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Öl-Import aus Russland teils gestoppt

Klaus Ulrich mit Agenturen
26. April 2019

Gibt es in Ostdeutschland einen Engpass bei der Ölversorgung? Wegen Problemen mit der Qualität hat Russland Öllieferungen an Deutschland und andere Länder teilweise gestoppt. Als Folge stieg bereits der Ölpreis.

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Deutschland Leuna Raffinerie
Die Raffinerie Leuna in Sachsen-Anhalt verarbeitet Öl aus RusslandBild: picture-alliance/dpa/W. Grubitzsch

Die Versorgung mit Öl sei gesichert, Reserven müssen nicht angezapft werden, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am Donnerstag in Berlin. "Die Lager sind gut gefüllt. Wir sind entspannt." Der Mineralölverband MWV gab ebenfalls Entwarnung, denn in Raffinerien in Schwedt an der Oder und in Leuna lagern Ölreserven in Tanks für mehrere Tage, über die Häfen Danzig und Rostock könnten zusätzliche Ölmengen importiert werden. "Die Situation ist aus unserer Sicht nicht dramatisch, da, erstens, kein verunreinigtes Öl nach Deutschland gelangt ist, es also keine technischen Probleme bei den Raffinerien gibt", sagt Alexander von Gersdorff vom MWV gegenüber der DW. Vor zwölf Jahren, 2007, habe die Pipeline schon einmal kurzfristig geschlossen werden müssen. "Auch dieser Vorfall wurde schadlos überstanden." 

Der Rohölpreis stieg dennoch auf den höchsten Stand in diesem Jahr. Polen hatte am Mittwochabend den Import über die Druschba ("Freundschaft")-Pipeline gestoppt, da Raffinerien das Öl nicht verarbeiten können. nachdem starke Verunreinigungen mit Chloriden nachgewiesen worden waren. Der zulässige Wert sei um mehr als das Dreißigfache übertroffen worden. Öl in dieser Qualität könne von den Raffinerien nicht mehr problemlos verarbeitet werden.

Die Druschba-Pipeline läuft durch Weißrussland, Polen und bis ins brandenburgische Schwedt. Offenbar hat ein noch unbekannter russischer Produzent Öl mit überhöhten Mengen an organischem Chlorid eingespeist. Vize-Ministerpräsident Dimitri Kosak kündigte eine Wiederaufnahme der Lieferung für Montag an. In der weißrussischen Hauptstadt Minsk soll auf einem Treffen der beteiligten Firmen geklärt werden, ob es bis dahin wirklich zu einer Wiederaufnahme der Lieferungen kommen kann. 

Gut ein Drittel des russischen Öls geht nach Deutschland

Die Sprecherin der PCK Raffinerie Schwedt, Vica Fajnor, erklärte gegenüber DW, man könne "mit unseren Vorräten auch vorerst weiterproduzieren", zumal die Anlage auf Grund von planmäßigen Reparaturarbeiten nicht auf voller Last laufe. "Wir haben außerdem die Möglichkeit, Rohöl auch über den Seehafen in Rostock zu bekommen, von dem eine Pipeline zu uns führt." Um die Wirkung des Chlorids zu minimieren, wasche man "üblicherweise" die anorganischen Chloride aus und mische zusätzlich Ammoniakwasser bei. ""Natürlich kann man das Rohöl immer auch mit sauberem Öl verdünnen, wir nennen das 'Blenden'". 

Russland - Druschba - Öl-Pipeline
Teil der Druschba Öl-PipelineBild: picture-alliance/dpa/ITAR-TASS/A. Saverkin

Deutschland bezieht etwa 36 Prozent seines Rohöls aus Russland, einen großen Teil davon über die Pipeline Druschba. Diese verzweigt sich in Weißrussland und versorgt über einen südlicheren Strang auch die Slowakei, Ungarn und Tschechien. Unklar blieb zunächst, inwieweit dies Länder vom Stop betroffen waren. Alexander von Gersdorff vom MWV verweist für Deutschland auf weitere Wege, auf denen Öl zu den Produktionsstandorten gelangt: "Neben der Druschba-Pipeline aus Russland über Weißrussland und Polen führt die Ölpipeline aus Rotterdam in den Westen beispielsweise nach Köln und Gelsenkirchen sowie  die TAL-Pipeline aus Triest in Italien, die den Süden und Südwesten Deutschlands versorgt, unter anderem die Raffinerien in Ingolstadt und Karlsruhe. Dort läuft die Ölversorgung regulär weiter."

Eine Annahme-Verweigerung ist in der Branche äußerst selten. Händler sagten, der letzte Fall mit einer Verunreinigung von russischem Öl liege rund zehn Jahre zurück. Sie schließen nicht aus, dass Käufer aus dem Westen nun von russischer Seite Schadenersatz verlangen könnten. Durch die Röhre können pro Tag bis zu knapp 160 Millionen Liter Öl fließen. Das entspricht einem Prozent der weltweiten Nachfrage.

Schon Ende vergangener Woche hatte der staatliche weißrussische Ölkonzern Belneftechim über einen "abrupten Qualitätsabfall" des aus Russland stammenden Öls geklagt. Russland und Weißrussland streiten seit Monaten über den Tarif für den Öltransport.