1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU: Frauen verdienen weniger als Männer

Ulrike Mast-Kirschning8. März 2004

Frauen sind in Europa nach wie vor schlechter bezahlt. Männer bekommen im EU-Durchschnitt 16 Prozent mehr Gehalt als Frauen. Die größte Einkommenskluft liegt laut einer Studie in Großbritannien und in Deutschland.

https://p.dw.com/p/4l6s
Deutschland ist Schlusslicht im EU-VergleichBild: Bilderbox


Frauen verdienen in Deutschland schlechter als Männer. Die Statistiker veröffentlichten soeben die Zahlen aus 2001. Quer durch alle Wirtschaftsbereiche verdienen Arbeiterinnen im Durchschnitt ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Bereich der Angestellten, dort also wo auch viele kommunale und staatliche Arbeitgeber zu finden sind, sind es sogar noch mehr: Ein Drittel geringer ist das Gehalt der Frauen im Durchschnitt im Vergleich zu den Männern.

Gründe für ungleiche Bezahlung

Ulrike Liebert, Professorin für Europa-Studien an der Universität Bremen, sieht einen der wesentlichen Gründe für die ungleiche Bezahlung vor allem darin, "dass es bestimmte Gruppen von Frauen gibt, mit bestimmten tariflichen Einstufungen, die dazu führen, dass Frauen sich in ihrer beruflichen Entwicklung nicht weiterentwickeln können, dass sie zum einen aus solchen Niedrig-Lohngruppen nicht herauskönnen." Das seien zum Beispiel Sekretärinnen.

Aber nicht nur die fehlende Durchlässigkeit im Tarifgefüge und die niedrigere Bewertung der von Frauen dominierten Berufe ist ein Problem. Die fehlenden Berufsjahre für die Zeiten der Kindererziehung wirken sich ebenfalls nachteilig auf die Bezahlung aus. Außerdem: Je länger die Unterbrechung dauert, desto geringer die Chance, überhaupt wieder in den alten Beruf zurückkehren zu können.

Frauen entscheiden sich für längeren Ausstieg

Trotzdem entscheiden sich viele Frauen für einen längeren Ausstieg. Und dies nicht nur, weil sie vergeblich nach Möglichkeiten zur Kinderbetreuung suchen. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird vor allem für junge Frauen immer mehr zu einem tiefen Konflikt. "Es gibt in Deutschland noch sehr tief verwurzelt diese Vorstellung: Eine Frau, eine Mutter vor allen Dingen, gehört nach Haus zu den Kindern, zur Familie", so Liebert. "Sie ist eine Rabenmutter, wenn sie ihre Kinder in einen Kindergarten gibt, bevor sie drei Jahre alt ist."

In Haushalt und Familie leisten Frauen mit knapp 31 Stunden pro Woche deutlich mehr unbezahlte Arbeit als die Männer mit 19,5 Stunden. Lediglich zwölf Stunden pro Woche sind Frauen mit Erwerbsarbeit beschäftigt, also etwa halb so viel wie die männlichen Familienmitglieder. Deshalb kann auch die etwa gleich große Beschäftigungsquote der beiden Geschlechter nicht darüber hinwegtäuschen, dass Teilzeitarbeit in Deutschland vor allem von Frauen ausgeübt wird.

Karrierebremse und Rentenflaute

Dies hat Folgen, die sich nicht nur als Karrierebremse auswirken. Auch bei der staatlichen Altersrente zum Beispiel. Denn wer weniger einzahlt, bekommt auch weniger raus. Derzeit fällt die Altersrente für Frauen durchschnittlich 40 Prozent niedriger aus. Und auch die neue Wahlfreiheit zum Abschluss einer privaten Altersversorgung hat vor allem für Frauen eine andere Realität.

"Wir haben eine völlige Überschuldung der privaten Haushalte (in Deutschland)", erklärt Liebert. "Wenn ich diesen Haushalten sage, ihr müsst Entscheidungen treffen und für eure Altersicherung Geld investieren und parallel die Frage stelle, ob die Kinder zu Weihnachten neue Winterstiefel bekommen, entscheiden sich Frauen eigentlich typischerweise dafür, die Winterstiefel zu kaufen", betont Liebert weiter. "Und das heißt, wenn ich etwas in die Wahlfreiheit gebe, ist das für Menschen, die viel Geld haben, eine zusätzliche Option und für Menschen, die überschuldet sind, keine realisierbare Option."

So Ulrike Rust, Professorin für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Bremen. Sie sieht durchaus viele rechtliche Instrumente in Deutschland, die strukturelle Benachteiligung wegen des Geschlechts zu vermeiden. Dennoch: die reale Situation der Frauen in Deutschland ist durch die jüngsten Reformgesetze eher verschlechtert worden.