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Gorleben-Ausschuss nimmt Arbeit auf

22. April 2010

Rein politisch motiviert oder wissenschaftlich fundiert? Wie genau die Entscheidung für das Atommüll-Endlager Gorleben gefallen ist, soll jetzt ein Untersuchungsausschuss klären.

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(Foto: AP)
Der Bundestag untersucht die Entscheidung, Gorleben als einziges Atommüllager zu erkundenBild: AP

Seit über drei Jahrzehnten macht der kleine Ort Gorleben mit seinen knapp 600 Einwohnern Schlagzeilen. Denn im Wendland im Osten Niedersachsens befindet sich das wohl wichtigste Symbol für die Auseinandersetzung um die Atomkraft in Deutschland. Gorleben, dass steht für die Gegner für Kampf und Protest. Wenn Brennstäbe auf den Weg zum Atommülllager sind, ketten sich Menschen an Schienen und blockieren Straßen. Für die Grünen wurde dieser Protest zu einer der Keimzellen ihrer Partei.

Dieser Protest hat nun einen offiziellen Weg eingeschlagen. Die Opposition aus Grünen, SPD und Linken hatte den Untersuchungsausschuss beantragt, am Donnerstag (22.04.2010) nimmt er seine Arbeit auf. 15 Bundestagsabgeordnete kommen in Berlin unter Vorsitz der Abgeordneten Maria Flachsbarth (CDU) zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Sie gehen der Frage nach, ob 1983 wissenschaftliche Erkenntnisse und geologischer Sachverstand vornehmlich unter den Tisch gefallen sind.

Tunnel des Salzstocks Gorleben (Foto: DW)
Der wohl umstrittenste Tunnel Deutschlands. In über 800 Metern Tiefe liegen die Schächte für den AtommüllBild: DW

Salzstock 1983 als einziger Standort festgelegt

Damals wurde festgelegt, dass neben Gorleben keine weiteren Standorte, etwa mit Granit- oder Tonformationen, erkundet werden sollen. Darauf habe die damalige Bundesregierung unter Kanzler Kohl (CDU) gedrängt, auch entgegen dem Rat der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB). Die Opposition glaubt dagegen, dass es durchaus Bedenken von Experten gab, etwa was eine mögliche Überflutung durch Salzlauge betrifft.

Wer vor dem Untersuchungssausschuss als Zeuge aussagen muss, ist noch unklar. Die Grünen wollen unter anderem Kanzlerin Angela Merkel laden, die in den 90er Jahren Umweltministerin war. Die Union wiederum erwägt, Merkels Nachfolger in dem Amt, Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, in den Zeugenstand zu rufen.

Andere Standorte aus politischen Willen abgelehnt

Für die Opposition ist die Festlegung auf die Erforschung nur eines Standortes der entscheidende Schwachpunkt in der Argumentation der Regierung. In der Großen Koaltion hatte der frühere SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der aus Niedersachsen kommt, eine weitere Erkundung Gorlebens angeboten - wenn auch andere Standorte geprüft würden. Dies hatte die Union strikt abgelehnt. Aus Sicht der Opposition aus rein politischer Motivation. Denn Standorte in Granitgestein lägen vor allem in Süddeutschland, also in den unionsregierten Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg, die sich besonders stark für die Atomkraft einsetzten.

Greenpeace: Gorleben ohne echte Begründung ausgewählt

Auch für die Umweltorganisation Greenpeace steht fest: Der politische Wille schleife Argumente und wissenschaftliche Studien seit Jahren ab und solle dies auch weiter tun. Greenpeace hat nach eigenen Angaben tausende Seiten an Unterlagen vor allem der niedersächsischen Landesregierung zur Standortsuche aus den 70er Jahren durchforstet. Gorleben tauche in den Überlegungen überraschend und sehr kurzfristig auf - ohne echte wissenschaftliche Begründung.

Nach dem Atomkonsens zwischen der rot-grünen Koalition und der Energiewirtschaft wurden die Erkundungsarbeiten zu einem Endlager in Gorleben 2000 ausgesetzt. Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat diese nun wieder aufnehmen lassen und eine "ergebnisoffene" Prüfung angekündigt. Sie soll frühestens 2017 abgeschlossen sein.

Autor: Julian Mertens (rtr, afp)
Redaktion: Hajo Felten