"Ein glückliches Missverständnis" | Veranstaltungen | DW | 03.11.2010
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Veranstaltungen

"Ein glückliches Missverständnis"

Bonn – Leonardo Martínez Ugarte war lange als Hörfunktrainer für die DW-Akademie tätig. Am 28. Oktober berichtete der gebürtige Chilene im Gespräch mit DW-Mitarbeiterin Mirjam Gehrke im Gremiensaal über sein Leben.

Geschichtensammler und -erzähler Leonardo Martínez Ugarte im DW-Funkhaus

Geschichtensammler und -erzähler Leonardo Martínez Ugarte im DW-Funkhaus

Martínez stellte auch Passagen aus seinem Buch „Si la memoria no me falla“ ("Wenn mich die Erinnerung nicht trügt.“) vor, das vor kurzem auf Spanisch erschienen ist. Eingeladen hatten die DW und die Buchhandlung La Librería.

Der rote Faden, der sich durch Martínez’ Leben zieht, ist der Umgang mit der Sprache. Er komme, erzählt er, aus einer Familie, „in der viel gesprochen wird“. Sein Urgroßvater sei Journalist gewesen, sein Großvater habe ein Buch geschrieben. „Mein Vater, der aus Spanien stammt, war ein großer Erzähler“, und habe so das Herz seiner Mutter erobert. Das weiß er aus Erzählungen; kennenlernen konnte er ihn nicht, er starb 1934 – dem Jahr als Martínez geboren wurde.

Ein Gespräch mit Folgen

Die Sprache hat auch dazu geführt, dass der Chilene in den 1960er Jahren nach Deutschland kam. 1962 lernte er in Santiago Regisseur Koch aus Frankfurt am Main kennen, der Schillers „Maria Stuart“ auf die Bühne brachte. Sie kamen ins Gespräch – auf Englisch. Martínez war anschließend überzeugt, Heinrich Koch habe ihm eine Festanstellung am Frankfurter Staatstheater zugesagt. Tatsächlich ging es um ein Praktikum. „Ein glückliches Missverständnis“, wie Martínez heute sagt. „Keiner von uns beiden sprach vernünftiges Englisch“.

Mit der Vorfreude auf eine feste Stelle am Theater trat Martínez die Überfahrt von Buenos Aires nach Hamburg an – 28 Tage auf einem Schiff, das Fleisch, Kaffee und Bananen geladen hatte.

Radio statt Theater

In Deutschland angekommen, ließ er das Praktikum sausen, stattdessen sammelte er Radio-Erfahrung beim SDR und SWR in Baden-Baden, bevor er 1965 zur DW nach Köln wechselte – zunächst als Sprecher und Moderator, von 1976 bis 1997 als Trainer für die DW-Akademie (damals Deutsche Welle Fortbildungszentrum), deren spanische Abteilung er mitbegründete. In vielen Regionen der Welt, in Afrika, Asien und Lateinamerika, brachte er Journalisten den Umgang mit der Sprache für den Hörfunk nahe.

Er selbst fand den Zugang zur deutschen Sprache über den Humor: „Als ich das erste Mal über eine Geschichte von Tünnes und Schäl lachten musste, sagte ich: Hier bin ich zu Hause.“ Den Dialekt als solches schätzt er als „eine Bereicherung“, denn Dialekte habe er nicht gekannt, bevor er nach Deutschland kam. Seit vielen Jahren wohnt der Journalist in Köln.

Schöne und schmerzvolle Erinnerungen

Heute reist Martínez immer noch durch die Welt, ist als Dozent für den Senior Experten Service (SES) tätig. Vor kurzem hat er Radio-Journalisten in Mexiko geschult, als das Grubenunglück in Chile geschah (siehe Link zu Artikel im Presseblog unten). Unter den Studenten seien Nachkommen von Bergarbeitern gewesen – eine der zahlreichen Begegnungen in seinem Leben, auf die er zurückblickt. Eine schmerzvolle Erinnerung verbindet Martínez mit einem Einsatz in Kigali (Ruanda) 1994, als dort der Bürgerkrieg wütete. Die Hälfte seiner Studenten seien Hutu gewesen, die andere Hälfte Tutsi. „Es war für mich eine Katastrophe, zu erfahren, dass 40 Mitarbeiter der DW ermordet wurden.“

Derzeit ist Martínez wieder in Chile unterwegs, wo er sein Buch vorstellt und auch seine Familie besucht. Er habe „doppelte Wurzeln“, sagt er, „einige sind kurz, einige sind 15.000 Kilometer lang“.

Kathrin Reinhardt
Redaktion: Berthold Stevens

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