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Grüne Wirtschaft: Die Vorreiter

28. November 2011

Erneuerbare Energien werden die post-fossile Weltwirtschaft entscheiden. Deutschland scheint das verstanden zu haben - und auch der größte Klimasünder überhaupt denkt um.

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Die Sonne geht hinter einer Windkraftanlage in der Nähe von Kiel auf. (Foto: dpa)
Ein Symbol wirtschaftlicher Vernunft?Bild: picture alliance / dpa

China ist bereits heute der größte CO2-Sünder der Erde. Der stetig steigende Energiehunger von 1,4 Milliarden Menschen wird vor allem mit fossilen Energieträgern wie Kohle und Öl gestillt. Gleichzeitig jedoch investiert China massiv in erneuerbare Energien - 2010 knapp 49 Milliarden Dollar. China ist der Investor Nummer Eins in der Windenergie, überhaupt investiert kein Land so viel in erneuerbare Energien wie die Volksrepublik. Dabei geht es nicht nur darum den Klimawandel einzudämmen – sondern vor allem um Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, betont Dirk Messner, Leiter des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik und Vizevorsitzender des wissenschaftlichen Beirats für Umweltfragen der Bundesregierung.

Dirk Messner während einer Pressekonferenz (Foto: dpa)
Messner fordert: "Heute anfangen"Bild: picture-alliance/ dpa

Auch Deutschland treibt die Energiewende voran – mit einem der ehrgeizigsten Programme zur Energiewende. Während China die Atomenergie als Übergangslösung sieht und mehrere Meiler in Planung hat, hat die Bundesregierung nach Fukushima den kompletten Ausstieg eingeleitet. Bereits heute stammt ein Fünftel des Stroms, der in Deutschland produziert wird, aus erneuerbaren Energien. "Da ist aber noch viel mehr drin", sagt Dirk Messner. Bis 2050 fordert er eine Weltversorgung, die zu 85 Prozent aus nicht fossilen Energieträgern besteht. "Atomenergie darf dann wegen der Risiken nicht mehr dabei sein. Es geht nur um Wind, um Sonne und Erdwärme", betont der Wissenschaftler.

"Da geht mehr"

Laut dem Gutachten der Wissenschaftler ist die Wende auch finanziell machbar. "Es geht vor allem darum, dass wir heute bereits mit den Investitionen anfangen – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit", sagt Messner. Jetzt in der Anfangsphase seien die Investitionen relativ hoch, doch später sinken die Energiekosten, weil Sonne und Wind nichts kosten. Deshalb empfiehlt der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung heute die Finanzierungsanreize umzustellen – für eine grüne, klimafreundliche Energieversorgung.

Achim Steiner Direktor UN-Umweltprogramm UNEP (Foto: ap)
Steiners Ziel: Die zirkuläre WirtschaftBild: AP

Es ist nicht nur der Klimawandel, der die Transformation zu einer grünen Wirtschaft vorantreibt. Je aufwändiger das Verfahren, um Öl oder Kohle zu gewinnen, umso mehr kostet das. Gleichzeitig müssen immer mehr Menschen mit immer mehr Energie versorgt werden. Die Weltbevölkerung wächst weiter und immer mehr Menschen wollen Zugang zu Energie. Ergebnis: Die fossilen Energieträger, die die globale Erwärmung vorantreiben, werden knapper, teurer – und unsicherer. Der Klimawandel wird auch politische und soziale Unruhen bringen, prognostiziert Neil Morisetti, Konteradmiral der Royal Navy und Sonderbeauftragter für Klima und Energiesicherheit der britischen Regierung. Klimawandel habe eben nicht nur Auswirkungen für Umwelt und Entwicklung, sondern auch für globale Stabilität und nationale Interessen. Moretti nennt den Klimawandel einen "zusätzlichen Stress-Faktor" in den Teilen der Welt, "wo man bereits heute mit Gesundheitsproblemen, Nahrungs- und Wassermangel und mit demographischen Herausforderungen" zu kämpfen habe.

Das Ziel: Die Kreislaufwirtschaft

Auch andere Rohstoffe werden knapp – und die Kosten immer höher, weil die Rohstoffe immer unzugänglicher werden. Deswegen reicht es nicht, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Es geht darum, sparsamer mit den Ressourcen umzugehen, mit weniger mehr zu produzieren – und mehr Rohstoffe aus Altmaterialien zu gewinnen. Zum Beispiel durch Recycling. Das lebe uns die Natur ohnehin schon vor, dort gebe es keinen Abfall, argumentiert Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms UNEP. Er fordert deshalb mehr Effizienz und weniger Abfall - als Wirtschaftsprinzip. "Die Chinesen nennen dieses Prinzip die zirkuläre Wirtschaft und Japan wendet schon lange das Prinzip produzieren – recyceln – wiederverwenden an. Das sind keine neuen Denkmuster, wir müssen sie nur wirtschaftlich attraktiv machen", fordert Steiner.

Atomkraftwerk in Shenzhen (Foto: ap)
China setzt auch auf AtomBild: AP/COLOR CHINA PHOTO

Dass Recycling auch finanziell attraktiv sein kann, hat die Bundesrepublik bereits mit ihrem Recyclingsystem für Verpackungsmaterial gezeigt. Die deutsche Wirtschaft spart durch die Rohstoffgewinnung aus Altmaterialien bereits über 3,5 Milliarden Euro im Jahr – und entlastet dabei auch Umwelt und Klima. Auch das ist ein Anreiz für die Wende hin zu einer globalen, grünen Wirtschaft. Denn die Energie- und Rohstoffwende wird nicht durch Idealismus oder Einsicht, sondern durch Wirtschaftszwänge und Notwendigkeit entstehen.

Autorin: Helle Jeppesen

Redaktion: Oliver Samson