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Cazeneuve gegen Burkini-Verbot

28. August 2016

In der Debatte um Ganzkörperbadeanzüge hat Frankreichs Innenminister Cazeneuve vor einem gesetzlichen Verbot gewarnt. Von den Muslimen forderte Cazeneuve einen Einsatz für die Gleichberechtigung.

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Frauen an einem Strand in Südfrankreich (Foto: Abaca)
Frauen an einem Strand in SüdfrankreichBild: picture-alliance/abaca

Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve hält ein Burkini-Verbot für "verfassungswidrig und ineffizient". Zudem würde es zu "irreparablen Spannungen" führen, sagte Cazeneuve in einem Interview mit der katholischen Zeitung "La Croix". Daher lehne die französische Regierung ein solches Gesetz ab."Im Gegenzug müssen sich die Muslime weiterhin gemeinsam mit uns für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen einsetzen, für die Unantastbarkeit der republikanischen Prinzipien, für die Toleranz, die das Zusammenleben ausmacht", sagte Cazeneuve weiter.

Mit Blick auf Forderungen konservativer und rechtsextremer Politiker nach einem gesetzlichen Burkini-Verbot warnte Cazeneuve vor spalterischer Rhetorik. "Jede Äußerung zählt, jede Meinungsäußerung kann dazu beitragen, die Einheit der Republik zu stärken oder sie zu spalten", sagte der Innenminister. Konkret warf er den konservativen Republikanern von Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy vor, die Debatte im parteiinternen Machtkampf um die Präsidentschaftskandidatur zu instrumentalisieren.

Rund 30 französische Gemeinden hatten das Tragen eines Ganzkörperbadeanzuges am Strand verboten. Am Freitag erklärte der Staatsrat, das Oberste Verwaltungsgericht Frankreichs, dies für unrechtmäßig. Das Grundsatzurteil bezog sich konkret auf das vom südfranzösischen Badeort Villeneuve-Loubet verhängte Burkini-Verbot. Laut dem Gericht stellt es eine "schwere und offensichtlich illegale Verletzung der grundlegenden Freiheitsrechte dar".

Innenminister Bernard Cazeneuve (Foto: AFP)
Innenminister Bernard CazeneuveBild: Getty Images/AFP/M. Alexandre

Die Grundsatzentscheidung brachte jedoch nicht die erhoffte Befriedung. Im Gegenteil: Konservative und rechte Politiker verlangen nun ein Gesetz zum Verbot der Ganzkörper-Badeanzüge muslimischer Frauen. Nur der Gesetzgeber könne die Situation klären und die Lebensweise der Franzosen schützen, so ihre Argumentation. Ex-Premierminister François Fillon sprach von einem "Krieg der Symbole, den wir gewinnen müssen". In der Zeitung "Le Monde" plädierte der konservative Politiker für ein Anti-Burkini-Gesetz. Das Gerichtsurteil vom Freitag verlange eine Klärung durch den Gesetzgeber.

Burkini als Wahlkampfthema

In Frankreich herrscht bereits Wahlkampfstimmung. In den nächsten Wochen werden die Vorentscheidungen über die Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2017 getroffen. Ex-Präsident Sarkozy, der für die Konservativen wieder in den Elysée-Palast will, hatte schon vor dem Staatsrat-Entschluss ein Anti-Burkini-Gesetz gefordert. Als Präsident werde er den Burkini weder an Stränden noch in Swimmingpools erlauben, erklärte er vor wenigen Tagen. Er unterstütze voll und ganz die Bürgermeister derjenigen Städte, die den Burkini verboten haben.

Landesweit haben rund 30 Kommunen den Burkini an ihren Stränden untersagt. Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden hatten das Verbot mit der angespannten Stimmung in Frankreich begründet, das seit Anfang 2015 mehrere islamistische Anschläge erlebte. Die von strenggläubigen Muslima getragene Badebekleidung mit Kapuze könnte demnach als Provokation empfunden werden und zu Störungen der öffentlichen Ordnung führen. Die meisten wollen trotz der Entscheidung des Staatsrats auch weiterhin keine Ganzkörper-Badeanzüge hinnehmen, darunter Nizza und Fréjus an der Côte d'Azur.

stu/haz (afp, dpa, rtr)