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Sensation in der Ostsee

30. Juli 2008

Da hat sich wohl einer verirrt: Erstmals seit 30 Jahren ist in deutschen Gewässern ein lebender Buckelwal gesichtet worden. Nach Ansicht von Walforschern muss er rasch zurück in den Atlantik, wenn er überleben will.

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Ein Buckelwal springt aus dem Meer. (Archivfoto, Quelle: dpa)
Buckelwal: Auch Kollosse können springenBild: picture-alliance/ dpa

Buckelwale leben weltweit in allen Ozeanen, im Sommer meist in den Polregionen, im Winter in subtropischen Gewässern. In der Ostsee sind sie nicht heimisch. Dennoch haben zwei Vogelkundler nun vor der Insel Rügen von einem Boot aus ein zwölf Meter langes Exemplar zwei Stunden lang beobachtet und fotografiert. Anhand der Fotos des springenden Tieres konnte der Direktor des Deutschen Meeresmuseums in Stralsund, Andreas Benke, den Wal eindeutig identifizieren – für ihn eine Sensation.

Letzte Sichtung vor 30 Jahren

Zuletzt wurde 1978 ein lebender Buckelwal in den Ostseegewässern vor Rügen mehrfach gesichtet und fotografiert, wie das Museum mitteilte. Der zehn Meter lange Meeressäuger wurde damals auf den Namen "Ossi" getauft. Davor sei die Sichtung eines Buckelwals in der deutschen Ostsee zuletzt 1851 dokumentiert worden. Im Mai 2006 wurde zudem ein Buckelwal in polnischen Gewässern beobachtet. Schon tot war dagegen ein sechs Meter langes und zwei Tonnen schweres Buckelwalbaby, das am 3. Juli 2003 in der Lübecker Bucht entdeckt wurde.

"Falsch abgebogen"

Die Bildkombo zeigt einen zwölf Meter langen Buckelwal, der vor der Küste Rügens vor Kap Arkona gesichtet wurde. (Quelle: dpa)
Von Vogelkundlern aufgenommen: Ein verirrter Buckelwal vor RügenBild: picture-alliance/ dpa

Der jetzt beobachtete Buckelwal muss nach Ansicht von Experten den Rückweg in den Atlantik finden, um zu überleben. Langfristig würde er in der Ostsee nicht genug Nahrung finden, sagt die Stralsunder Walforscherin Anja Gallus. Sie vermutet, dass das fast ausgewachsene Tier bereits Hunger habe. Es sei auf dem Rückweg von den Gewässern am Äquator, wo die Wale jedes Jahr kalben, aber nicht fressen, zu den Fressgebieten in der Arktis gewesen. Auf der Reise ist der Buckelwal vermutlich "falsch abgebogen" und habe sich in die Ostsee verirrt.

"Irrgast" vor Rügen

"Der aktuelle Buckelwal ist wie seine Vorgänger ein Irrgast", schreibt das Museum auf seiner Homepage. Üblicherweise leben die für ihre Gesänge bekannten Kolosse, die zwölf bis 15 Meter lang werden können, in Küstennähe. Buckelwale können 50 Jahre alt und 40 Tonnen schwer werden. Die riesigen Säuger ernähren sich von kleinen Schwarmfischen, auf der Südhalbkugel auch von Krill, also Kleinkrebsen, Schnecken und Plankton. Der weltweite Bestand wird auf 35.000 bis 40.000 Tiere geschätzt.

Die Walforscherin Gallus hält es wegen der geringen Überlebenschancen für Wale in der Ostsee für unwahrscheinlich, dass der neue Buckelwal mit dem vor Polen gesichteten Wal von 2006 identisch ist. Mit Sicherheit ließe sich dies nur anhand der Schwanz- oder der Rückenflossen sagen. Die als Fluke und Finne bezeichneten Körperteile seien bei jedem Buckelwal individuell ausgeprägt. Die besten Chancen, den aktuellen Wal erneut zu sehen, bestehen laut Gallus auf der offenen Ostsee. Der Buckelwal werde kaum so nah an die Küste herankommen, dass er vom Strand aus zu beobachten wäre.

Walmodell in Stralsund

Das Modell eines 26 Meter langen Blauwals schwebt im Ozeaneum Stralsund. Quelle: dpa
Ein Walmodell in Stralsund - hier allerdings ein BlauwalBild: picture-alliance/dpa

Erst zwei Wochen vor der Sichtung des "Irrgastes" war in Stralsund das Ozeaneum eröffnet worden. Das größte deutsche Meeresmuseum beherbergt die weltweit größte Ausstellung mit lebensgroßen und lebensechten Walnachbildungen. In der Ausstellung ist auch eine Buckelwalmutter mit ihrem Kalb zu sehen. (kle)