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Ein Zuhause für verfolgte Kunst

23. Juni 2003

In Israel wurde jetzt das weltweit erste Museum eröffnet, das ausschließlich ehemals verbotene Kunst des 20. Jahrhunderts zeigt. Die Initiative zu der Sammlung stammt von zwei jüdischen Kunstsammlern aus Köln.

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Frisch bezogen: Das Bar-Gera-Museum in AschdodBild: international museum for persecuted art
Johannes Rau in Aschdad
Johannes Rau in AschdodBild: AP

"Kenda und Jakob Bar-Gera haben nicht nur den verfolgten russischen Künstlern ihre verlorene Ehre wiedergegeben. Auch viele deutsche Maler verdanken ihnen ihre künstlerische Wiedergeburt." Mit diesen Worten bedachte Johannes Rau die Eröffnung des ersten Museums für ehemals verfolgte Kunst. Am Sonntag (22. Juni 2003) wurde das Bar-Gera-Museum in der israelischen Hafenstadt Aschdod bei Tel Aviv eingeweiht. Beide Sammler hätten ihr Leben der verfolgten Kunst und den verfolgten Künstlern gewidmet, so der Bundespräsident weiter.

"Trotz des Schrecklichen, das Ihnen Deutsche angetan haben - Kenda Bar-Gera überlebte das Ghetto von Lodz und Auschwitz -, haben Sie meinem Land und seinen Menschen wieder die Hand gereicht", sagte Rau zur anwesenden Mäzenin Kenda Bar-Gera und bezeichnete die Erinnerung an die Vernichtung der Juden als wichtigste Aufgabe seiner Generation. "Wir müssen unseren Kindern immer wieder erklären, was geschehen ist und wie es dazu kommen konnte", sagte Rau.

Russische Avantgarde

Die meisten der 200 in dem Museum ausgestellten Werke sind Teil der Kollektion Bar-Geras und ihres im Januar gestorbenen Mannes Jakob. Das Ehepaar hatte abwechselnd in Köln und Tel Aviv gelebt und die Werke verfolgter Künstler aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Nazi-Deutschland und Franco-Spanien über Jahrzehnte hinweg zusammengetragen.

Jacob & Kenda Bar-Gera
Jakob und Kenda Bar-GeraBild: international museum for persecuted art

Besonders renommiert ist ihre Sammlung von Werken der zweiten russischen Avantgarde. Darunter versteht man Künstler, die sich nicht der offiziellen Kunstrichtung der post-stalinistischen Sowjetunion anschließen wollten. Die Bilder und Objekte wurden heimlich in den Koffern von Diplomaten, reisenden Geschäftsleuten und Studenten ins Rheinland geschmuggelt. Auf diese Weise gelangte das jüdische Ehepaar zur weltweit größten Sammlung russischer Nonkonformisten. "Meine Arbeit war es hauptsächlich, mich den vergessenen, politisch verfolgten Künstlern zu widmen", sagt Kenda Bar-Gera. "Möglicherweise war hier der tatsächliche Hintergrund, dass ich selbst ein Kind der Verfolgung war."

Förderverein für verfolgte Kunst

Nach dem Ende des Kalten Krieges gewann die Sammlung der Bar-Geras auch in den Ursprüngländern ihrer Werke wieder Interesse. Nach einer Ausstellungstournee durch Sankt Petersburg und Moskau, Frankfurt am Main, Leverkusen, Verona und Witten stellte sich für die Besitzer immer dringlicher die Frage nach einem dauerhaften Platz für die Werke.

Das Ehepaar Bar-Gera gründete daher den Förderverein "Internationales Museum für verfolgte Kunst – Israel", dessen Hauptziel die Errichtung des Museums war. Dieses Ziel haben sie jetzt in Aschdod erreicht.

Moderne Architektur

Das vierstöckige weitläufige Museumsgebäude ist ein Neubau, der ursprünglich für einen anderen Zweck errichtet wurde. Das Gebäude besteht aus einer grünen Pyramide aus Glas und einem eckigen Sandsteinanbau. Aus den Fenstern bietet sich ein Blick auf das Mittelmeer. Die ausgestellten Werke stammen aus verschiedenen Zeitperioden von den 1930er bis 1980er Jahren. Der Sohn des Ehepaars Bar-Gera sagte, man wolle in Zukunft weitere Werke verfolgter Künstler zeigen.

Der Kölner Förderverein will die Ursachen verfolgter Kunst und Künstler weltweit weiter erforschen. Daher ist die Gründung eines fächerübergreifenden wissenschaftlichen Instituts in Verbindung mit dem Museum in Israel geplant. (fro)