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Handelten Banken Kapitallöcher herunter?

10. Mai 2009

Ist der Belastungstest für die US-Banken zu milde ausgefallen? Amerikanische Medien jedenfalls werfen den zuständigen Regierungsbeamten vor, auf Druck der Banken deren Kapitalbedarf heruntergerechnet zu haben.

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Die Filiale der Wells-Fargo-Bank in Los Angeles
Die Wells-Fargo-Bank konnte ihren Finanzbedarf um mehr als 3,5 Milliarden Dollar "herunterhandeln"Bild: AP

Für die Bewältigung der Finanzkrise benötigen die 19 führenden US-Banken offenbar mehr Geld als der so genannte Stresstest der US-Regierung ergeben hat. Wie das "Wall Street Journal" und die "Financial Times" am Samstag (09.05.2009) berichteten, handelten die Banken vor der Veröffentlichung des Befunds mit den Behörden aus, den Kapitalbedarf darin niedriger als berechnet anzugeben.

Die ursprünglich von der US-Notenbank Fed errechneten Zahlen hätten deutlich über denen des Berichts gelegen, heißt es im "Wall Street Journal" unter Berufung auf Banken und Behörden. Die "Financial Times" spricht mit Verweis auf Bankenkreise sogar von einem Geheimabkommen zwischen dem Staat und den Kreditinstituten.

Auch die Fed verkleinert die Finanzlöcher

Erschwerend kommt hinzu, dass die Fed nach Aussage von Banken- und Regierungsmitarbeitern bei der Berechnung der Kapitalausstattung andere Maßstäbe benutzt habe als von Analysten und Investoren erwartet. Auch dadurch seien am Ende die Finanzlöcher deutlich kleiner ausgefallen.

Die Ergebnisse der staatlichen Untersuchung waren am Donnerstag veröffentlicht worden. Demnach benötigen zehn amerikanische Geldhäuser ein zusätzliches Finanzpolster von insgesamt knapp 75 Milliarden Dollar, um auch einer weiteren konjunkturellen Talfahrt standhalten zu können.

Die Testergebnisse waren dennoch eher erleichtert aufgenommen worden. Die Börsen reagierten am Freitag weltweit überwiegend mit Gewinnen für Finanzwerte, und US-Finanzminister Timothy Geithner bezeichnete die Resultate als "ermutigend".

Experten sehen 200 Milliarden Dollar Bedarf

Diese Seufzer der Erleichterung verwundern nicht - hatten doch zahlreiche Experten errechnet, dass die Banken frisches Kapital in Höhe von bis zu 200 Milliarden Dollar benötigten. Die Experten hatten laut "Wall Street Journal" allerdings Recht. Ihre Prognosen seien nämlich dem Finanzbedarf sehr nahe gekommen, den auch die staatlichen Prüfer errechnet hätten.

Gebäude der Citigroup in New York (Foto: dpa)
Auch die Citigroup protestierte erfolgreich gegen die ursprünglichen Zahlen der staatlichen PrüferBild: picture-alliance/ dpa

Als die US-Notenbank dann Ende April die Kreditinstitute über die Ergebnisse des Stresstests informierte, habe ein regelrechtes Tauziehen eingesetzt. Die Spitzenmanager verschiedener Institute, darunter Bank of America, Citigroup und Wells Fargo, hätten geradezu wütend reagiert und der Fed Übertreibung vorgeworfen. Die Bank of America sei schockiert gewesen, als sie die ursprüngliche Berechnung ihrer Kapitallücke gesehen habe: mehr als 50 Milliarden Dollar.

Wie es in dem Bericht weiter heißt, wehrte sich mindestens die Hälfte der 19 Banken gegen die Ergebnisse. In einigen Fällen habe die amerikanische Zentralbank nachgegeben, in anderen nicht. Nach den am Donnerstag veröffentlichten Resultaten muss sich die Bank of America nun 33,9 Milliarden Dollar frisches Kapital besorgen, also über 15 Milliarden weniger als nach den ursprünglich errechneten Werten. Das Kapitalloch bei Wells Fargo schrumpfte nach Berücksichtigung - wie es hieß - "verschiedener Faktoren" auf 13,7 Milliarden Dollar, nachdem es zuvor mit 17,3 Milliarden beziffert worden war. Auch Citigroup, SunTrust und Fifth Third Bancorp gehören demnach zu den Banken, die ihren Kapitalbedarf erfolgreich "herunterhandelten". (sti/SC/dpa/afp)