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Moskau-Berlin

2. April 2009

Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew war zu Gast bei Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Russische Experten bewerten im Gespräch mit der Deutschen Welle die deutsch-russischen Beziehungen.

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Bild: AP/DW

Das Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew sollte auch zeigen: der Machtwechsel im Kreml habe zu keiner Verschlechterung der Beziehungen zwischen Deutschland und der Russischen Föderation geführt. Das sagten russische Experten der Deutschen Welle anlässlich des kurzen Berlin-Besuchs von Medwedjew.

Der Mitarbeiter des Instituts für internationale Wirtschaft und internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaften, Wladimir Jewsejew, erklärte, er rechne nicht mit einer Korrektur der Positionen Berlins und Moskaus. "Es bestehen gemeinsame Interessen. Russland möchte allerdings, dass seine Positionen berücksichtigt werden", betonte er im Gespräch mit der Deutschen Welle. Insbesondere die Erdgas-Zusammenarbeit könne durch nichts gestört werden, meinte der Wissenschaftler. "Berlin und Moskau haben zudem gemeinsame Sicherheitsinteressen", betonte er. Das gelte beispielsweise für die Lage in Afghanistan, die "beiden Ländern Kopfschmerzen" bereite. Auch "in der Frage der Stationierung eines amerikanischen Luftabwehrsystems in Europa haben Russland und Deutschland ihre Verständigung aufrechterhalten können", so der Wissenschaftler.

"Deutschland ist eine Säule in Europa"

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern würden ihre besondere Bedeutung behalten, glauben Experten. Moskau sollte allerdings deutlicher seine Sympathie gegenüber Berlin bekunden. Jewsejew sagte, Russland nehme bei der Wahl der strategischen Partner eine verschwommene Haltung ein. "Ich habe den Eindruck, dass die russische Führung heute keine deutlichen Prioritäten in Europa setzt. Deutschland ist aber die Säule, auf die sich Russland in Europa stützen muss", so Jewsejew. Er hofft, auch Deutschland werde in Moskau weiterhin einen verlässlichen Partner sehen.

Der Leiter des Zentrums für Deutschland-Studien am russischen Europa-Institut, Wladislaw Below, meint, da Berlin sich nach dem Krieg zwischen Russland und Georgien nicht von Moskau abgewandt habe, gebe es keinen Grund zur Sorge. "Die reale strategische Partnerschaft zwischen Russland und Deutschland wird von objektiven Parametern bestimmt. Zwar sei es zu ernsten Veränderungen in der Welt gekommen - zum Krieg im Kaukasus und zur Finanzkrise beispielsweise. Aber sowohl der russische Präsident als auch die deutsche Kanzlerin hätten sich für die Fortsetzung der bisherigen Beziehungen ausgesprochen. Mehr noch, die "Beziehungen stehen vor einem qualitativen Durchbruch", zumindest was den Bereich der europäischen kollektiven Sicherheit angehe, so der Experte.

Persönliches Verhältnis nicht mehr entscheidend?

Medwedjew, der vor einem Jahr zum Präsidenten gewählt wurde, habe den deutschlandpolitischen Kurs nicht geändert. Unter Präsident Wladimir Putin habe der Pfeil klar in Richtung Deutschland gezeigt. Einer der Gründe dafür sei auch die Freundschaft zwischen dem jetzigen Premier Putin und dem ehemaligen deutschen Kanzler Gerhard Schröder gewesen, erinnert Jewsejew. Medwedjew müsse nun deutlichere Akzente setzen, um an Ansehen und politischem Gewicht zu gewinnen. Wenn es dem russischen Präsidenten gelingen sollte, eigene Initiativen vorzulegen, beispielsweise zur europäischen Sicherheit, und wenn Deutschland mit seinem großem Gewicht in der internationale Arena diese Initiativen unterstützen würde, dann könnte auch Medwedjew sein Ansehen stärken, als Person und als Staatschef, meint der Wissenschaftler.

Below sagte der Deutschen Welle in diesem Zusammenhang, die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland würden inzwischen nicht mehr so sehr vom persönlichen Verhältnis der beiden Staatschefs abhängen, so wie es früher gewesen sei. "Unsere Staatschefs bestimmen nicht mehr unsere Beziehungen", so Below. "Weder in der Politik noch in der Wirtschaft, noch in der Kultur können Politiker unsere Beziehungen verderben", glaubt er.

Auto: Jegor Winogradow/Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann