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Strahlende Zukunft?

Thomas Bärthlein10. Oktober 2008

Indien und die USA unterzeichnen das umstrittene Nuklear-Abkommen. Indien wird damit faktisch als Atommacht anerkannt - und kann Technologie und Rohstoffe für seine Atomkraftwerke importieren.

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Einig: Bush and Indiens Premierminister Manmohan Singh, Quelle: AP
Einig: Bush and Indiens Premierminister Manmohan SinghBild: AP

Nachdem beide Häuser des amerikanischen Kongresses den amerikanischen Nuklear-Deal mit Indien akzeptiert haben und Präsident George W. Bush das entsprechende Gesetz unterschrieben hat, werden die Außenminister beider Staaten den Vertrag am Freitag (10.10.2008) in Washington feierlich unterzeichnen.

Ende der Isolation

Der Nuklear-Deal markiert das Ende einer mehr als 30-jährigen nuklearen Isolation für Indien, das in den 1970er Jahren seinen ersten Atomtest durchführte. Internationale Kritiker haben argumentiert, dass der Vertrag das indische Atomwaffenprogramm nachträglich legitimiere und damit der nuklearen Nichtweiterverbreitung schade.

Beobachter verweisen darauf, dass Indien beispielsweise die meisten seiner Atomanlagen unter dem Vertrag internationalen Kontrollen unterwerfe. Insgesamt dürften die Vorteile für die internationale Gemeinschaft aus dem Deal größer sein als die Risiken, meint Christian Wagner, Indien-Experte bei der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik: "Er macht die Welt sicherer, weil die Inder sich in zwanzig Jahren nicht überlegen können, dass sie jetzt doch mal ihre Nukleartechnologie weiter exportieren." Wenn man ein Land außerhalb des Atomwaffensperrvertrages zu Verpflichtungen bringe, sei das generell zu begrüßen.

Keine Hürde mehr

Frankreich Indien Manmohan Singh Atomenergie
Einig: Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner unterzeichnet den Deal mit Indiens Atom Energie Kommissions Chef Anil Kakodkar (30.9.2008)Bild: AP

Die fünf anerkannten Atommächte befürworteten das Abkommen genauso wie die Internationale Atomenergieorganisation (IAEA), so dass die Zustimmung der 45 Staaten umfassenden "Nuclear Suppliers Group" keine große Hürde mehr bedeutet. Viele Mitgliedsstaaten könnten auch wirtschaftliche Interessen motiviert haben - schließlich ist Indien ein gigantischer neuer Markt für die Atomindustrie.

In Indien ist der Nukleardeal von Nationalisten auf beiden Enden des politischen Spektrums kritisiert worden. "Der Deal hält klar fest, dass Indien keine Atomtests mehr durchführen kann", sagte der Politikwissenschaftler Kamal Mitra Chenoy von der Nehru-Universität in Neu Delhi. "Wenn es dennoch testen würde, wäre das Abkommen mit den USA hinfällig."

Pakistan Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani und US Präsident Bush in Sharm el-Sheik, Ägypten
Und wir? Auch Pakistans Yousuf Raza Gilani will einen Deal mit den USABild: AP

Viele befürchten auch, dass Indien seine Neutralität durch das strategische Bündnis mit den USA aufs Spiel setzt. Diese Interpretation des Deals hat auch bei anderen Ländern für Unruhe gesorgt, besonders in Pakistan. Premierminister Yousaf Raza Gilani forderte von den USA einen vergleichbaren Vertrag. In Anbetracht der schlechten Erfahrungen mit dem Vater der pakistanischen Atombombe, A.Q. Khan, der Nukleartechnologie an Länder wie Nordkorea geliefert haben soll, steht das vorläufig nicht an. Aber verbesserte Beziehungen der USA zu Indien müssen grundsätzlich nicht zu Lasten Pakistans gehen, glaubt Christian Wagner. "Wir haben seit vielen Jahren eine Entkoppelung der amerikanischen Beziehungen gegenüber Indien und Pakistan.", analysiert der Experte.

Wem nutzt es?

In Indien haben die Kommunisten, die die Minderheitsregierung von Premier Manmohan Singh lange geduldet haben, ihr kürzlich wegen des Nukleardeals die Unterstützung entzogen. Die politische Krise war jedoch schnell beigelegt, nachdem Singh neue Bündnispartner fand. Dass der Deal langfristige Auswirkungen auf die indische Innenpolitik haben wird, glaubt Wagner nicht: "Ich denke, Singh hat sich mit dem Deal sicherlich seinen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert, denn er hat natürlich Indien aus dieser sehr eigenwilligen Position herausmanövriert. Ob ihm das innenpolitisch zugute kommt, wage ich zu bezweifeln."

Die Antwort auf diese Frage wird nicht allzu lang auf sich warten lassen: 2009 gibt es in Indien Parlamentswahlen.