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Politik

Al Kaida: Bin Ladens Sohn

14. Januar 2017

Kontinuierlich hat er sich zur Führungsfigur von Al-Kaida hoch gearbeitet, nun haben ihn die USA als "globalen Terroristen" eingestuft: Hamza, der Sohn von Osama Bin Laden, könnte zum neuen Führer von Al-Kaida werden.

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Hamza bin Laden Sohn von Osama Bin Laden
Bild: picture-alliance/dpa/Abacapress.com

Die wenigen öffentlich verfügbaren Fotos von Hamza Bin Laden dürften den Fahndern nicht sonderlich weiterhelfen: Sie stammen aus der Zeit der Jahrtausendwende. Damals war der Sohn des damaligen Al-Kaida-Führers Osama Bin Laden gerade zwölf Jahre alt. Die Bilder zeigen einen ernst, vielleicht sogar drohend in die Kamera dreinschauenden Teenager. Auf dem Kopf einen Turban, gekleidet in ein weißes Hemd und eine militärische Tarnweste, verliest der junge Mann ein Kommuniqué - eine Pose, in der er sich bereits in jungem Alter als eine der Stimmen von Al Kaida präsentiert. Andere Fotos aus jener Zeit zeigen ihn auf dem Fahrersitz eines Geländewagens mit zerschossenen Scheiben oder auf einer steinigen, von Büschen umgebenen, Fläche hockend mit einem Sturmgewehr in den Händen.

Auch diese Fotos deuten den Weg des jungen Mannes in den Dschihad an - eine Karriere, die ihn Jahre später bis in die obersten Ränge des internationalen Terrorismus führen sollte: Anfang Januar 2017 erklärte ihn das US-Außenministerium zum "globalen Terroristen". Auf dieser Liste hatte auch bereits sein Vater gestanden.

"Globaler Terrorist"

In den Augen der Al-Kaida-Strategen dürfte der Eintrag auf der Liste Hamza Bin Ladens Ansehen und Autorität noch einmal steigern. Der Titel gilt in dschihadistischen Kreisen als eine Art Ritterschlag. Und wenn inzwischen auch Hunderte von Personen auf dieser Liste stehen, dürfte Hamza, der Sohn Bin Ladens, aus ihr noch einmal herausragen.

Den Al-Kaida-Strategen wird das recht sein: Hamza Bin Laden gilt derzeit als einer der wichtigsten Kandidaten für die Spitze des Terrornetzwerks. Nachdem Osama Bin Laden im Frühjahr 2011 von US-Spezialkräften erschossen worden war, wurde dessen Vertrauter, der 1951 geborene Ägypter Aiman az-Zawahiri, zum Gesicht und zur Stimme der Organisation. Doch Az-Zawahiri reichte an das Charisma seines Mitstreiters nicht heran. Darum soll diesen Platz nun womöglich der ebenfalls als charismatisch geltende Hamza Bin Laden einnehmen.

Hamza bin Laden Sohn von Osama Bin Laden
Eines der seltenen Bilder: Hamza Bin laden in jungen JahrenBild: picture-alliance/dpa/El Dschasira

Auf diese Rolle wurde er, wie Fotos andeuten, lange Zeit vorbereitet. "Bereits in jungen Jahren hat ihn sein Vater entsprechend an die Hand genommen", erklärt der Terrorismusexperte Peter Bergen, Autor des Buches "United States of Jihad". "Hamza wurde sehr intensiv mit der dschihadistischen Ideologie indoktriniert. Er ist von dieser Weltsicht zutiefst überzeugt. Das dürfte seiner Person zusätzliche Bedeutung verschaffen."

Mit zunehmendem Alter war Hamza Bin Laden immer stärker in die Aktivitäten von Al Kaida eingebunden. So soll ihn ein Video aus dem Jahr 2005 im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet bei einem Überfall auf pakistanische Sicherheitskräfte zeigen.

Drohbotschaften in viele Richtungen

In den vergangenen Jahren präsentierte er sich zunehmend als dschihadistische Führungskraft im Rahmen von Al-Kaida. Im August 2015 rief er seine Anhänger in einer Audiobotschaft dazu auf, den Dschihad nach Washington, London, Paris und Tel Aviv zu tragen.

