1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Belastungsprobe für die Irak-Allianz

Daniel Scheschkewitz, Washington DC16. Juli 2004

Die Philippinen haben mit dem Abzug ihrer Aufbauhelfer aus dem Irak begonnen - trotz Kritik seitens der USA. Aber die Philippinen sind nicht die einzigen. Wer bleibt und wer zieht ab aus dem Irak?

https://p.dw.com/p/5K2j
Rückzug im großen Stil?Bild: AP

Die Entscheidung der philippinischen Regierung von Mitte Juli 2004, vorzeitig aus dem Irak abzuziehen, hat die USA enttäuscht. Besonders, weil die Entscheidung ganz offensichtlich unter dem Eindruck einer erpresserischen Geiselnahme zustande kam. Doch auch andere Staaten erwägen einen vorzeitigen Abzug ihrer Einheiten aus dem Irak bevor der Machtransfer mit der Ausrichtung von allgemeinen Wahlen im Jahr 2005 abgeschlossen ist. Die militärische Koalition gerät angesichts immer neuer Geiselnahmen und der anhaltenden prekären Sicherheitslage ins Wanken.

Wer bleibt?

Mit ihren 51 Soldaten fallen die Phillippinen zwar nicht besonders ins Gewicht, dennoch hat der Rückzug symbolische Bedeutung, besonders zu einem Zeitpunkt, da die USA die Zahl der Truppen aus anderen Ländern lieber erhöht als verringert sehen möchte. Vier Länder - Spanien, Nicaragua, Honduras und die Dominikanische Republik - haben ihre Truppen bereits aus dem Irak zurückgezogen.

Derzeit haben zusammen mit den USA 32 Nationen kleinere und größere militärische Kontingente im Irak stationiert. Neben den 140.000 US-Soldaten sind es vor allem Großbritannien (7500), Italien (3120), die Ukraine (1650) und die Niederlande (1400), die zur Zeit nennenswerte Beiträge zur multinationalen Einsatz-Truppe leisten. Insgesamt sind neben den USA rund 22.000 Soldaten anderer Staaten gegenwärtig im Irak vertreten, in einer Koalition, deren Zusammenhalt durchaus fragil ist.

Für die USA ist die Entscheidung aus Manila vor allem deswegen schmerzhaft, weil sie als Reaktion auf eine terroristische Geiselnahme erfolgte. Aus Sicht Washingtons ein politisch höchst bedenkliches Vorgehen. "Wir meinen, ein Abzug sendet das falsche Signal. Es ist wichtig, dass man gegenüber den Terroristen standhaft bleibt und ihnen nicht erlaubt, unser Verhalten zu ändern", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher.

Rückzug angeordnet

Weniger augenfällig als die Philippinen haben aber auch schon andere Staaten die Konsequenzen aus der anhaltend chaotischen Sicherheitslage im Irak gezogen. Drei weitere Staaten - Thailand, Norwegen und Neuseeland - haben ihren endgültigen Abzug angekündigt. Norwegen hat im Juni 2004 seine 155 Ingenieure der Armee aus dem Irak abgezogen und nur noch 15 Militärs im Land belassen, die bei der von der NATO geleiteten Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte helfen sollen.

Thailand will bis Ende September 2004 seine mehr als 450 Soldaten aus dem Irak abziehen und auch die neuseeländische Regierung hat die Verringerung ihres militärischen Personals bis zum Herbst geplant. Die Niederlande wollen nach der ersten von drei für das
Jahr 2005 geplanten Wahlen im Irak ihre Truppen im Frühjahr 2005 abziehen.

Der erste Rückschlag für die Irak-Koalition kam im Frühjahr 2004, als die neue spanische Regierung unter Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero den Rückzug ihrer 1300 Streitkräfte aus dem Irak ankündigte. Besonders fatal war diese Entscheidung aus Sicht Washingtons vor allem deshalb, weil sie zeitnah zu dem verheerenden Terroranschlag in der Hauptstadt Madrid erfolgte, zu dem sich islamistische Terroristen aus dem El-Kaida-Netzwerk bekannt hatten.

Den Spaniern folgten die lateinamerikanischen Staaten Honduras und El Salvador. In Washington befürchtet man nun, dass das philippinische Beispiel Schule machen könnte. Denn immer wieder fallen ausländische Staatsbürger - von Staaten die im Irak Truppen stellen - in die Hände von Terroristen.

Bleiben wird belohnt

Als besonders standfest haben sich Washingtons Koalitionäre in Südost- und Osteuropa erwiesen. Bei den Botschaften von Staaten wie Mazedonien oder Aserbaidschan verweist man darauf, dass diese Länder selber erst unlängst in den Genuss von friedenschaffenden Maßnahmen der internationalen Staatengemeinschaft gekommen seien. Doch dies dürfte nicht das einzige Motiv für die Bündnistreue im Irak sein.

Nach einem Bericht der US-Zeitung "Washington Post" gibt es im Verteidigungsministerium der USA eine Farbtafel für die Koalitionstruppen im Irak. In Rot sind jene Länder markiert, die Truppen abziehen. In gelb die Staaten, die einen Abzug in Erwägung ziehen und grün jene, die bleiben wollen. Noch ist die Farbskala ausgewogen. Denn es gibt auch Staaten - wie Australien oder Albanien - die ihr Kontingent in absehbarer Zeit erhöhen wollen.

Ein solches Verhalten wird von der Regierung George W. Bushs mit Wohlgefallen bedacht. Vom Präsidenten El Salvadors bis zum Staatschef der Mongolei: Im Weißen Haus geben sich die Truppensteller aus sonst eher unbedeutenden Staaten in diesen Tagen die Klinke in die Hand. Nur für die philippinische Präsidentin Gloria Arroyo, die noch 2003 mit viel Pomp von Bush empfangen wurde, wird man wohl den roten Teppich nicht so schnell wieder ausrollen.