Interview mit Heinz Galinski nach dem Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft in München am 05. September 1972 | Meilensteine | DW | 21.09.2009
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Meilensteine

Interview mit Heinz Galinski nach dem Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft in München am 05. September 1972

"Ein Rückschlag für das deutsch-israelische Verhältnis" - Heinz Galinski, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, äußert sich zum Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft

Ein Mitglied der arabischen Kommandogruppe, die Mitglieder des israelischen olympischen Teams in ihrer Unterkunft im olympischen Dorf in München als Geisel genommen haben, erscheint am 5. September 1972 maskiert auf dem Balkon des Gebäudes, in dem sich die Geiseln befinden

Ein Mitglied der arabischen Kommandogruppe, die Mitglieder des israelischen olympischen Teams in ihrer Unterkunft im olympischen Dorf in München als Geisel genommen haben, erscheint am 5. September 1972 maskiert auf dem Balkon des Gebäudes, in dem sich die Geiseln befinden

Der Terror kommt ins olympische Dorf in München

„Die schlimmste Nacht der Bundesrepublik“ – so die Titelrubrik des „Spiegel“ vom 11. September 1972. Und der damalige Bundeskanzler Willy Brandt kommentierte die Geschehnisse als „erschreckendes Dokument deutscher Unfähigkeit“. Beide meinten das Gleiche: den terroristischen Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft in München und den Einsatz bundesdeutscher Polizei bei diesem Terrorakt. Am 5. September 1972 drangen acht Angehörige der Terrorgruppe „Schwarzer September“ in das Quartier der olympischen Mannschaft Israels in der Connollystrasse 31, erschossen zwei ihre Mitglieder und nahmen neun weitere Israelis als Geiseln. Ihre Forderung: die Freilassung von 200 namentlich genannten arabischen Gefangenen in Israel. Die terroristische „Operation Irkit und Birim“ begann. (Die Terroristen nannten diesen Anschlag im Andenken an die Vertreibung der christlichen Araber aus diesen zwei israelischen Dörfern im Jahr 1948.) Binnen kürzester Zeit sollten die Forderungen der Freischärler an die israelische Regierung übermittelt werden. Bei Nichterfüllung der Forderung würden die Geiseln liquidiert werden.

Arabischer Terrorist, mit hellem Hut, der bei Verhandlungen mit dem Arm zu einem Mittäter in einem Fenster einer Sportlerwohnung im Olympischen Dorf in Muenchen zeigt. Ganz links stehen der Münchner Polizeichef Manfred Schreiber, Zweiter von links ist Innenminister Hans-Dietrich Genscher

Arabischer Terrorist, mit hellem Hut, der bei Verhandlungen mit dem Arm zu einem Mittäter in einem Fenster einer Sportlerwohnung im Olympischen Dorf in Muenchen zeigt. Ganz links stehen der Münchner Polizeichef Manfred Schreiber, Zweiter von links ist Innenminister Hans-Dietrich Genscher

Langwierige Verhandlungen

Die Antwort aus Jerusalem war eindeutig: Israel wird nicht von seinem Grundsatz abweichen, Gefangene freizugeben. Es begann ein zähes Ringen um Zeit und das Leben der unschuldigen Sportler. Politiker und Sportfunktionäre begannen mit den Terroristen zu verhandeln, boten sich selbst als Geiseln an, doch das einzige, was sie erreichen konnten, waren immer wieder nur relativ kurze Fristenverlängerungen. Der Polizei schien kein anderer Ausweg als eine gewaltsame Befreiung der Geiseln möglich. Sturmtrupps und Scharfschützen wurden bereits postiert, man wartete lediglich auf den endgültigen Einsatzbefehl. Doch die Terroristen änderten auf einmal ihre Taktik: sie forderten einen freien Abflug mit den Geiseln nach Kairo. Ägyptens Ministerpräsident Asis Sidki lehnte dies jedoch mit den Worten: „We do not want to get involved“ ab. Einen Bus und zwei Hubschrauber bestellten nun die Terroristen, um zum Flughafen zu gelangen. Als die Entführer und ihre Geiseln auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck angekommen waren, begann nun der letzte Akt der Tragödie.

Ausgebrannte Hubschrauber nach dem Befreiungsversuch der Polizeikräfte

Ausgebrannte Hubschrauber nach dem Befreiungsversuch der Polizeikräfte

Das Fiasko

Nur fünf Scharfschützen standen der Polizei zur Verfügung, was die Chancen auf Erfolg - bei acht schwer bewaffneten, zu allem entschlossenen Terroristen - erheblich minderte. Über Handlautsprecher wurden die Terroristen in deutscher, englischer und arabischer Sprache aufgefordert, die Waffen wegzuwerfen und sich zu ergeben. Doch plötzlich sprang ein Terrorist aus einem der Hubschrauber und warf eine gezündete Handgranate in den Innenraum des Helikopters, der sofort explodierte. In dem zweiten Hubschrauber wurden die Geiseln von den Terroristen erschossen. Die Polizei eröffnete das Feuer. Traurige Bilanz des Gemetzels: alle neun Geiseln wurden ermordet, fünf der acht Terroristen wurden erschossen, drei von ihnen konnten verhaftet werden. Entsetzen und Trauer, aber auch Kritik am Vorgehen der deutschen Polizei breiteten sich auf der ganzen Welt aus. Die deutschsprachige Presse analysierte und kommentierte diese Ereignisse von München in unzähligen Artikeln, doch eine Frage warf sich damals einstimmig auf: “Waren diese Opfer denn wirklich nötig?“

Einen Tag nach dem gewaltsamen Tod der israelischen Sportler sprach DW-Redakteur Klaus Goetze-Clarén am 6. September 1972 mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Heinz Galinski, über den Anschlag.

Andreas Zemke

Redaktion: Diana Redlich

Audio und Video zum Thema

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