Im Mai 2016 äußerte er sich in einer weiteren Audiobotschaft zum Nahostkonflikt und zum Krieg in Syrien. Die "gesegnete syrische Revolution" habe die "Befreiung" Jerusalems wahrscheinlicher werden lassen, erklärte er. Nun aber sollten sich die dort kämpfenden Dschihadisten vereinen. "Es gibt keine Entschuldigung mehr für jene, die auf Teilung und Streit beruhen in einer Zeit, in der sich die gesamte Welt gegen Muslime wendet."

Im gleichen Monat erklärte Al-Kaida -Chef Az-Zawahiri, der junge Mann sei in die Führungsriege der Organisation aufgenommen worden.

In dieser Eigenschaft droht der junge Bin Laden im Juli 2016 in einer weiteren, "Wir sind alle Osama" überschriebenen Audiobotschaft den USA. Darin kündigte er Rache für den Tod seines Vaters an. Man werde auf die "Unterdrückung" der Bevölkerung in Palästina, Afghanistan, Syrien, im Irak, Jemen und in Somalia antworten, erklärte er - und ebenso auf die übrigen islamischen Länder, "die ihre Unterdrückung nicht überlebten". Racheaktionen für seinen Vater würden nicht nur in dessen Namen unternommen, sondern auch in dem "all jener, die den Islam verteidigten".

Osama Bin Laden und Ayman az-Zawahiri
Führunsgduo aus alten Zeiten: Osama Bin-Laden und Aiman az-ZawahiriBild: picture-alliance/dpa/Ausaf Newspaper

Konkurrenz durch den IS

Die in relativ kurzen Abständen veröffentlichten Erklärungen lassen darauf schließen, dass sich Al-Kaida verstärkt um die Rekrutierung neuer Kämpfer bemüht. In den vergangenen Jahren hatte die Organisation erheblich an Attraktivität verloren, da immer mehr junge Islamisten sich dem so genannten "Islamischen Staat" (IS) zu gewandt hatten.

Anders als Al-Kaida setzt sich der IS offen für die Gründung eines islamischen Kalifats ein, das sich im Zweifel über die ganze Welt erstreckt. Al-Kaida hat demgegenüber bescheidenere Ziele. Zawahiris Kämpfern geht es zunächst darum, die Präsenz westlicher, allen voran amerikanischer Truppen in Nahost zu beenden. Das ist für sie die Voraussetzung für eine aus ihrer Sicht gerechte islamische Ordnung in der Region. Außerdem verschreiben sie sich dem Kampf gegen ihnen korrupt erscheinende Regime, so etwa das der Königsfamilie Al-Saud in Saudi-Arabien.

Symbolbild - Flagge ISIS
Für viele verführerisch: die Propaganda des ISBild: picture-alliance/dpa

Neue Propaganda-Offensive

Der IS tritt zudem öffentlich ungleich brutaler auf. Zwar hat auch Al-Kaida Gefangene enthauptet, allerdings längst nicht in dem Maß, wie die IS-Kämpfer das taten. Auch machte der IS mit Vergewaltigungen und enthemmter Brutalität auf sich aufmerksam. Die per Video verbreitete Gewaltkultur zieht offenbar sehr viele junge Rekruten an. "Man darf die Macht der Bilder nicht unterschätzen", erklärt der französische Islamist Mickaël-Abu Rayyan im Gespräch mit dem Terrorismusforscher David Thomson. Die Generation der heute 18-20-Jährigen sei die erste, die von Anfang an mit dem Internet groß geworden sei. "Und stellen Sie sich vor, was das im Kopf eines jungen Menschen bewirkt, der seit seiner Kindheit im Islamismus lebt."

Der Attraktivität der IS-Propaganda hat Al-Kaida bislang vergleichsweise wenig entgegenzusetzen vermocht. Der Aufstieg von Hamza Bin Laden in die Führungsspitze könnte ein Versuch sein, das zu ändern.

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika