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Das andere transatlantische Bündnis

Deanne Corbett (bde) 2. Dezember 2004

Kanada und die EU haben derzeit viel gemeinsam. Beide sind für multilaterale Zusammenarbeit. Und beide versuchen gerade einen Neustart der Beziehungen zu einer hier wie dort wenig beliebten US-Regierung.

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Kanada und die EU: gemeinsam stark?

George W. Bush hat sein Bestes gegeben. Bei seinem ersten offiziellen Besuch in Kanada versuchte der wiedergewählte US-Präsident, den Beziehungen zwischen beiden Staaten neues Leben einzuhauchen. Doch Bush erlebte eine Eiszeit - nicht nur wegen des Winterwetters in Ottawa. Die Kanadier reagierten sehr kühl auf Bushs Bemühungen.

Proteste

George Bush in Kanada
Bush hört Kanadas Premier Martin zu - oder nicht?Bild: AP

Die Szenen in Kanadas Hauptstadt ähnelten denen in Europa. Der Besuch von Bush sorgte auch in Ottawa für Demonstrationen und wütende Proteste. Bush wurde als "Lügner" und "Kriegsverbrecher" bezeichnet. Kanadas Premier Paul Martin machte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz gute Miene zum bösen Spiel. Die Unstimmigkeiten wegen des Irak-Krieges und des Rindfleisch-Exportes (wegen eines BSE-Falls darf Kanada kein Rindfleisch mehr in die USA exportieren) blieben aber unübersehbar.

Ähnliche Annäherungsversuche wie jetzt in Kanada hatte Bush kurz nach seiner Wiederwahl auch bei den Europäern gemacht. Sein Ziel: Die Spannungen abbauen, die wegen der Ablehnung des Kyoto-Protokolls und wegen des Irak-Kriegs entstanden waren.

Gemeinsamkeiten

Westeuropa musste die brüske Bezeichnung "Old Europe" von Verteidigungsminister Rumsfeld ertragen. Kanadische Außenpolitik-Experten sagen nun voraus, dass ihr Land auch während der zweiten Amtszeit der Bush-Regierung "unbedeutend" bleiben wird. Hinsichtlich ihrer Beziehungen zur letzten verbliebenen Supermacht, den USA, haben Kanadier und Europäer eine Menge gemeinsam.

Alte Risse noch zu vertiefen wäre aber sowohl für die Kanadier als auch für die Europäer der falsche Weg, sagt der Vorsitzende der kanadischen Delegation bei der EU, Kevin O'Shea. "Wir haben doch starke Wirtschaftsbeziehungen, wir teilen alle die gleichen Wertevorstellungen über Recht und Demokratie. Der Streit um den Irak war sicherlich eine fundamentale Auseinandersetzung, allerdings ging es dabei mehr um den Einsatz von Streitkräften." Insgesamt gebe es aber viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen den beiden Staaten, sagt O'Shea.

Irak und Kyoto

Die Übereinstimmungen in der Haltung zum Irak und zu Kyoto dürfte Kanada zusätzliches Ansehen bei den Europäern gebracht haben. "In der Vergangenheit hat die EU Kanada oft einfach für einen Anhang der USA gehalten", sagt O'Shea, "doch auf unsere Haltung zum Irak-Krieg haben wir sehr positive Resonanzen aus Europa bekommen. Endlich haben die Europäer wahrgenommen, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben."

Gemeinsame Ziele

Die EU und Kanada kooperieren, auch um den Beweis anzutreten, dass Multilateralismus die richtige Strategie für eine erfolgreiche Außenpolitik ist. Die gemeinsamen Ziele sind von globaler Bedeutung: Die Gewalt in der Provinz Darfur im Sudan zu stoppen, die Atomanreicherung im Iran aufzuhalten und die bevorstehenden Wahlen im Nahen Osten zu sichern.

Doch heißt "multilateral" in diesem Zusammenhang auch mit den USA? Trotz seiner international ausgerichteten Bemühungen um Entspannung hat Bush noch keine Reue für die bisherige Alleingänge in der Außenpolitik gezeigt. Im Gegenteil: Er hat viele Kritiker, auch in Kanada, mit Aussagen verärgert, in denen er seine Wiederwahl als Bestätigung für den bisherigen Hardliner-Kurs wertet.

Selbstbewusster Bush

Ich kenne die Umfrage nicht, von der Sie reden!" Mit diesen Worten und mit einem gequälten Lächeln reagierte Bush auf Werte, die zeigen, wie unbeliebt er bei der kanadischen Bevölkerung ist. "Wir hatten auch gerade eine Umfrage. Bei der ist herausgekommen ist, dass die meisten Leute sich die Außenpolitik meiner Regierung für vier weitere Jahre wünschen." Und Bush legte noch nach: "Ich bin ein Kerl, der macht, was er für richtig hält und genau so weitermacht."