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Ein Anfangserfolg

Rainer Sollich18. April 2003

Nach monatelangem Streit um sein Atomprogramm hat Nordkorea akzeptiert, dass neben den USA zumindest China mit am Verhandlungstisch sitzen wird. Wird Pjöngjang dazu zu bewegen sein, sein Atomprogramm einzustellen?

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Der südkoreanische Nachbar ist besorgtBild: AP

Nordkorea hatte im Oktober 2002 eingestanden, mehrere Jahre lang ein geheimes Atomwaffenprogramm betrieben zu haben. Zudem erklärte das Land seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag und nahm mittlerweile einen abgeschalteten Atomreaktor wieder in Betrieb. Seit Anfang 2003 die Atominspektoren der Vereinten Nationen (UN) Nordkorea verlassen mussten, ist unklar, ob und wann Pjöngjang Atombomben baut. Nach eigenen Angaben ist Nordkorea dabei, mehr als 8000 abgebrannte Brennstäbe in seinem umstrittenen Rektorkomplex in Yongbyon wieder aufzuarbeiten. Der Vorgang befinde sich bereits "in der Endphase", hieß es am Freitag (18.4.2003) in einem Bericht der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA. Nach Meinung von Experten könnte Nordkorea dadurch ausreichend Plutonium zur Produktion von sechs bis acht Atombomben gewinnen.

Zwei gute Gründe

Das kommunistische Nordkorea hatte bislang auf Gesprächen nur mit den USA bestanden, weil beide Länder 1994 ein Abkommen getroffen hatten: Darin verpflichtete sich Nordkorea gegen die Zusage von US-Wirtschaftshilfen zum Aussetzen seines Atomprogramms. Jetzt will man zumindest China als weiteren Gesprächspartner akzeotieren. Für Nordkoreas neue Kompromissbereitschaft gibt es wohl mindestens zwei Gründe. Erstens: Der Krieg der Amerikaner im Irak und ihr schneller Sieg dürfte Nordkoreas Führung tatsächlich schwer schockiert haben. Ein Waffengang gegen Nordkorea erscheint zwar weniger wahrscheinlich als im Irak, weil er unmittelbar die Interessen der Atommächte China und Russland tangieren würde. Aber Nordkoreas Diktator Kim Jong-Il dürfte doch mit Erschrecken festgestellt haben, dass die Amerikaner ihre Ziele mit größter Konsequenz verfolgen. Dass sie nicht bluffen, sondern handeln. Und dass sie seit dem 11. September 2001 gerade beim Thema Massenvernichtungswaffen keine Kompromisse mehr eingehen.

Noch wichtiger dürfte allerdings der zweite Grund gewesen sein - der starke Druck von Seiten Russlands und vor allem Chinas. Weder Moskau noch das traditionell mit Nordkorea verbündete Peking können ein Interesse daran haben, dass Pjöngjang zur Atommacht aufsteigt. Zum einen dürfte auch ihnen das dortige Regime ziemlich unberechenbar erscheinen. Und zweitens: Gerade China fürchtet sich vor einem atomaren Wettrüsten in der Region - deswegen hat es die bettelarmen Nordkoreaner kürzlich mit Unterbrechungen der Öl-Lieferungen und der Ablehnung weiterer Nahrungsmittelhilfen arg in Schwierigkeiten gebracht.

Chinesische Interessen

Der Grund für diese Vorgehensweise liegt auf der Hand: Peking strebt langfristig eine Rolle als regionale Ordnungsmacht an, und will vor allem ein weitergehendes Engagement der Amerikaner in Ostasien verhindern. Derzeit jedoch benötigt Peking noch alle seine Ressourcen für wirtschaftlichen Aufbau und Stabilität im Inneren. Ein Konflikt zwischen den USA und Nordkorea käme da sehr ungelegen.

Dennoch: Das angekündigte Dreier-Treffen zwischen Nordkorea, den USA und China in Peking ist ganz klar ein Anfangserfolg. Er macht Hoffnungen auf eine vernünftige Lösung der nordkoreanischen Atomkrise. Allerdings ist wohl kaum mit einem schnellen Durchbruch zu rechnen: Die Amerikaner wollen auch die Südkoreaner, Japaner und Russen an den Verhandlungstisch holen. Pjöngjang dürfte weiter auf bedingungslosen Wirtschaftshilfen und Sicherheitsgarantien bestehen.

Ein Kompromiss ist vorstellbar

Nordkorea ist in der Vergangenheit immer wieder für Überraschungen gut gewesen - nicht zuletzt weil unklar ist, wie dort im einzelnen die politischen Entscheidungsprozesse ablaufen. Aber die unmittelbaren Eigeninteressen des Landes liegen auf der Hand: Das Unrechts-Regime in Pjöngjang will vor allem sein eigenes Überleben sichern. Dies vorausgesetzt, ist ein möglicher Kompromiss durchaus vorstellbar. Er könnte lauten: Die Amerikaner nehmen ihre Wirtschaftshilfen wieder auf und geben Nordkorea eine förmliche Sicherheitsgarantie, die allerdings an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Diese Bedingungen wären: Nordkorea stellt sein Atomprogramm ein - oder beschränkt es ganz eindeutig auf zivile Zwecke - und läßt die internationalen Inspektoren wieder ins Land.

Dies wäre auch für Nordkorea eine Chance: Das Land hätte das nötige stabile Umfeld, um sich nach chinesischem Vorbild vorsichtig der Außenwelt zu öffnen und den Anschluss an die Moderne zu suchen.