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Chinas Banken - bankrott, aber sanierbar?

Danhong Zhang30. November 2003

Chinas marode Banken gelten als Zeitbombe, deren Explosion die aufstrebende Wirtschaftsmacht ernsthaft gefährden könnte. Die Regierung scheint deshalb fest entschlossen, diese Bombe zu entschärfen.

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Skeptischer Blick einer chinesischen Bankerin auf ihre WährungBild: AP

Eine gründliche Sanierung des chinesischen Bankensystems, das ist das Ziel von Liu Mingkang, dem Vorsitzenden der Bankenaufsichtsbehörde in Peking. In drei bis fünf Jahren sollen die vier großen Staatsbanken Chinas wieder voll funktionsfähig gemacht werden. Wenn man bedenkt, dass diese Banken eigentlich bereits bankrott sind, wirkt der Sanierungsplan mehr als ehrgeizig.

China bleibt jedoch keine Alternative zu diesem engagierten Ziel, meint Margot Schüller, Expertin für das chinesische Finanzwesen beim Hamburger Institut für Asienkunde. Dieser Zeithorizont von drei bis fünf Jahren stehe im Zusammenhang mit der anstehenden Öffnung des Bankensektors für ausländische Banken. Es gebe eine Regelung, die 2001 im Beitrittsprotokoll zur Welthandelsorganisation festgelegt wurde. Darin heißt es, dass zu diesem Zeitpunkt ausländische Banken nicht mehr regional begrenzt, sondern überall in China und auch in vielen Bankenbereichen tätig sein dürfen. Schüller sagt: "Bis dahin müssen chinesische Banken wettbewerbsfähig sein."

Faule Kredite

Die größte Herausforderung liegt in der Bekämpfung der so genannten faulen Kredite. Dies sind solche Kredite, bei denen eine Rückzahlung des verliehenen Geldes stark gefährdet ist. Die Höhe dieser Kredite wird von ausländischer Seite auf 50 Prozent des gesamten Kreditvolumens geschätzt - ein gewaltiger Hemmschuh für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Banken.

Wie kam es zu diesem Berg von Not leidenden Krediten? Frau Schüller erklärt dies mit dem Erbe des chinesischen Bankensystems. "Die Banken haben quasi fiskalische Aufgaben erfüllt", erklärt sie. "Die Lokalregierungen benutzten sie, um daraus ihre Infrastruktur und natürlich auch die Staatsbetriebe zu finanzieren. Und erst Ende der 1990er Jahre wurde die tatsächliche Kommerzialisierung umgesetzt, das heißt es gab bis dahin jedes Jahr neu anlaufende Not leidende Kredite." Es sei noch gar nicht lange her, seitdem die Bankenreform wirklich ernst genommen worden sei. Frau Schüller glaubt, der Auslöser sei die asiatische Finanzkrise, die deutlich gemacht habe, dass Banken, die nicht ausreichend saniert sind, zum Auslöser für gesamtwirtschaftliche Krisen sein können.

Gegenmittel

Liu Mingkang, zuständig für die Bankenaufsicht in China, bezeichnet es als die Hauptaufgabe seiner Behörde, dafür zu sorgen, dass sich dieses Phänomen der faulen Kredite nicht wiederholt. Erreichen möchte er dies durch besseres Management und höhere Transparenz. Der erste Schritt muss laut Margot Schüller darin bestehen, dass die Banken von diesen Krediten befreit werden. Dafür wird der Staat die Banken mit frischem Geld versorgen müssen. Dies würde ihre Eigenkapitalquote erhöhen. Andererseits müssen die Banken versuchen, nur noch solche Kredite zu vergeben, bei denen Aussicht auf Rückzahlung des Geldes besteht.

Das ist freilich leichter gesagt als getan. Ohne zusätzliche Kredite würden eine Reihe Staatsunternehmen Konkurs anmelden müssen. Höhere Arbeitslosigkeit und mehr Zündstoff für soziale Instabilität wären die Folgen. Eine sinkende Kreditvergabe könnte zudem das hohe Tempo des wirtschaftlichen Wachstums kosten. Dies wäre ein Preis, den China sich nicht leisten will. Bei diesem Drahtseilakt ist guter Rat gefragt, auch aus dem Ausland. Wenn es nach Liu Mingkang, dem Chef der Bankenaufsichtsbehörde ginge, dürften zukünftig Bankenexperten aus dem Ausland Posten wie Chefvolkswirt oder Chefanalyst in Chinas Staatsbanken bekleiden. Soweit ist das Land aber wohl noch lange nicht.