie ein Einlenken der Merkel-Regierung bei der Finanzmarktsteuer aussah, könnte ein Täuschungsmanöver sein.

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Börsenhändler an Bildschirmen (foto: dapd)
Bild: dapd

Kein Zweifel, die Oppositionsparteien in Berlin sitzen diesmal am längeren Hebel. Und SPD und Grüne werden nicht müde zu betonen, dass sie sich ihre parlamentarische Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt für Haushaltsdisziplin teuer bezahlen lassen wollen. Nicht sehr überzeugend klingen da die Bekundungen des Fraktionschefs der CDU/CSU, Volker Kauder, dass noch vor der Sommerpause eine große Einigung erfolge.

Die Opposition habe die Unterstützung der Finanztransaktionssteuer zur Voraussetzung gemacht und dem habe die schwarz-gelbe Koalition schließlich zugestimmt, argumentiert Kauder in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die sei ein "klassischer Kompromiss". 

Scheitern von vornherein eingeplant ?

Nach einem Bericht des "Spiegel" geht die Koalition aber letztendlich von einem Scheitern der Finanztransaktionssteuer aus. In dieser Legislaturperiode werde es eine solche Steuer nicht geben, zitierte das Hamburger Magazin angebliche interne Äußerungen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU). Daher könne man der SPD ruhig entgegenkommen, soll Pofalla gesagt haben. Aus der FDP-Fraktion hieß es demnach, die für die Steuer in den Verhandlungen mit SPD und Grünen formulierten Bedingungen seien so gestaltet, dass es die Steuer gar nicht geben könne.

Union und Liberale hatten am Donnerstag der Einführung der Finanzmarktsteuer zugestimmt, auch wenn sie nur in einem kleineren Kreis von EU-Staaten durchgesetzt werde. Hintergrund sind Vorbehalte einiger Staaten wie Großbritannien gegen eine EU-weite Einführung.    

Taschenspielertricks beim Poker um Fiskalpakt?

Zweifel an dem Deal mit der Regierung wurden laut "Spiegel" auch in der SPD laut. Vorstandsmitglied Ralf Stegner verlangte demnach, es dürfe "nicht bei bloßen Absichtserklärungen" zugunsten der Börsensteuer bleiben. Vielmehr müsse "ein Kabinettsbeschluss" her. Andernfalls werde die SPD dem Fiskalpakt nicht zustimmen, soll Stegner in einer Schaltkonferenz der SPD-Linken gesagt haben.

Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte einen Kabinettsbeschluss für die Einführung der Finanztransaktionssteuer gefordert. Diese könnte auf europäischer Ebene im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit umgesetzt werden, wenn mindestens neun EU-Staaten mitmachen. Der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, warnte Pofalla vor "Taschenspielertricks" bei der Finanztransaktionsteuer: "Wer trickst, riskiert ein Scheitern des Fiskalpakts." SPD und Grüne würden sich "nicht mit warmen Worten oder wohlklingenden Absichtserklärungen zufrieden geben", sagte Beck am Sonntag in Berlin. Das gelte auch für den Zeitplan. Verwiesen wird vor allem auf wiederholte "Relativierungen" und nachgereichte Änderungswünsche der FDP. 

Widerstand von Ländern und Kommunen

Als Bedingung für ihr "Ja" zum Fiskalpakt fordern SPD und Grüne neben Finanztransaktionsteuer und Wachstumspakt auch einen Schuldentilgungsfonds für Euro-Staaten sowie Garantien, dass den Bundesländern keine Nachteile oder Risiken entstehen. "Der Bund muss alle zusätzlichen Kosten und Sparzwänge, die durch den Fiskalpakt auf die Länder und Kommunen zukommen, übernehmen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Rheinischen Post".  

Für Mittwoch ist ein neues Spitzengespräch von Regierung und Opposition bei Kanzlerin Angela Merkel geplant, vermutlich nicht das letzte.

SC/haz (dapd,afp,dpa)