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Ein neuer Hort für Terroristen?

Ingo Mannteufel19. September 2002

Russlands Präsident Putin hat Georgien die Zusammenarbeit mit Terroristen vorgeworfen. Das sei absurd, sagt der Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tiflis, Winfried Schneider-Deters, im Interview mit DW-WORLD.

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Liegen im Streit: Vladimir Putin, Eduard SchewardnadseBild: AP

Zumindest sei die Anschuldigung absurd - sofern mit Georgien die georgische Regierung unter Präsident Eduard Schewardnadse gemeint sei. Als Beobachter vor Ort bezeichnete Schneider-Deters am Mittwoch (18.9.2002) dagegen Verbindungen zwischen einzelnen höherrangigen Offizieren in den georgischen Sicherheitskräften und kriminellen Gruppierungen im Pankisi-Tal für denkbar. Und dennoch: Selbst dafür gebe es bislang keine glaubwürdigen Beweise.

Moskauer Drohungen

Georgische Truppen an einem Checkpoint nahe der Stadt Matani
Georgischer Posten vor dem Pankisi-TalBild: AP

Putin hat damit seine Kritik an der georgischen Führung in aggressiver Form wiederholt. Und das, nachdem Schewardnadse zu Beginn dieser Woche noch erklärt hatte, dass die georgische Regierung die Ordnung im Pankisi-Tal wiederherstellen wolle. Dieser Ankündigung war nicht nur eine scharfe Drohung von Russland vorausgegangen: So hatte Präsident Putin am 11. September in Briefen an die UN und die OSZE russische Militäroperationen im georgischen Pankisi-Tal für den Fall angekündigt, dass die georgische Führung nicht entschiedener gegen die dort vermuteten tschetschenischen Kämpfer vorgehe. Vielmehr hatten auch die USA die Regierung in Tiflis aufgefordert, angebliche El Kaida-Terroristen in dem Tal an der georgisch-russischen Grenze zu ergreifen - auch wenn Washington die russische Drohgebärde zurückwies.

Kapitulation des georgischen Staates

In knapp zwei Wochen sei der Einsatz der georgischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit russischen und US-Spezialtruppen im Pankisi-Tal erfolgreich abgeschlossen - das versprach der georgische Präsident Schewardnadse am Montag (16.9.2002). Der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung im georgischen Tiflis, Winfried Schneider-Deters, hält dies jedoch für nicht realistisch. Denn das Hochgebirgstal habe sich zu einer Operationsbasis der organisierten Kriminalität in Georgien entwickelt. Und die in dieser Schlucht gestaute kriminelle Energie, die Aktivität der tschetschenischen Kämpfer und das ethnisch-religiöse Konfliktpotential in der ansässigen Bevölkerung haben seiner Meinung nach ein explosives Gemisch gebildet, vor dem der georgische Staat bislang kapituliert hat.

"Imperiale Instinkte"

Georgische Soldaten bei Anti-Terror-Training
Training der georgischen ArmeeBild: dpa

Die georgischen Sicherheitskräfte seien den tschetschenischen Kämpfern bislang nicht gewachsen gewesen. Ein Grund mehr für die USA die georgische Armee seit dem Frühjahr mit einem 64 Millionen US-Dollar teuren "Train and Equip"-Programm zu unterstützen. Doch auch hier erwartet Schneider-Deters nur langsame Fortschritte.

Die Aktivitäten der USA haben aber nicht nur eine stabilisierende Wirkung auf Georgien: Denn der wachsende Einfluss der USA in dieser früheren Sowjetrepublik provoziere nach Ansicht des Vertreters der Ebert-Stiftung in Tiflis die "imperialen Instinkte Russlands". Die Rückkehr Georgiens in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Russland sieht er allerdings als wenig wahrscheinlich an - trotz des russischen Druckes auf die georgische Führung in der Pankisi-Frage. Das werden nach Meinung von Schneider-Deters zum einen die USA nicht zulassen. Zum anderen werde Präsident Schewardnadse in seinem politischen Kurs gegenüber Russland von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung und auch von der politischen Elite des Landes unterstützt. Selbst die Politiker und Parteien, die in scharfer innenpolitischer Opposition zu Schewardnadse stehen, unterstützten Schewardnadse in seiner Außenpolitik. Diese Geschlossenheit scheint der russische Präsident Putin, mit seinen unbewiesenen Vorwürfen an die georgische Führung eher noch zu verstärken.