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Banker beschließen Boni-Bremse

11. Dezember 2009

Einige EU-Staaten wollen gegen Bonuszahlungen für Banker vorgehen. In Deutschland reagieren die Top-Banker jetzt selber: Die großen Institute haben sich schärfere Bonusregeln gegeben.

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Protest gegen Bankerboni in den USA (Foto: AP)
In den vergangenen Monaten gab es weltweit Proteste gegen Banker-BoniBild: AP

Während noch unklar ist, wie es im Bankensektor weitergeht, belohnen die Finanzhäuser wieder ihre Mitarbeiter. Die 23 größten US-Banken wollen 140 Milliarden Dollar an Vergütungen, Boni und Optionen zahlen. 23 Milliarden mehr als 2008, aber auch 10 Milliarden mehr als 2007 vor der Krise. Doch in Europa bläst den Spitzen-Managern der Banken ein scharfer Wind entgegen. Die großen EU-Staaten Großbritannien und Frankreich wollen die Führungskräfte über eine Sondersteuer auf ihre Jahresboni an den Kosten der Finanzkrise beteiligen.

Merkel legt sich nicht fest

Merkel im Portrait (Foto: AP)
Merkel nennt Englands Vorschlag eine "charmante Idee"Bild: AP

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy unterstützte den britischen Premierminister Gordon Brown dabei, der das Thema auf dem EU-Gipfel in Brüssel zur Diskussion zu stellte. Auch der Luxemburger Ministerpräsident Jean-Claude Juncker und der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann begrüßten den Vorschlag: Die britische Regierung beansprucht künftig von Boni oberhalb 25 000 Pfund (27 500 Euro) die Hälfte für den Staat. Er wolle so das Geld von mit Staatshilfe durch die Krise gepäppelten Banken für die Steuerzahler zurückholen, erklärte Schatzkanzler Alistair Darling. Eingezogen wird die Boni-Steuer nicht von den einzelnen Managern, sondern von den Banken.

Und in Deutschland? Bundeskanzlerin Angela Merkel legte sich für Deutschland nicht fest, nannte dies für den Finanzplatz London aber eine "charmante Idee". Bislang stemmte sich die Finanzbranche vehement gegen die Abzüge und warnte vor Wettbewerbsverzerrungen bei national unterschiedlichen Regeln. Doch jetzt überraschen die Banker mit einer Kehrtwende: Die großen deutschen Banken und Versicherungen wollen schon in diesem Jahr ihre Manager-Vergütungen an langfristigen Unternehmenserfolg ausrichten und damit Fehlentwicklungen verhindern.

Ackermann erklärt Selbstverpflichtung

Ackermann mit Firmenlogo (Foto: AP)
Josef Ackermann hat die Selbstverpflichtung ebenfalls unterzeichnetBild: AP

Das teilte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bei einem Treffen der Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) in Berlin mit. Eine entsprechende Selbstverpflichtung sei von allen Großbanken sowie Versicherern unterzeichnet worden. Diese hätten sich schriftlich verpflichtet, die Bonus-Vorgaben der führenden Volkswirtschaften (G20) umzusetzen. Die Änderung soll freiwillig bereits für das Geschäftsjahr 2009 gelten. "Unsere Vergütungssysteme werden so ausgestaltet, dass sie unsere auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmensziele noch stärker unterstützen", heißt es in der Erklärung.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble begrüßte die Selbstverpflichtung der Banken, nachdem der CDU-Politiker die Initiative angeregt hatte. "Wir brauchen die Nachhaltigkeit in den Vergütungsstrukturen", unterstrich er. Er sei dankbar, dass die deutsche Finanzbranche hier die Initiative übernommen habe und schon für 2009 handle. Die ergänzenden staatlichen Schritte würden im kommenden Jahr folgen. Er verwies aber darauf, dass wie bei den vielen Regulierungen auch auf diesem Felde gelte, dass man gemeinsam auf internationaler Basis handeln müsse, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. "Man muss auch darauf achten, dass wir den Wettbewerb nicht außer Acht lassen", sagte er.

