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Keiner wagt den ersten Schritt

Sebastian Ertinger8. Juli 2004

Die US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice besucht Japan, China und Südkorea. Ein zentrales Thema über ihre gesamte Reise hinweg ist der Disput um Nordkoreas Atomprogramm. Eine Lösung scheint vorerst nicht in Sicht.

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Überrascht Rice (re.) mit neuen Einigungsvorschlägen?Bild: AP

Die letzte von insgesamt drei Verhandlungsrunden über eine Einstellung des Atomwaffenprogramms zwischen Nord- und Südkorea, Japan, China, Russland und den USA war am 26. Juni erfolglos beendet worden. Einigkeit konnte nur darüber hergestellt werden, dass im September eine neue Gesprächsrunde eingeleitet werden soll. Bereits die beiden vorangegangenen Sechs-Parteien-Treffen hatten das gleiche magere Ergebnis erbracht.

Bei ihrem Besuch in Seoul am Freitag (9.7.) wird Sicherheitsberaterin Rice mit dem Präsidenten Roh Moo Hyun und Außenminister Ban Ki Moon die Frage diskutieren, wie das kommunistische Nordkorea doch noch zur Aufgabe seines Atomwaffenprogramms überredet werden kann. Daneben wird auch der geplante Abzug von Teilen der amerikanischen Streitkräfte aus Südkorea angesprochen. Washington will rund ein Drittel der 37.000 US-Soldaten aus dem Land zurückziehen. Außerdem sollen die verbleibenden Truppen von der schwer gesicherten Nordgrenze in andere Landesteile verlegt werden.

Im Misstrauen gefangen

Nordkoreanisches Atomkraftwerk aus der Luft
Nordkoreanische Atomanalge aus der Vogelperspektive - Hat Pjöngjang die Bombe?Bild: AP

Im Streit über die Atomwaffenpläne scheinen die Fronten verhärtet. Im Oktober 2002 hatte Pjöngjang überraschend zugegeben, ein System zur Anreicherung von Uran zu besitzen. Damit wurde ein 1994 mit den USA geschlossener Vertrag über die Einfrierung des Atomprogramms gebrochen. Nordkorea hatte die vereinbarten Erdöl- und Hilfslieferungen angenommen und trotzdem seine Wissenschaftler an Atombomben basteln lassen.

Staatslenker Kim Jong Il wiederum misstraut den USA seit Präsident George W. Bush sein Land zur "Achse des Bösen" zählt. Nach Afghanistan und Irak sieht sich Nordkorea als nächstes Ziel eines potentiellen militärischen Aufmarsches der Amerikaner. Washington fordert nun die Beseitigung aller Nuklearanlagen bevor Sicherheitsgarantien erteilt, oder die Hilfslieferungen wieder aufgenommen werden. Pjöngjang dagegen will sich darauf nur einlassen, wenn die Reihenfolge umgedreht wird.

Verhandlungsinitiativen notwendig

Die Erfolgsaussichten weiterer Gespräche mit Nordkorea erscheinen dementsprechend gering. "Die Regierung in Pjöngjang will die Präsidentschaftswahlen in den USA im November abwarten", meint Dietmar Ebert, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Ostasienwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum. Gerade Sicherheitsberaterin Rice habe vor drei Jahren eine Aufkündigung des Vertrags mit Nordkorea betrieben. "Wenn sie ihre Position nicht um 180 Grad ändert, sind von ihrer Seite keine neuen und erfolgversprechenden Initiativen für eine einvernehmliche Lösung zu erwarten", sagt Ebert im Gespräch mit DW-WORLD.

Kämen jedoch keine neuen Verhandlungsvorstöße, werde das Regime in Pjöngjang keinen Zentimeter nachgeben. "Nordkorea muss man Gesprächsansätze bieten, damit sich etwas bewegt", erklärt der Korea-Experte. Ohne äußere Denkanstöße werde sich innerhalb des Regimes keine Haltungsänderung einstellen. "Leider kommt von China hier viel zu wenig, obwohl Peking den entsprechenden Spielraum hat", sagt Ebert. Auch Russland und Japan würden sich sehr zurückhalten - letzteres wegen seiner traditionell engen Beziehungen zu den USA. Lediglich Südkorea, das natürlich besonders an einem Stopp des Nuklearwaffenprogramms interessiert sei, ergreife derzeit zahlreiche Initiativen. "Letztendlich warten aber alle ab, wer aus den US-Wahlen als Sieger hervorgeht und wie es dann weitergehen soll", sagt der Ostasienwissenschaftler.