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Politik

Zusammenstöße bei Beerdigung von Abu Akle

13. Mai 2022

Als der Sarg der Journalistin herausgetragen wird, kommt es zum Konflikt zwischen Palästinensern und Polizisten. Schirin Abu Akle wurde bei der Berichterstattung über eine israelische Militäroperation erschossen.

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Jerusalem | Beisetzung Shireen Abu Akleh, Journalistin Al-Jazeera
Der Sarg mit dem Leichnam von Schirin Abu Akle wird unter Protestrufen aus dem Krankenhaus getragen Bild: Ahmad Gharabli/AFP/Getty Images

Tausende Palästinenser haben sich in Ostjerusalem an der Trauerfeier für die getötete Journalistin Schirin Abu Akle beteiligt. Dabei kam es auch zu Zusammenstößen mit der israelischen Polizei. Die langjährige Al-Dschasira-Korrespondentin war am Mittwoch bei der Berichterstattung über eine israelische Militäroperation in Dschenin im besetzten Westjordanland erschossen worden. Die Umstände ihres Todes sind ungeklärt. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung den gewaltsamen Tod der Journalistin und forderte "eine sofortige, gründliche, transparente und unparteiische Untersuchung".

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich erschüttert über die Gewalt bei der Beerdigung der getöteten Reporterin des TV-Senders Al-Dschasira in Jerusalem gezeigt. Es sei traurig, "dass die Trauerfeier nicht in Frieden und in Würde stattfinden konnte. Ehrlich gesagt, persönlich gesagt, ich bin darüber zutiefst erschüttert", sagte Baerbock zum Abschluss des G7-Treffens.

US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich ähnlich. Er sei "zutiefst beunruhigt" angesichts der Bilder aus Jerusalem. "Jede Familie hat das Recht, ihre Angehörigen in Würde und ungehindert zur letzten Ruhe zu betten". 

Für Abu Akle wurde ein katholischer Trauergottesdienst in der Jerusalemer Altstadt abgehalten, anschließend überführte ein Trauerzug ihren Leichnam zur Beerdigung auf einen nahe gelegenen Friedhof. Der geschäftsführende Direktor von Al-Dschasira, Ahmad Alyafei, nahm an dem Gottesdienst teil. Wegen der aufgeheizten Stimmung zeigte die Polizei massive Präsenz.

Machtprobe zwischen israelischen Sicherheitskräften und palästinensischen  Demonstranten vor der Klinik
Machtprobe zwischen israelischen Sicherheitskräften und palästinensischen Demonstranten vor der Klinik Bild: Ahmad Gharabli/AFP/Getty Images

Sicherheitskräfte und Palästinenser stießen bereits zusammen, als der Sarg aus dem Sankt-Joseph-Krankenhaus im Ostjerusalem getragen wurde. Die Polizei setzte nach palästinensischen Angaben Blendgranaten ein, palästinensische Fahnen wurden eingezogen. Begründet wurde der Einsatz mit Steinwürfen durch Demonstranten.   

Der EU-Botschafter in Israel, Dimitar Zantschew, schrieb auf Twitter, er sei "bestürzt" über die "unverhältnismäßige und respektlose Gewaltanwendung" der israelischen Polizei gegen die Trauernden. "Die Aufrechterhaltung der Ordnung kann mit anderen Mitteln erfolgen", betonte Zantschew.

Palästinenser bringen Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof 

Sowohl Al-Dschasira als auch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) haben Israel für den Tod der Journalistin verantwortlich gemacht. Sie behaupten, israelische Soldaten hätten die Journalistin absichtlich erschossen. Israel schlug vor, den Vorfall gemeinsam mit der PA zu untersuchen. Die einzige Möglichkeit, den Mörder von Abu Akle zu ermitteln, sei eine forensische Untersuchung des Projektils. 

Die Palästinensische Autonomiebehörde lehnt das ab und erklärte, sie werde ihre eigenen Ermittlungen durchführen. Sie signalisierte auch ihre Absicht, den Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag zu bringen. 

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben dennoch eine vorläufige Untersuchung des Vorfalls durchgeführt, deren Ergebnisse jedoch keine eindeutigen Schlüsse zulassen. Israel behauptet, militante Palästinenser hätten in der Nähe des Ortes, von dem aus Abu Akle berichtete, auf israelische Soldaten geschossen. Es sei unklar, ob sie von diesen Militanten oder von israelischen Soldaten, die das Feuer erwiderten, tödlich getroffen wurde. 

Laut Reportern, die mit Abu Akle zusammen waren, soll es in dem Gebiet zum Zeitpunkt des tödlichen Schusses keine Feuergefechte gegeben haben. Alle anwesenden Journalisten, von denen einer ebenfalls angeschossen wurde, trugen deutlich gekennzeichnete Schutzkleidung, die sie als Journalisten auswies.   

Über 20 Jahre Konfliktberichterstattung 

Die 51-jährige Fernsehjournalistin Schirin Abu Akle war ein angesehenes Mitglied der Presse in den palästinensischen Gebieten. Sie arbeitete seit 1997 für den katarischen Sender Al Dschasira und wurde durch ihre Berichterstattung über die sogenannte zweite Intifada gegen die israelische Herrschaft in den frühen 2000er Jahren bekannt.   

In den letzten Wochen waren die Spannungen in und um Dschenin hoch, da militante Kämpfer eine Reihe tödlicher Anschläge in Israel verübten. Diese haben fast täglich zu Verhaftungen durch die israelischen Behörden geführt, die wiederum Gefechte nach sich zogen.  

Rauchsäulen in Dschenin nach der israelischen Militäraktion in der Westjordanland-Stadt
Rauchsäulen in Dschenin nach der israelischen Militäraktion in der Westjordanland-StadtBild: JAAFAR ASHTIYEH/AFP

Am Freitagmorgen drangen die israelischen Streitkräfte erneut in die Stadt ein, wobei es zu schweren Schießereien und Explosionen kam. Ministerpräsident Naftali Bennett erklärte später, ein israelischer Soldat sei bei dem Einsatz getötet worden. Der palästinensische Gesundheitsminister meldete, dass 11 Palästinenser mit Verletzungen ins Krankenhaus kamen. Das israelische Militär gab an, bei der Festnahme von Kämpfern unter Beschuss geraten zu sein. 

js/msh/sti/haz (AFP, AP, Reuters)