Uneinigkeit bei den Parteien

Schäuble im Gespräch mit Merkel (Foto: AP)
Bundesfinanzminister Schäuble begrüßt die Selbstverpflichtung der Top-BankerBild: AP

Schäuble machte zudem deutlich, dass es in erster Linie Sache der Finanzwirtschaft selbst sei, den Verbriefungsmarkt wieder attraktiver zu machen. Der Staat könne dazu allenfalls einen kleinen Beitrag leisten. Insgesamt herrscht in bei den deutschen Parteien Uneinigkeit über die britischen und französischen Steuerpläne für Bonuszahlungen an Bankmanager. So sprach der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Leo Dautzenberg, von einer Strafsteuer für Banker. Es sei zwar nachvollziehbar, dass die britische Regierung mit der Regelung auf die Verärgerung in der Bevölkerung über hohe Banker-Boni reagiere. "Ich halte Sondersteuern für bestimmte Berufsgruppen aber für den falschen Ansatz", sagte Dautzenberg. Er verwies darauf, dass die Große Koalition mit einer Gesetzesänderung für mehr Transparenz bei den Vorstandsvergütungen gesorgt habe. Bei Misserfolgen müssen Manager mit ihrer variablen Vergütung haften.

Joachim Poss, Finanzpolitischer Sprecher der SPD, sprach mit Blick auf die britische Steuer von einem guten Anstoß zur Eindämmung der Exzesse bei Banker-Bonuszahlungen. Es sei aber neben der Steuer ein ganzes Bündel von Maßnahmen wie die Verschärfung der Aufsicht erforderlich. "Mal ehrlich: Das ganze Boni-System ist doch pervers", charakterisierte Poss am Freitag (12.12.2009) die Bonuszahlungen. "Welche sonstige Berufsgruppe neben den Bankern kommt denn auf die Idee, sich selbst künstlich noch mehr Geld zu geben?"

HSH-Banker können wieder Boni bekommen

Banker krempelt an seinem Hemd (Foto: DW)
Die Banker geraten wegen ihrer Bonuszahlungen europaweit unter DruckBild: picture-alliance/dpa/DW-Montage

Hohe Bonuszahlungen, die das Eingehen großer Risiken für kurzfristige Gewinne belohnten, gelten neben lückenhafter Regulierung und Fehlern bei der Bankenaufsicht als Ursachen der schlimmsten Finanzkrise seit Jahrzehnten. Nach den milliardenschweren Staatshilfen sind die Regierungschefs auf der Suche nach einem Weg, die Privatbanken als Mitverursacher an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligten. Großbritannien brachte als erstes Land eine Sondersteuer auf den Weg. Dass einige Banker selbst in der Wirtschafts- und Bankenkrise weiter Boni einstreichen möchten, zeigen jüngste Entwicklungen bei der krisengeschüttelten Landesbank HSH Nordbank: Sie kann neue Topmanager trotz verheerender Bilanzen im vergangenen Jahr mit höheren Vergütungen werben. Der schwarz-grüne Hamburger Senat akzeptierte ein vom Aufsichtsrat der staatlich gestützten Landesbank vorgeschlagenes Gehaltsmodell. Der Landtag des finanziell angeschlagenen Bundeslandes Schleswig-Holstein hatte mit den Stimmen von CDU und FDP kürzlich bereits entschieden, neuen HSH-Managern Zusatzvergütungen zu ermöglichen.

Und nicht nur Banker kassierten in den vergangenen Jahren Boni: Aufsichtsräte großer deutscher Konzerne müssen sich wegen der Rezession auf deutlich geringere Vergütungen einstellen. 2009 dürften die Firmenkontrolleure bis zu 50 Prozent weniger verdienen, sagte der Hauptgeschäftsführer der Aktionärsvereinigung DSW, Ulrich Hocker, in Berlin. Vor allem bei der variablen und damit am Unternehmenserfolg gekoppelten Komponente werde es deutliche Abstriche geben. Im vergangenen Jahr kassierten die Aufsichtsräte der 30 Dax-Unternehmen laut DSW rund 62,4 Millionen Euro und damit etwa 7,5 Prozent weniger als 2007. Für ein einfaches Aufsichtsmandat - ohne die Beteiligung in Ausschüssen - wurde in Dax-Konzernen im vorigen Jahr durchschnittlich 85 000 Euro gezahlt, Aufsichtsratschefs erhielten 260 000 Euro.

Autor: Marcus Bölz (mit dpa, Reuters)

Redaktion: Dirk Eckert

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