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Kommentar: Merkel/Gabriel - ermüdend!

Marcel Fürstenau 29 de agosto de 2016

Die Kanzlerin und ihr Stellvertreter streiten sich im TV mal wieder über die Flüchtlingskrise. Das nervt. Bei einem anderen Thema spricht der SPD-Chef dafür Klartext. Das war's aber auch schon, bedauert Marcel Fürstenau.

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Deutschland Kabinettsklausur Meseberg Sigmar Gabriel und Angela Merkel
Imagen: Reuters/H. Hanschke

Es waren zwei getrennt geführte Interviews in zwei verschiedenen TV-Sendern. Ausgestrahlt am Sonntagabend. Wer wollte, konnte sie sich innerhalb einer Stunde nacheinander anschauen. Zunächst Bundeskanzlerin Angela Merkel in der ARD, kurz danach Vizekanzler Sigmar Gabriel im ZDF. Die Themenpalette war zwar recht ähnlich, aber erwartungsgemäß ging es vor allem um die Flüchtlingskrise. Und dabei erweckten die beiden den Eindruck, seit Beginn dieser historischen Herausforderung vor einem Jahr mehr gegeneinander als miteinander regiert zu haben.

Bei SPD-Chef Gabriel klang das so: Es reiche nicht, wie Merkel ständig zu sagen: "Wir schaffen das." CDU-Chefin Merkel hingegen wollte sich nicht daran beteiligen, "zu sagen, wer hat wo mehr Bedenken gehabt". Ein ziemlich kleinkarierter Streit war das wieder einmal, den die beiden führenden Politiker des Landes dem Publikum darboten. Und ob sie es wahr haben wollen oder nicht: Sie bestärken damit jene in ihrer Überzeugung, die das schwarz-rote Regierungsbündnis nur als zerstrittenen Haufen wahrnehmen.

Interviews? Vorgezogener Wahlkampf!

Kurz vor den Wahlen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (4. September) und im Stadtstaat Berlin (18. September) wird sich darüber insbesondere die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) freuen. Die ist zwar intern noch viel zerstrittener als es Sozialdemokraten und die Unionsparteien CDU/CSU sind, sie profitiert aber vom Protestpartei-Bonus. Der wird auch 2017 groß genug sein, um in den Bundestag einzuziehen. Das wissen natürlich auch Merkel und Gabriel, die sich auf ein Parlament mit fünf oder gar sechs Fraktionen einstellen müssen. Denn auch ein Comeback der Freien Demokraten (FDP) zeichnet sich ab.

Kommentarfoto Marcel Fürstenau Hauptstadtstudio
DW-Hauptstadtkorrespondent Marcel FürstenauImagen: DW/S. Eichberg

Und weil das so ist und man sich gegenseitig nur noch mit Mühe erträgt, grenzt sich das deutsche Führungsduo Merkel/Gabriel immer stärker voneinander ab. Das ist nichts anderes als vorgezogener Wahlkampf in denkbar schwierigen und komplizierten Zeiten. Denn neben der Flüchtlingskrise gibt es ja noch eine um ihre Zukunft ringende Europäische Union (EU). Deren Fliehkräfte sind nach dem Ausstiegsvotum der Briten noch stärker geworden. In einer solchen Gemengelage wäre es besonders hilfreich, wenn wenigstens Deutschlands politische Elite Einigkeit demonstrieren würde. Doch davon ist weit und breit nichts zu sehen.

Gabriels TTIP-Satz ist ein Befreiungsschlag

Das gilt auch für ein anderes Riesenthema: die seit langem verhandelten, aber immer noch nicht abgeschlossen Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP). Merkel war immer dafür, Gabriel schien es selbst nicht genau zu wissen. Als Wirtschaftsminister der größten europäischen und stark exportorientierten Volkswirtschaft war er qua Amt dafür, wirkte dabei aber nie überzeugend. Ob das nur an seinen vielen kritischen bis ablehnenden SPD-Genossen lag, sei dahin gestellt. Im ZDF-Sommerinterview hat Gabriel seinen Eiertanz nun beendet: TTIP sei "de facto gescheitert." Na endlich! Nun wissen alle, woran sie sind.

Ob seine klare Ansage parteitaktisches Kalkül ist oder Einsicht aus Überzeugung, sei dahingestellt. Bei einem so weitreichenden Thema, das von Beginn an erkennbar ein Transparent- und Demokratie-Defizit hatte, ist Gabriels Schritt zu begrüßen. Für sein Verhältnis zu Merkel bedeutet es aber natürlich eine zusätzliche Belastung. Angesichts der ohnehin schon kleinen Schnittmenge an politischen Gemeinsamkeiten, dürfte aber auch das zu verkraften sein. Ihr letztes Jahr als Koalitionspartner werden die Kanzlerin und ihr Stellvertreter auch noch irgendwie rumbekommen. Ob sie 2017 für ihre Parteien als Kanzlerkandidaten ins Rennen gehen werden, ließen Merkel und Gabriel indes offen. Wenigstens bei dieser Frage waren sie sich einig.