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Durchwachsene Stimmung in den Chefetagen

Sabine Kinkartz8. August 2013

Nur noch jeder dritte deutsche Mittelständler ist mit seiner Geschäftslage rundherum zufrieden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young.

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Zwei Arbeiter prüfen am im MTU-Werk Friedrichshafen, einer Marke der Firma Tognum, einen Motor. Foto: Tobias Kleinschmidt/ dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Hohe Kosten für Rohstoffe und Energie, die schwelende Euro-Krise und die Rezession in Europa, das sind Themen, die dem deutschen Mittelstand seit einigen Jahren unter den Nägeln brennen. Mit Wucht drängt sich nun zusätzlich der Fachkräftemangel nach vorne. Drei Viertel der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young im Juli dieses Jahres befragten Mittelständler geben an, dass es ihnen inzwischen schwerfällt, geeignete neue Mitarbeiter zu finden.

Besonders hoch sei der Mangel in der Bau- und Energiebranche, sagt Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young. Gesucht würden vor allem Mitarbeiter für Vertrieb und Kundendienst. "Es geht dabei nicht nur um die Ingenieure, über die wir oft diskutieren, sondern es geht hier um Fachkräfte im Bereich Kundennähe, denn der Mittelstand ist besonders nah am Kunden dran." In gleichem Maß gesucht wird im Bereich Rechnungswesen, Controlling und Finanzen.

Neue Märkte für deutschen Mittelstand

33 Milliarden Euro weniger Umsatz

Etwa eine Million zusätzlicher Fachkräfte könnten die mittelständischen Firmen in Deutschland unterbringen. Auf der Suche nach geeigneten Kandidaten sehen sich die Unternehmen dabei zunehmend auch im Ausland um.

Zwei Drittel der befragten Mittelständler geben an, dass sie durch den Fachkräftemangel künftig Umsatzeinbußen zu verkraften haben. Hochgerechnet auf alle mittelständischen Unternehmen in Deutschland dürften sich diese Einbußen auf 33 Milliarden Euro jährlich summieren, meint Peter Englisch. "Mit dieser Summe könnten sie Arbeitsplätze schaffen, darauf entfallen Umsatz- und Einkommens- und Unternehmenssteuer - das sind schon erhebliche Beträge die da zusammenkommen."

Investitionsbereitschaft stagniert

Ein Blick auf die Ergebnisse der Umfrage lässt den Schluss zu, dass es um die Stimmung im deutschen Mittelstand derzeit nicht besonders gut bestellt ist. Nur noch 36 Prozent der insgesamt 700 befragten Unternehmen sind mit ihrer Geschäftslage rundum zufrieden. 18 Prozent der Geschäftsführer und Inhaber bezeichnen den Zustand des eigenen Unternehmens sogar als kritisch. Das sind deutlich mehr als zu Jahresbeginn, als es lediglich elf Prozent waren. In dieser Situation ist es nicht verwunderlich, dass die Investitionsbereitschaft auf niedrigem Niveau stagniert. Nur noch jeder fünfte Unternehmer plant Mehrausgaben.

Nach Ansicht von Peter Englisch liegt das auch an der bevorstehenden Bundestagswahl im September. Die Unternehmer seien verunsichert, wie es insbesondere beim Thema Steuern weitergehe.

Als Beispiel nennt er einen Betrieb, der eine Million Euro verdiene. "Dann zahlen sie darauf erst einmal ihre vollen Steuern und das, was davon übrig bleibt, geben sie wieder zurück ins Unternehmen und investieren." Wenn der Unternehmer aber nicht wisse, ob ihm 500.000 Euro oder nur 400.000 Euro übrig bleiben würden, dann sei das "schon entscheidungserheblich". Wenn darüber hinaus unklar sei, ob der Wert des Unternehmens künftig einer Vermögensbesteuerung unterliege, verunsichere das zusätzlich. "Das würde ihnen Geld aus dem Unternehmen ziehen, das sie nicht haben. Sie müssten es also leihen - und dann können sie nicht reinvestieren."

Forschung und Entwicklung fördern

Auf die Frage, mit welchen Maßnahmen die Politik den Mittelstand in Deutschland fördern könnte, werden besonders oft die Schlagworte Bürokratieabbau, Senkung der Lohnnebenkosten und Steigerung öffentlicher Investitionen genannt. Mehr als drei Viertel aller Befragten fordern aber auch eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Deutschland. In den europäischen Nachbarländern sei das selbstverständlich, sagt Peter Englisch.

Die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckart (li.) und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Foto: Tobias Schwarz/Reuters
Wollen die Steuern für Besserverdienende erhöhen: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-EckartBild: Reuters

Es sei als großes Risiko zu werten, dass Deutschland anders verfahre. Das zeige sich beispielsweise in der Diskussion über die Verschiebung von Gewinnen von Großkonzernen. "Das Besteuerungsrecht sitzt jeweils dort, wo Entwicklung und Patente ihren Sitz haben. Dahin werden die Gewinne verlagert. Wenn wir zulassen, dass Patente, Know-how und Entwicklung künftig im Ausland stattfinden, wird dort künftig auch das sogenannte Steuersubstrat liegen." Durch eine vereinfachte steuerliche Förderung könne das Problem leicht gelöst werden, so Englisch.

Trotz aller Probleme blicken die deutschen Mittelständler derzeit erstaunlich optimistisch in die Zukunft. Vier von zehn Befragten sind der Ansicht, dass sich ihre geschäftliche Lage in den nächsten sechs Monaten verbessern wird. Lediglich sieben Prozent rechnen mit einer Verschlechterung.