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Haftstrafe für chinesischen Bürgerrechtler

23. Dezember 2011

Die chinesische Justiz hat den oppositionellen Schriftstellter Chen Wei zu neun Jahren Haft verurteilt. Chen hatte in mehreren Essays Chinas System kritisiert - für die Anklage ein Versuch, die Regierung zu stürzen.

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Chen Wei wurde wegen seiner Aktivitäten für mehr Demokratie mehrfach verurteilt

Ein Gericht in Suining im Südwesten Chinas befand den Dissidenten Chen Wei der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" für schuldig, wie einer seiner Anwälte am Freitag (23.12.2011) mitteilte. "Er ist unschuldig, er hat lediglich die Partei kritisiert, was kein Gesetz verbietet", sagte Chens Verteidiger Zheng Jianwei.

In seinen Texten habe Chen zudem nie zum Sturz der Regierung aufgerufen, sagte Liang Xiaojun, ein weiterer Anwalt. Nach dessen Angaben sagte der Bürgerrechtler selbst zu dem Urteil: "Ich bin unschuldig, die Demokratie wird siegen, und dies wird das Ende der Diktatoren sein."

Das Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie teilte in Hongkong mit, der Prozess gegen Chen habe weniger als drei Stunden gedauert. Chen war im Februar zeitgleich mit weiteren Dissidenten festgenommen worden.

Kritische Essays als Umsturzversuch gewertet

Die Anklage stützte sich auf vier Essays, die der 42-Jährige ins Netz gestellt hatte. Das Gericht habe die Texte als Beweisstücke für "umstürzlerische Aktivitäten" gewertet, erklärte die Menschenrechtsorganisation "Chinese Human Rights Defenders" (CHRD). "Dieses System muss geändert werden", hatte Chen unter anderem geschrieben.

Die Härte des Urteils sei eine Folge von Chens Teilnahme an den "Jasmin-Revolutionen" im Frühling dieses Jahres, schrieb CHRD unter Berufung auf einen Verteidiger. Die neunjährige Haft sei eine der härtesten Strafen, die in diesem Jahr in China gegen Dissidenten verhängt worden ist. Das Vorgehen der chinesischen Führung zur Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit, unter anderem die Versuche, Blogs zu kontrollieren und die derzeitige "Repressionswelle gegen Aktivisten" zeigten deutlich die Nervosität der Regierung angesichts ihrer Kritiker, so die Menschenrechtler.

Demokratieaktivist mehrfach im Visier des Staates

Im Februar und März hatten chinesische Aktivisten zu Protesten nach arabischem Vorbild in mehreren Städten der Volksrepublik aufgerufen, die jedoch von einem massiven Aufgebot von Sicherheitskräften unterdrückt worden waren. Die Regierung versucht seither mit Repressionen zu verhindern, dass die Proteste aus dem arabischen Raum auf China überspringen.

Chen Wei hat bereits eine Haftstrafe wegen seiner Teilnahme an den Studentenprotesten im Jahr 1989 auf dem Tiananmen-Platz verbüßt und wurde 1994 erneut wegen "konterrevolutionärer Propaganda" zu fünf Jahren Haft verurteilt. Laut der Organisation "Menschenrechte in China" (HRIC) gehörte er zu den Unterzeichnern der sogenannten "Charta 08", die demokratische Reformen in China fordert. Wegen des Papiers wurde auch der Friedensnobelpreisträger des vergangenen Jahres, Liu Xiaobo, bereits im Jahr 2009 zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, dapd)

Redaktion: Thomas Grimmer