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Brüderle sagt nichts

28. Januar 2013

Trotz des öffentlichen Drucks will sich FDP-Fraktionschef Brüderle nicht zu den Sexismus-Vorwürfen äußern. Die Parteiführung der Freien Demokraten stellt sich demonstrativ hinter ihren Spitzenmann.

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Rainer Brüderle (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

"Rainer Brüderle hat beschlossen, dass er die Sache nicht kommentiert, und wir unterstützen ihn darin", sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring nach einer Präsidiumssitzung in Berlin. Die Parteispitze werde Brüderle als Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst weiter "aus vollem Herzen und voller Überzeugung" unterstützen, sagte Döring.

Die Journalistin Laura Himmelreich des Magazins "Stern" hatte Brüderle in der vergangenen Woche in einem Artikel vorgeworfen, vor gut einem Jahr an einer Hotelbar anzüglich geworden zu sein. So soll er ihr auf den Busen geschaut und gesagt haben: "Sie könnten ein Dirndl auch ausfüllen." Der Bericht hatte in Medien und in Internet-Foren eine breite Debatte über Sexismus in der Gesellschaft ausgelöst. Laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Emnid fordern neun von zehn Befragten eine Entschuldigung von Brüderle. 45 Prozent halten sogar einen Rücktritt für angemessen.

Sexismus-Vorwürfe gegen Brüderle

Döring warf dem "Stern" vor, bewusst ein "Zerrbild" von Brüderle gezeichnet zu haben, um ihm zu schaden. Brüderle sei ein "charmanter, fähiger und honoriger Kopf", der seit Jahrzehnten dem Land in verschiedenen Ämtern diene. Das Magazin habe billigend in Kauf genommen, dass auch Brüderles Ehefrau "brutalstmöglich" hineingezogen worden sei.

Zur Begründung für das Schweigen des Fraktionschefs sagte Döring, nur weil eine Seite ihre Befindlichkeit zum Ausdruck gebracht habe, müsse Brüderle dies nicht auch tun. Verabredet sei, dass auch Parteichef Philipp Rösler sich nicht dazu äußern werde, denn die FDP-Spitze wolle die Debatte nicht beleben. Seines Wissens plane Brüderle auch keine Klärung mit Himmelreich unter vier Augen, sagte Döring.

"Stern"-Chefredakteur Thomas Osterkorn sagte am Sonntagabend (27.01.2013) in der Fernseh-Talkshow "Günther Jauch", Himmelreich habe Brüderle im Laufe eines Jahres immer wieder begleitet, beobachtet und mit ihm gesprochen. Dabei habe er bei jeder Begegnung ähnliche Bemerkungen gemacht und sich gegenüber Frauen mit Anzüglichkeiten hervorgetan. Dies habe bei der Journalistin zu einem Bild geführt, "dass dieser Mann wirklich ein Problem in der Art des Umgangs mit Frauen hat".

Frauen melden vermehrt Vorfälle

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verzeichnet angesichts der aktuellen Sexismus-Debatte seit Ende vergangener Woche einen deutlichen Anstieg an gemeldeten Vorfällen. "Offensichtlich fühlen sich mehr Frauen ermutigt, über Erfahrungen mit sexueller Belästigung zu sprechen", sagte die Leiterin der Stelle, Christine Lüders, der Zeitung "Die Welt": "Das zeigt, dass es sehr wichtig ist, Themen wie Diskriminierungen am Arbeitsplatz breit zu diskutieren." Dem "Mitteldeutschen Rundfunk" sagte Lüders, aus Studien wisse man, dass sich jede zweite Frau schon mal sexuell belästigt gefühlt habe. Sie meldeten sich aber nicht, weil sie Angst um ihren Job hätten.

wl/gd (dpa, rtr, afp, epd)