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China lässt deutsche Textilindustrie wachsen

Danhong Zhang 3. November 2003

Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie war besonders früh und schwer von der Billigkonkurrenz aus China betroffen. Mittlerweile arbeiten die Branchenverbände der beiden Länder zusammen.

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Stoffe und Gewebe für die Welt hergestellt in ChinaBild: AP

Der wirtschaftliche Aufschwung in China wird von manchen als das wichtigste Ereignis des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Tatsächlich verzeichnete die Volksrepublik in den vergangenen zehn Jahren ein jährliches Wachstum von über acht Prozent. Der Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO Mitte 2001 verpflichtet das Land, sich an internationale Regeln zu halten. Hinzu kommen die billigen Arbeitskräfte. Kein Wunder, dass weltweit die meisten ausländischen Investitionen in das riesige Reich fließen. Die andere Seite der Medaille ist, dass China vielen Ländern zum unliebsamen Konkurrenten geworden ist. Dies trifft vor allem auf die Textilindustrie zu, da China über eine traditionell starke Textil- und Bekleidungsindustrie verfügt. Davon ist auch die deutsche Textilbranche betroffen.

Einfaches Produkt – viel Konkurrenz

Josef Beckmann, Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, sagt dazu: "Es kommt auch auf die Produkte an. Je einfacher ein Produkt ist, und wenn dann dazu auch der Arbeitskostenanteil relativ hoch ist, dann haben auch diese Produkte in Deutschland schon seit langer Zeit keine besonderen Produktionschancen mehr." In diesem Bereich sind viele Kapazitäten in Deutschland geschlossen worden, da es enorme Einfuhren aus China gegeben hat. "Bei solchen Produkten spüren wir den Wettbewerb aus China sehr stark."

Diese Entwicklung wurde durch den WTO-Beitritt Chinas vor knapp zwei Jahren noch beschleunigt. Das aufstrebende Land in Fernost versorgt die ganze Welt mit Textilien und Kleidung. Das strenge Quotensystem, das bis dato vor allem für Textilprodukte aus China galt, wird bis Ende 2004 sukzessiv aufgehoben. Im Gegenzug senkt China die Importzölle in erheblichem Maße, was wiederum große Chancen für den deutschen Export birgt.

Qualität mit Chancen

So verzeichneten die deutschen Textilausfuhren nach China 2002 einen Zuwachs von 48 Prozent. In der ersten Hälfte 2003 fiel die Steigerungsrate wegen der Schwäche der allgemeinen Nachfrage und des Dollars etwas niedriger aus. Aber auch 31 Prozent Zuwachs können sich sehen lassen. Beckmann nennt die deutschen Exportschlager: "Es handelt sich bei Textilien überwiegend um Spezialgewebe, zu einem erheblichen Teil auch für technische Zwecke. Bei der Bekleidung sind im Bereich der höherwertigen und modernen Bekleidung durchaus auch Abnehmer zu finden sind, denn der Anteil von einkommensstärkeren Kunden steigt." Insofern haben auch deutsche und europäische Bekleidungsprodukte besonderer Mode oder in höherer Qualität nach Meinung von Beckmann auch ihre Chancen auf dem chinesischen Markt.

"Kontrollierte Zusammenarbeit"

Doch der größte Textilmarkt der Welt mit seinen 1,3 Milliarden Konsumenten ist nicht nur für den Absatz hochinteressant, er zieht auch ausländische Investitionen an. Seit zwei Jahren ist China für die deutschen Textilunternehmen das Investitionsland Nummer eins. Die hier mit preiswerten und geschulten Arbeitskräften produzierten Waren werden entweder in die Europäische Union und die USA exportiert, oder direkt auf dem heimischen Markt angeboten.

Angesichts der lahmenden Konjunktur in Deutschland und der schwachen Binnennachfrage ist abzusehen, dass sich die deutschen Textil- und Bekleidungsunternehmen noch stärker in China engagieren werden. Vor diesem Hintergrund unterzeichnete der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie im Juli 2003 ein Memorandum über die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den zwei Spitzenverbänden der chinesischen Textil- und Bekleidungsindustrie. Ziel sei es, so Beckmann, eine "kontrollierte Zusammenarbeit" zu erreichen.

Auch wenn die Konkurrenz aus dem Reich der Mitte einigen deutschen Unternehmen sehr weh tut – der Spitzenverband der deutschen Textilindustrie tut gut daran, sich um eine aktive Zusammenarbeit mit China zu bemühen. Ein Verbindungsbüro in der Wirtschaftsmetropole Shanghai ist schon geplant.