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Brown kämpft ums politische Überleben

6. Juni 2009

Nach mehreren Ministerrücktritten ist die Regierungsfähigkeit des britischen Kabinetts in Frage gestellt. Seinen eigenen Rücktritt lehnte Premierminister Gordon Brown auf einer Pressekonferenz jedoch ab.

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Gordon Brwon (Foto: AP)
Bild: AP

Gordon Brown ist den Rücktrittswünschen, die zum Teil auch aus seiner eigenen Partei gekommen sind, nicht nachgekommen. Nach den Rücktritten einiger Minister entschloss er sich lediglich zu einer Kabinettsumbildung. Nachdem Verkehrsminister Geoff Hoon am Freitagnachmittag (05.06.2009) als fünfter Minister innerhalb von vier Tagen seinen Rücktritt erklärt hatte, trat der Premierminister kurz darauf vor die Presse. Mit bleichem Gesicht wiederholte er gebetsmühlenartig "der richtige Mann für den Job zu sein." Aber genau das bezweifeln immer mehr Briten - sehr zur Freude der konservativen Opposition, die in den Umfragen weit vorne liegt. Während die Rücktrittswelle eher der Flucht von einem sinkenden Schiff gleicht, will der Premierminister nun mit einer neuen Mannschaft die kommende Wahl gewinnen. Aber er konnte sich bei der Neubesetzung der Ministerposten nicht in allen Fällen durchsetzen.

Kabinettsumbildung

Alistair Darling bleibt als Finanzminster im Amt, obwohl Gordon Brown ihn lieber auf einem anderen Posten gesehen hätte. (Foto: AP)
Alistair Darling: alter und neuer Finanzminister im Kabinett von Gordon BrownBild: AP

Finanzminister Alistair Darling bleibt ebenso im Amt wie Außenminister David Miliband, Justizminister Jack Straw und Handelsminister Peter Mandelson. Der bisherige Staatssekretär für die Streitkräfte, Bob Ainsworth, wird neuer Verteidigungsminister. Der bisherige Gesundheitsminister Alan Johnson übernimmt das Innenressort, als Gesundheitsminister folgt ihm Andy Burnham. Neue Arbeitsministerin ist Yvette Cooper, Minister für Regionen wird John Debham.

Insgesamt zeigt diese Kabinettsumbildung eher die Schwäche des Premierministers als eine Aufbruchstimmung. Besonders der Verbleib von Alistair Darling im Amt des Schatzkanzlers gilt als Schlappe für Brown, der Darling eigentlich in ein anderes Amt versetzen wollte.

Innerparteiliche Opposition

Portrait des britischen Premierministers Gordon Brown (Foto AP)
"Ich werde meinen Job weitermachen", sagt Gordon BrownBild: AP

Brown ist trotz der Kabinettsumbildung weiter in die Defensive geraten. Auch in seiner Partei gibt es weiterhin Stimmen, die sich für seinen Rücktritt aussprechen. Seinen parteiinternen Kritikern hält Brown entgegen: "Wenn ich nicht wüsste, der richtige Mann zu sein, würde ich nicht hier stehen."

Zuvor waren Verteidigungsminister John Hutton und Arbeitsminister James Purnell zurückgetreten. Dabei hatte Purnell, der wie Hutton innerhalb der Labour-Partei dem Lager des ehemaligen Premiers Tony Blair zugerechnet wird, mit heftiger Kritik am Premierminister nicht gespart und ihn zum Rücktritt aufgefordert. Sollte Brown weiter regieren, wäre dies für Großbritannien "desaströs", erklärte Purnell in einem offenen Brief, der von den Zeitungen "The Times" und "The Sun" veröffentlicht wurde.

Um der Labour-Partei eine echte Chance gegen den konservativen Herausforderer David Cameron zu eröffnen, müsse die Partei mit einem anderen Spitzenkandidaten ins Rennen gehen. Nach der heutigen Pressekonferenz sieht es allerdings danach aus, dass Brown sich dem Wählervotum bei der kommenden Parlamentswahl stellen will. Statt eines Rücktritts soll eine neue Mannschaft an seiner Seite die Labour-Partei aus schlechten Umfragewerten herausführen.

Wahlschlappe

Parteichef der britischen Konservativen: David Cameron.(Foto AP)
Freut sich auf Neuwahlen: David Cameron, Parteichef der britischen KonservativenBild: AP

Am Donnerstag waren in England sowohl Wahlen für die Kommunalparlamente als auch die Wahl für das Europaparlament durchgeführt worden. Auch wenn die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht worden sind, lassen Befragungen nach der Wahl den Schluss zu, dass die Labour-Partei erhebliche Verluste hat hinnehmen müssen und hinter den Konservativen und den Liberaldemokraten nur noch auf dem dritten Platz gelandet ist.

Hintergrund der Regierungskrise ist der Spesenskandal, der das Königreich derzeit erschüttert. Dabei hatten sich Abgeordnete aller Parteien mit betrügerischen Absichten auf Kosten der Steuerzahler bereichert. Oppositionsführer David Cameron forderte erneut sofortige Neuwahlen. "Die Regierung bricht vor unseren Augen auseinander", erklärte der Chef der Konservativen. Da sich die Regierung im Chaos befinde, habe sie auch das Recht verloren, das Land zu regieren. (hel/mas/afp/dpa)