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Koalitionsstreit um ehemalige Stasi-Mitarbeiter

10. Juli 2009

Nachdem bekannt wurde, dass Tausende Ex-Stasi-Mitarbeiter auch nach der Wende im Staatsdienst beschäftigt sind, streiten Politik und Öffentlichkeit, wie mit ihnen umgegangen werden soll.

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Mann geht in ein Haus, daneben ein Schild: 'Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik' (Foto: AP)
Streitthema: Umgang mit ex-Mitarbeitern der DDR-StaatssicherheitBild: AP

CDU/CSU und SPD sind uneins über den Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern der DDR-Staatssicherheit im öffentlichen Dienst. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, lehnte in der "Berliner Zeitung" vom Freitag (10.07.2009) neue Regelüberprüfungen ab. Er gehe davon aus, dass Beamte und andere Mitarbeiter bereits sorgfältig überprüft worden seien. Zudem seien inzwischen viele Jahre vergangen. "Es kann kein lebenslänglich geben", betonte der SPD-Politiker.

"Gehobene Positionen überprüfen"

Dieter Wiefelspütz (Foto: dpa)
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter WiefelspützBild: picture-alliance/dpa

Dagegen forderte der Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) eine neue Stasi-Überprüfung für Mitarbeiter in gehobenen Positionen. Es müsse vor allem geklärt werden, ob die Angaben der Bewerber bei der Übernahme in den öffentlichen Dienst wahrheitsgemäß und vollständig gewesen seien, sagte Bosbach dem "Hamburger Abendblatt". Damals sei nur ein geringer Teil der Stasi-Akten ausgewertet gewesen. Wenn jemand eine Führungsfunktion bei der ehemaligen DDR-Staatssicherheit gehabt habe, scheide er für Führungsfunktionen in der Bundesrepublik aus, sagte Bosbach. Ansonsten müsse differenziert betrachtet werden, wie stark jemand mit der Stasi zusammengearbeitet habe und wo derjenige heute im öffentlichen Dienst eingesetzt sei.

Wolfgang Bosbach Foto: dpa)
Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach (CDU)Bild: picture-alliance/ dpa

Angesichts Tausender ehemaliger Stasi-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst forderten auch die Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft eine Einzelfallprüfung. Zunächst müssten die leitenden Mitarbeiter und mittelfristig alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst auf eine frühere Tätigkeit für die DDR-Staatssicherheit überprüft werden, forderte die Union der Opferverbände. In einem Brief an die ostdeutschen Ministerpräsidenten heißt es, die Behörden der neuen Bundesländer seien durch die nun bekannt gewordenen Zahlen "in eine große Glaubwürdigkeitskrise" gekommen. Wenn es rechtlich nicht anders möglich sei, sollten Frühpensionierungen der Betroffenen zum Einsatz kommen.

"Schlussstrich unter die Diskussion ziehen"

Konrad Freiberg (Foto: dpa)
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad FreibergBild: picture-alliance / dpa

Indessen appellierte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, an die Verantwortlichen, einen Schlussstrich unter diese Diskussion zu ziehen. Im ARD-Fernsehen sagte Freiberg, nach der Wende sei Menschen gekündigt worden, denen persönlich Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen werden konnten. Andere seien in den Staatsdienst übernommen worden. Das sei ein ganz transparenter Prozess gewesen, der auch durch Parlamentsentscheidung abgesegnet worden sei. Der Gewerkschaftschef wies zudem darauf hin, dass dabei auch Bürgerrechtler der friedlichen Revolution in runden Tischen einbezogen gewesen seien.

Eine Überprüfung aller noch im Landesdienst tätigen Ex-Stasi-Mitarbeiter ist rechtlich ohnehin ausgeschlossen: Der Direktor der Birthler-Behörde, Hans Altendorf, hatte am Donnerstag auf die Gesetzeslage verwiesen, nach der seit Ende 2006 nur noch leitende und wichtige Funktionsträger überprüft werden können. Er reagierte damit auf einen Medienbericht, demzufolge nach der Wende trotz Prüfung rund 17.000 ehemalige Stasi-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst verblieben. (hp/det/dpa/ap)