1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Christliches Laientreffen in München

12. Mai 2010

Euphorisch ist niemand, dennoch wird in München ein neues Signal für die evangelisch-katholischen Beziehungen erwartet. Seit dem 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin ist das ökumenische Klima spürbar abgekühlt.

https://p.dw.com/p/NKI8
Menschenmenge auf dem Berliner Gendarmenmarkt (Foto: AP)
Da herrschte noch Aufbruchsstimmung: beim 1. Ökumenischen Kirchentag 2003Bild: AP

Ökumene hat die Einheit aller Christen zum Ziel. Ökumene – das bedeutet konkret: das Bohren dicker Bretter. Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt die Geschichte der Ökumene konkrete Formen anzunehmen – eine Geschichte der vorsichtigen Annäherung. 1948 wird der Ökumenische Rat der Kirchen gegründet, dem die protestantischen, anglikanischen und orthodoxen Kirchen angehören. Die Katholiken sind zwar kein formelles Mitglied, nehmen aber an den Beratungen des Weltkirchenrates teil. Vor allem nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil – seit Mitte der 1960er Jahre – steigert der Vatikan sein ökumenisches Engagement. Höhepunkt der katholisch-protestantischen Annäherung ist die Veröffentlichung der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre am Reformationstag 1999: Fast 500 Jahre nach der Kirchenspaltung hoben die Lutheraner und Katholiken vor allem ihre gegenseitigen Lehrverurteilungen auf. Weiterer Höhepunkt: der 1. Ökumenische Kirchentag in Berlin 2003. Der damalige katholische Kirchentagspräsident Hans Joachim Meyer erklärte beim Abschlussgottesdienst euphorisch, dass der Kirchentag "ein großer Schritt auf dem Weg der christlichen Ökumene" gewesen sei: "Was uns jetzt verbindet, kann niemand mehr zerreißen", rief Hans Joachim Meyer unter dem Jubel der rund 200.000 Teilnehmer.

Abstrafen fürs gemeinsame Abendmahl

Hasenhüttl mit Weinkrug (Foto: AP)
Priester Gotthold HasenhüttlBild: AP

Doch zugleich gibt es auch immer wieder Rückschläge. So auch beim gemeinsamen Abendmahl: Während die Protestanten alle getauften Christen zum evangelischen Abendmahl einladen, ist dies umgekehrt nach wie vor nicht möglich. Einen Versuch wagte, außerhalb des offiziellen Programms, während des 1. Ökumenischen Kirchentags der katholischen Theologe Gotthold Hasenhüttl: Entgegen der Weisung des Vatikans bat er zum gemeinsamen Abendmahl aller Christen, denn für ihn sei die Eucharistiefeier ein Zeichen dafür, dass alle Menschen von Gott angenommen seien. Die Kirchentagsleitung distanzierte sich damals von diesem gemeinsamen Abendmahl. Postwendend wurde Hasenhüttl von seinem Bischof Reinhard Marx seines Priesteramtes enthoben.

Zusätzliche Querschläge in Sachen Ökumene kamen auch aus dem Vatikan, so vor zehn Jahren mit dem Grundsatzdokument "Dominus Jesus". In dem Papier werden die Protestanten neben der römischen Kirche lediglich zu "kirchlichen Gemeinschaften" degradiert. Die damalige hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hatte dafür kein Verständnis und nannte die römische Abgrenzung "ein Trauerspiel, das ökumenische Pflänzchen so austrocknen zu lassen." Man brauche "mehr Miteinander als solche Abgrenzungen".

Bestimmt der Vatikan Tempo der Ökumene?

Der katholische Bischof Franz Josef Bode, als Ortsbischof Gastgeber des Katholikentages 2008 in Osnabrück, erhoffte sich dagegen mehr gegenseitiges Verständnis – auch durch klare Positionierungen. Es sei wichtig, einander besser verstehen und kennenzulernen, zu erfahren, was dem anderen wichtig sei. Bode plädiert dafür, strittige Themen auszudiskutieren, statt auszusitzen.

Ellen Ueberschär vor Kirchentagsplakat (Foto: Deutscher Evangelischer Kirchentag)
Ellen UeberschärBild: Bistum Osnabrück

Ellen Ueberschär, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, will sich allerdings nicht vom Schneckentempo Roms die Geschwindigkeit der Ökumene diktieren lassen. Wie deren Stand sei, das müsse man in Deutschland selbst bestimmen. Doch genau hier liegt ein gravierendes Problem: Während die deutschen Protestanten weitgehend autonom agieren können, können die Katholiken hierzulande oft nicht so, wie sie eigentlich wollen. Immer wieder gilt es Rücksicht zu nehmen auf die römische Weltkirche und ihre Weisungen.

"Ökumenische Einheit in Verschiedenheit"

Doch auch den Protestanten scheint derweil die Freude an der Ökumene abhanden zu kommen: Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, entwarf das Prinzip "Ökumene der Profile" und verabschiedete sich von der Vision einer organisatorischen Einheit mit den Katholiken. Der Alt-Bischof spricht gern von einer "Einheit in Vielfalt, einer Einheit in Verschiedenheit". Das sei seine ökumenische Vision – so Huber, und nicht eine organisatorische Einheit aller Christen unter dem Vorsitz des Papstes.

Die Forderung nach einem profilierten Protestantismus führte bei Katholiken wiederum zu Irritationen und dem Verdacht, die Protestanten wollten sich von der Ökumene abwenden. Dieser Verdacht wurde erhärtet, als im vergangenen Herbst ein inoffizielles Papier aus dem Kirchenamt der EKD bekannt wurde, in dem sich der Verfasser despektierlich über die Katholiken und den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, äußerte. Die Irritationen konnten aus dem Weg geräumt werden, doch die Frage bleibt: Wie geht es weiter mit der Ökumene? Das biblische Leitwort des 2. Ökumenischen Kirchentages klingt da auch nicht wie eine große Vision. Die Losung lautet schlicht: "Damit ihr Hoffnung habt." Allerdings stirbt bekanntlich die Hoffnung zuletzt.

Autor: Michael Hollenbach
Redaktion: Klaus Krämer