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EU hilft - aber zu wenig

18. Januar 2010

Hilfe für Haiti von der EU – das klingt zunächst mal gut, ist aber bei näherer Betrachtung doch zu dürftig angesichts der schreienden Not in Haiti und des Potenzials der EU, meint Christoph Hasselbach.

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DW-Korrespondent in Brüssel, Christoph Hasselbach (Foto: DW)
Christoph Hasselbach kritisiert die EU-HilfeBild: DW

Zur Hilfe für Haiti sind die EU-Außen- und Entwicklungsminister zu einem Krisentreffen und Sonderrat in Brüssel zusammengekommen. Damit signalisiert die EU: Wir kümmern uns auch um ein kleines, armes Land weit weg von uns, wenn es in Not ist. Andererseits muss festgestellt werden: Es hat zwischen dem Erdbeben und der Sitzung in Brüssel eine ganze Woche gedauert. Das Wochenende wollte offenbar niemand opfern. Und noch vor dem Wochenende? Du liebe Zeit, es gab Termine über Termine, das ging nun wirklich nicht.

Aber in der Zwischenzeit sterben und leiden in Haiti Hunderttausende Menschen. Ihr Schicksal hängt nicht zuletzt vom europäischen Beitrag ab. Und in dieser Situation kommt es entscheidend auf die Geschwindigkeit der Abläufe an. Jetzt will sich das EU-Personal erst einmal mit den USA und den Vereinten Nationen zusammensetzen, um weiter zu „koordinieren“. Damit verstreicht weitere wertvolle Zeit, die viele Opfer in Haiti eben nicht haben.

Dann die Summen: 120 Millionen Euro Soforthilfe von Mitgliedsstaaten und Kommission. Für die Wirtschaftskraft der EU mit ihren 500 Millionen ganz überwiegend wohlhabenden Menschen und gleichzeitig für die Schwere der Aufgabe kaum erwähnenswert. Wäre die EU ein Mensch, könnte man sagen: Der merkt das auf seinem Konto doch überhaupt nicht! Die Haitianer merken es dagegen schon.

EU-Außenkommissarin Catherine Ashton und EU-Entwicklungsminister auf einer Pressekonferenz nach der EU-Sonderratssitzung (Foto: AP)
"Termine über Termine"Bild: AP

Um für mehr Sicherheit bei der Verteilung der Hilfsgüter zu sorgen, wollen einige Mitgliedsländer jetzt vielleicht 150 "Gendarmen" entsenden. 150 für ein Land, in dem sich verständlicherweise Menschenmassen um die Almosen aus den reichen Ländern prügeln werden, wenn sie endlich eintreffen! Und noch ist nicht einmal klar, ob und wann man wirklich mit dem europäischen Trüppchen rechnen kann. Zum Vergleich: Die Amerikaner haben bereits Tausende Sicherheitskräfte an Land und auf Schiffen vor der Küste. Sollten sie in Unruhen verwickelt werden, werden wahrscheinlich manche Europapolitiker wieder über imperialistisches Gehabe der USA schimpfen, während Europa sich die Finger zwar nicht schmutzig gemacht, aber eben auch praktisch nichts für die Sicherheit getan hat.

Schließlich hat die EU beschlossen, sich auch um die grundlegenden, langfristigen Probleme Haitis zu kümmern. Diese Probleme haben zweifellos die Folgen einer Naturkatastrophe deutlich verschlimmert. Weitere 200 Millionen Euro aus Europa sind dafür zugesagt, selbstverständlich erst nach gründlicher Analyse der Lage. Aber Haiti hat die Probleme der Armut und der schwachen staatlichen Strukturen nicht erst seit dem Erdbeben. Warum hat das die EU nicht vorher bemerkt und etwas dagegen getan?

Nichts gegen Koordinierung und gründliche Analyse. Aber der EU-Sonderrat zur Haiti-Hilfe war ein Beispiel von "zu wenig zu spät".

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt