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Zwischen Kommerz und Propaganda - Meinungsfreiheit in China

Kerstin Lohse (MDR)3. Mai 2002

Die staatliche Kontrolle in China ist groß. Dennoch werden auch westliche Medienunternehmen auf den chinesischen Fernsehmärkten zugelassen. Eine Verbesserung für die Meinungsfreiheit?

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Kalte Fronten: In China arbeiten Journalisten unter politischem DruckBild: AP

Chinas Medien geraten immer stärker unter Druck. In den letzten Monaten häuften sich die Fälle, in denen Radio, Fernsehen und Presse zunächst Skandale und Katastrophen vertuschten, wenige Tage später dann plötzlich ausführlich darüber berichteten. Allerdings erst nachdem in ausländischen Medien oder im Internet eine andere Version zu lesen war oder sich die Opfer zu Wort gemeldet hatten. So zum Beispiel beim Aids-Skandal von Henan, bei dem sich Tausende von Bauern durch Blutspenden mit HIV infiziert hatten.

Gleichschaltung der Medien

Chinas Regierung wacht nach wie vor wie ein Schießhund über ihr Nachrichtenmonopol. Radio, Fernsehen und Presse sind gleichgeschaltet und haben sich an die Vorgaben der staatlichen Propaganda-Abteilung zu halten. Die Kunst, in China als Journalist zu arbeiten, besteht deshalb darin, auf der jeweils politisch akzeptierten Welle zu reiten. Aber wehe man verpasst den Zeitpunkt, wenn der Wind sich dreht. Im vergangenen Jahr hat manchen Redakteur und Reporter zuviel Courage die Stellung - schlimmstenfalls sogar die Freiheit gekostet.

Hoffnung durch Volksbegehren

Der Shanghaier Journalist Wang Lei befürchtet, dass die Pressezensur vor dem 16. Parteitag im Herbst diesen Jahres weiter verstärkt wird. Aber zugleich ist Lei der Ansicht, dass sich die Lage langfristig verbessert. Die Leute setzen sich zunehmend dafür ein, die Dinge zu erfahren, die sie interessieren. Und umgekehrt gibt es auch in den Redaktionen immer mehr Journalisten, die den Leuten erzählen wollen, was sie wissen möchten. Alles in allem ist es also nicht so sehr die Frage, was die Partei oder die Regierung will, sondern wie sich die chinesische Gesellschaft verhält.

Westliche Medien fassen Fuß

Medienunternehmer aus aller Welt hatten sich von Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation im Dezember 2001 Zugang zum abgeschirmten Unterhaltungsmarkt der Volksrepublik und damit dem größten Fernsehpublikum der Welt erhofft. Tatsächlich ist es den Unternehmen AOL-Time Warner, dem Hongkonger Fernsehsender Phoenix und Rupert Murdochs News Corporation gelungen, eine TV-Lizenz zu erhalten. Und obwohl diese drei Pilotprojekte zunächst auf die südchinesische Provinz Guangdong beschränkt sind, sprechen Medienmacher von einem Durchbruch.

Welche Interessen verfolgt China?

Sun Qizeng, Berater der amerikanischen Medienfirma Encore, vermutet gezielte Interessen hinter Pekings Entscheidung. Die chinesische Führung habe sich bereits in vielerlei Hinsicht um eine Reform des Mediensektors bemüht. Aber nur nach dem alter Muster der Planwirtschaft funktioniere das natürlich nicht. Im Bereich der Ausbildung gäbe es bereits einige Projekte, erklärt Quizeng. Die US-Firmen Encore, Murdoch und AOL engagierten sich in diesem Bereich. China muss Erfahrungen machen, und China braucht Geld für diese Reform. Wenn das Pilotprojekt Guangdong ein Erfolg wird, dann besteht die Aussicht, dass diese Erfahrungen in größerem Maßstab umgesetzt werden. Wenn das Projekt scheitert, meint Quizeng, dann werde man andere Wege suchen.

Westliche Medienformate

Von Quizshows, Musik- und Kochsendungen über Blockbuster-Streifen hin zur chinesischen Variante der David Latterman-Show bietet Rupert Murdoch auf seinem Kanal täglich 24 Stunden lang fast alles auf, was die Entertainment-Branche zu bieten hat. Nachrichten oder politische Programme sind zur Zeit dagegen nicht geplant. Die Medienunternehmer haben sich so lange um eine Lizenz bemüht, dass sie diese nicht gleich wieder verspielen wollen. Sie wissen nur zu gut, dass Peking keinen Spass versteht, wenn es um Kritik an Partei und Regierung geht. Das wurde erst diese Woche wieder deutlich, als der Pekinger Büroleiter der Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post wegen seiner China-kritischen Haltung entlassen wurde.