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Politik

Keine Europride-Parade in Belgrad?

27. August 2022

Aus Sorge vor rechter Gewalt ist der für September geplante Umzug, bei dem Menschen für die Rechte Nicht-Heterosexueller demonstrieren, abgesagt worden. Die Organisatoren wollen das nicht hinnehmen.

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Serbien | Pride March in Belgrad
Im vergangenen Jahr fand ein Pride-Umzug in der serbischen Hauptstadt Belgrad noch stattBild: Andrej Isakovic/AFP/Getty Images

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sagte, bei der LGBTQ-Veranstaltung drohten Ausschreitungen rechter Hooligans. Zudem stünden mit dem Kosovo-Konflikt und der Energiekrise dringendere Themen an. In Übereinstimmung mit der Mehrheit des Kabinetts und auch Regierungschefin Ana Brnabic, die selbst mit einer Frau zusammenlebt, werde "die Pride-Parade, oder wie auch immer man sie nennen mag, verschoben oder abgesagt", teilte Vucic mit.

Der Umzug ist im Rahmen der diesjährigen Europride geplant. Das ist eine paneuropäische Großveranstaltung der LGBTQ-Bewegung, die seit 1992 jeden Sommer in einem anderen europäischen Land organisiert wird. Die englische Abkürzung LGBTQ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.

Aleksandar Vucic
Präsident Aleksandar Vucic: Mit dem Kosovo-Konflikt und der Energiekrise stehen zudem dringendere Themen als die Europride anBild: Milos Miskov/AA/picture alliance

In diesem Jahr soll die Europride vom 12. bis 18. September in der serbischen Hauptstadt Belgrad stattfinden. Für den vorletzten Tag ist der Pride March vorgesehen, der mit der Parade zum Christopher Street Day vergleichbar ist.

Die Organisatoren erklärten umgehend, dass sie an dem Termin festhalten wollten. "Der Staat kann Europride nicht absagen - er kann nur versuchen, sie zu verbieten, was ein klarer Verstoß gegen die Verfassung wäre", erklärte Koordinator Marko Mihajlovic. Die Organisatoren hatten bereits zuvor betont, wie wichtig die Ausrichtung in Serbien für die Gleichstellung sexueller Minderheiten "auf dem Westbalkan" sei.

Queer Balkan - Kampf um gleiche Rechte

Serbien ist zwar eines der wenigen Länder, das mit Brnabic eine offen lesbische Regierungschefin hat. Doch viele Angehörige sexueller Minderheiten in dem Land sehen sich weiterhin mit Tabus, Vorurteilen und auch Gewalt konfrontiert. In einer im Jahr 2020 veröffentlichten Erhebung der Menschenrechtsorganisationen Ideas und Glic berichteten fast 60 Prozent der befragten Angehörigen sexueller Minderheiten von Erfahrungen mit körperlichen oder emotionalen Misshandlungen.

Die serbisch-orthodoxe Kirche spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung über Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten - unter anderem, indem sie die Pride-Paraden in Belgrad als "Schande" brandmarkte. Bischof Nikanor Bogunovic sorgte zuletzt für Schlagzeilen, als er ankündigte, er werde sämtliche Teilnehmer der Pride Parade "verfluchen". Eine LGBTI-Organisation erstattete Strafanzeige. Präsident Vucic distanzierte sich. Allerdings gab es auch Zustimmung aus rechts-konservativen Kreisen, die sich für ein Verbot der Europride einsetzen.

uh/qu (dpa, afp, kna)