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Zwei Trainer, ein Job: den HSV retten

Tobias Oelmaier
10. Mai 2018

Christian Titz will das Unmögliche schaffen und den Hamburger SV vor dem Abstieg bewahren. Selbiges soll Bruno Labbadia mit dem VfL Wolfsburg gelingen. Aber der muss sich von den eigenen Fans verspotten lassen.

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Bildkombo Christian Titz Bruno Labbadia
Bild: Imago/Revierfoto//Imago Picture Point LE

Ausgerechnet der 1. FC Köln soll dem HSV nun zur Seite springen. Ausgerechnet jene Kölner, die bis Ende der 90er-Jahre selbst als unabsteigbar galten und inzwischen zu dem Fahrstuhlverein schlechthin geworden sind, die in dieser Saison längst feststehen als nicht erstligatauglich. Und genau diese Kölner müssten nun beim VfL Wolfsburg (Samstag, 15:30 Uhr MESZ im DW-Liveticker) ihren sechsten Saisonsieg feiern, damit der Hamburger SV überhaupt noch eine Chance auf Rang 16 und damit auf die Relegation hat. Und der HSV müsste seinerseits Borussia Mönchengladbach besiegen.

Beides ist nach momentanem Stand der Dinge eher unwahrscheinlich. Und für die Hamburger würde jede andere Konstellation - okay, ein 10:0-Sieg bei einem gleichzeitigen Unentschieden der Wolfsburger ginge auch - den ersten Gang in die 2. Liga in der Bundesliga-Historie bedeuten.

Fußball 1 Bundesliga Eintracht Frankfurt Hamburger SV Titz
Es hätte alles so schön sein können... Hätte der HSV mit Trainer Titz nicht in Frankfurt 0:3 verlorenBild: Imago/Jan Huebner

HSV-Trainer Christian Titz, bis vor wenigen Wochen nur absoluten Fußball-Insidern bekannt, will aber noch nicht aufgeben. "Wir haben uns mit einem Kraftakt die Chance erarbeitet, jetzt müssen wir dranbleiben", hat er als Losung fürs Saisonfinale ausgegeben. In der Tat hatte der Bundesliga-Dino bei Titz´ Amtsübernahme noch scheinbar aussichtslos zurückgelegen.

Dass es überhaupt noch eine theoretische Möglichkeit für den Klassenerhalt gilt, ist auch dem neuen Übungsleiter zu verdanken. Statt auf in solch prekären Situationen bewährte Muster zu setzen, also auf Kämpfen und Rennen, hat er seinen Profis innerhalb kürzester Zeit Spielkultur beigebracht, den Spaß am Fußball zurückgegeben. Zum Training am Himmelfahrtstag kamen über 1500 Neugierige, um Team und Trainer mit Sprechchören und Applaus zu feiern. "Es ist gut, dass die Spieler merken, dass die Menschen an sie glauben. Das tut gut und gibt Selbstvertrauen," freute sich Titz. Wäre da nicht die herbe Niederlage (0:3) in Frankfurt vergangenen Samstag gewesen - hätte sein Team das Glück nun gegen Gladbach selbst in der Hand.

Abstieg mit dem Feuerwehrmann

Wie auch immer die Saison enden möge - mit Abstieg oder der Relegation gegen Holstein Kiel - Titz wird von den Fans anerkannt. Ganz anders sein (indirektes) Gegenüber. Bruna Labbadia, als "Feuerwehrmann"vom VfL Wolfsburg kurzfristig verpflichtet, wird im eigenen Stadion verhöhnt: "Wir steigen ab, wir kommen nie wieder. Wir haben Bruna Labbadia" grölen die VfL-Anhänger in der Kurve. In der Tat wirkt Labbadia, der schon den VfB Stuttgart und den Hamburger SV vor dem Abstieg gerettet hat, bei seiner aktuellen Aufgabe überfordert. Denn da ist nicht nur die schlechte Stimmung auf den Rängen, auch in der Mannschaft herrscht wenig Zusammenhalt.

Der Kader ist für den Angriff auf die internationalen Plätze gemacht, nicht für den Kampf gegen den Abstieg. Und entsprechend hilflos, entsprechend ideenlos und entsprechend mutlos wirken die Profis häufig auf dem Platz. Nicht einmal die Einstellung stimmt. Während beispielsweise der HSV gegen Frankfurt auf insgesamt 119 Lauf-Kilometer kam, waren es bei Wolfsburgs 1:4 in Leipzig deren 107.

Das Resultat: Nur ein Sieg aus den letzten zehn Bundesliga-Partien, Labbadias Punkteschnitt liegt bei trostlosen 0,6 pro Spiel. Damit lässt sich die Klasse nicht halten. Was aber nicht allein an Labbadia liegt. Für die Zusammensetzung der Mannschaft war sein Vor-Vorgänger Andries Jonker zusammen mit dem im April geschassten Sportdirektor Olaf Rebbe verantwortlich. Als Jonker nach nur vier Spielen gehen musste, ritt Martin Schmidt als dessen Nachfolger den VfL noch tiefer in den Keller. Und als dann Labbadia übernahm, war es wahrscheinlich schon zu spät für einen Neuanfang mit altem Personal.

"Wir haben nur dieses eine Spiel. Es geht jetzt darum, wie wir mit dem Druck zurechtkommen", richtet Labbadia den Fokus auf die Partie gegen den 1. FC Köln. Dass man bei einem Sieg und einer Freiburger Niederlage gegen Augsburg sogar noch auf Platz 15 springen könnte und damit sogar die Relegationsspiele vermeiden würde, daran denkt in Wolfsburg ohnehin niemand mehr.

Labbadia im Interessenkonflikt?

Labbadia war übrigens Mitte der 90er-Jahre Spieler bei den Kölnern. Viele Kontakte aus dieser Zeit dürfte er nicht mehr haben. Zum HSV dagegen schon. Dort hatte er nicht nur als Profi in jungen Jahren auf dem Platz gestanden, dort war er, wie erwähnt, auch als Trainer tätig. Zweimal, einmal davon äußerst erfolgreich, als er die Hamburger scheinbar hoffnungslos auf dem letzten Tabellenplatz übernahm und zum Klassenerhalt führte.

Auch dafür muss er sich jetzt verspotten lassen. Im Netz kursiert eine Fotomontage. Darauf zu sehen: Labbadia, offenbar als Kandidat bei einer Fernsehshow. Darunter eine Frage und vier Antwortmöglichkeiten. Die Frage: "Warum sind sie Trainer beim VfL Wolfsburg geworden? Die Antwortmöglichkeiten: "A: Klasse halten", B: "HSV retten",  C: "Posten war frei", D: "Längerfristig binden" - Orange unterlegt: Antwort B - den HSV retten.